Suchttherapie 2024; 25(S 01): S63
DOI: 10.1055/s-0044-1790445
Abstracts
Symposien
S39 Neues aus dem Labor: Blickbewegungen, Gehirndurchblutung, Mikrobiom und Leberwerte als Marker für Suchtprozesse

Zusammenhänge zwischen Laborparametern für chronischen Alkoholkonsum und selbstberichtetem Alkoholkonsum bei sozial trinkenden Erwachsenen ohne Alkoholkonsumstörung

Maik Spreer
1   Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum C.G.Carus, TU Dresden, Dresden, Deutschland
,
Ulrich S. Zimmermann
2   Klinik für Suchtmedizin und Psychotherapie, kbo Isar-Amper-Klinikum Region München, Haar, Deutschland
,
Sören Kuitunen-Paul
3   Professur für Klinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, TU Chemnitz, Chemnitz, Deutschland
› Author Affiliations
 

Hintergrund und Fragestellung: Während Erhebungsinstrumente wie das zeitaufwändige Timeline Follow-Back Interview (TLFB) detailliert Parameter des selbstberichteten Trinkverhaltens erfassen, werden zeitsparende aber ungenaue Screeningfragebögen wie der Alcohol Use Disorders Identification Test (AUDIT) häufig in der Forschung verwendet. Klinische Biomarker bieten wiederum eine objektive Methode, den Alkoholkonsums zu quantifizieren. Die Korrelationen zwischen diesen Biomarkern und selbstberichteten Trinkparametern variieren jedoch je nach Untersuchung und Population und sind für die Gruppe der sozial trinkenden Erwachsenen ohne diagnostizierte Alkoholkonsumstörung Studien bislang kaum untersucht.

Methoden/Erläuterung des Versorgungsprojektes: Von N=187 Personen, die im Rahmen von Screening-Untersuchungen für eine klinische Studie mit sozialen Trinkern mit mittelgradig riskantem Alkoholkonsum (Männer> 40 g/d, Frauen> 30 g/d) ohne Alkoholkonsumstörung vorstellig wurden, wurden Selbstberichte (TLFB der vergangenen 45 Tage, AUDIT, AUDIT-C) sowie Biomarker erfasst. Mittels multivariater Analysen wurden die Assoziationen zwischen diesen Maßen bestimmt.

Ergebnisse/Erfahrungen, Erwartungen: Der AUDIT-Summenscore war mittelgradig mit der Gesamttrinkmenge im TLFB assoziiert, war jedoch unabhängig von der Anzahl der Trinktage im Beobachtungszeitraum und somit bezüglich des genauen Konsummusters nur gering aussagekräftig. Vergleichbare Befunde wurden hinsichtlich des AUDIT-C Scores beobachtet, der aber stärker mit der TLFB-Trinkmenge als der TLFB-Trinkfrequenz zusammenhing. Die verschiedenen Biomarker (ALAT, ASAT, G-GT, EtG) konnten nur einen geringen Teil der Varianz im AUDIT-C bzw. TLFB-Konsumscore (durchschnittliche Standarddrinks pro Kalendertag) aufklären.

Diskussion und Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen, dass die verwendeten Biomarker in dieser spezifischen Stichprobe sozial trinkender Erwachsener eine lediglich begrenzte Fähigkeit aufweisen, die Trinkgewohnheiten, wie sie durch das TLFB oder AUDIT-C erfasst werden, präzise zu reflektieren. Die G-GT war am ehesten mit Konsumitems assoziiert, aber nicht mit aktuellstem Konsum. Neben den Biomarkern kann deshalb im klinischen Kontext auch eine ausführliche Selbstauskunft wichtige Informationen liefern. Dabei scheint das Bingeing (AUDIT-Item 3) auch relevant über Quantität und Frequenz des Konsums hinaus zu sein.

Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen: Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, welche die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten. Erklärung zur Finanzierung: Diese Arbeit wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert (01ZX1311H und 01ZX1611H).



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Article published online:
19 September 2024

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