Suchttherapie 2024; 25(S 01): S62
DOI: 10.1055/s-0044-1790443
Abstracts
Symposien
S39 Neues aus dem Labor: Blickbewegungen, Gehirndurchblutung, Mikrobiom und Leberwerte als Marker für Suchtprozesse

Veränderungen der Zusammensetzung und Funktion des menschlichen Darmmikrobioms und Verbindungen zu Interleukinen und Suchtdruck: Eine prospektive Untersuchung während der qualifizierten Entzugsbehandlung

Phileas Proskynitopoulos
1   Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
,
Jannis Molks
1   Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
,
Isabell Böke
1   Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
,
Mathias Rhein
1   Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
,
Hans-Udo Schneider
2   Medizinisches Zentrum für Seelische Gesundheit, Mühlenkreiskliniken, Lübbecke, Deutschland
,
Sebastian Schröder
1   Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
,
Helge Frieling
1   Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
,
Stefan Bleich
1   Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
,
Alexander Glahn
1   Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
,
Marius Vital
3   Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
› Institutsangaben
 

Hintergrund und Fragestellung: Das menschliche Mikrobiom hat über verschiedene Wege einen Einfluss auf neuroinflammatorische Prozesse, die mit Alkoholkonsum in Verbindung zu stehen scheinen. Verschiedene Bakterientaxa werden durch Alkoholkonsum beeinflusst und mehrere Studien konnten einen Zusammenhang zwischen genannten Veränderungen und Veränderungen bestimmter Interleukine und Suchtdruck zeigen. In der nachfolgenden Studie untersuchten wir die Hypothesen: 1) Die Zusammensetzung und Funktion der Bakterientaxa verändert sich während der qualifizierten Entzugsbehandlung 2) es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein und der Funktion bestimmter Bakterien und Interleukinen sowie Suchtdruck.

Methoden/Erläuterung des Versorgungsprojektes: 63 Probanden während der qualifizierten Entzugsbehandlung. Blut (n=49) und Stuhl (n=63) wurde innerhalb der ersten 48h nach Aufnahme und zwischen Tag 10 bis 14 der qualifizierten Entzugsbehandlung abgenommen. Zur Analyse des Mikrobioms nutzten wir Shotgun Metagenomics und Messungen der bakteriellen Abundanz mittels Durchflusszytometrie. Die Zielinterleukine waren IL-1beta, IL-8, TNF-alpha und IL-6. Zur Messung des Suchtdrucks nutzten wir den Craving Automated Scale for Alcohol (CAS-A), Obsessive Compulsive Drinking Scale (OCDS) und Penn Alcohol Craving Scale (PACS). Zur Korrektur für multiples Testen nutzten wir die False Discovery Rate.

Ergebnisse/Erfahrungen, Erwartungen: Vorläufige Ergebnisse: Während sich die Diversität (Shannon-index) des Mikrobioms während des Entzuges nicht veränderte, kam es zu signifikanten Veränderungen verschiedener Bakterientaxa. Es zeigte sich zum Beispiel eine signifikante Abnahme von Ruminococcus gnavus, wobei bereits ein positiver Zusammenhang zur alkoholischen Lebererkrankung dieser Spezies beschrieben wurde. Zudem konnten wir eine signifikante Zunahme in der Abundanz von Eubacterium rectale, einer Butyrat produzierenden Spezies, zeigen. Einzelne der veränderten Bakterien weisen korrelative Zusammenhänge zu Suchtdruck und genannten Interleukinen auf.

Diskussion und Schlussfolgerung: Unsere Studie konnte einen positiven Einfluss der qualifizierten Entzugsbehandlung auf das menschliche Mikrobiom zeigen. Ferner bestätigten wir den korrelativen Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein bestimmter Bakterien und Interleukinen sowie Suchtdruck. Es bedarf weiterer Studien, um einen möglichen kausalen Einfluss von bestimmten Zielbakterien auf Interleukine und Suchtdruck zu zeigen.

Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen: Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, welche die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten. Erklärung zur Finanzierung: Die Studie wird gefördert durch die Hetzler Stiftung für Suchtforschung und Prävention. Alexander Glahn und Marius Vital teilen die Autorenschaft.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
19. September 2024

© 2024. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany