Suchttherapie 2024; 25(S 01): S68-S69
DOI: 10.1055/s-0044-1790459
Abstracts
Symposien
S43 Qualitative Forschungsmethoden zur Erfassung von Versorgungsbedarfen/Barrieren in der Versorgung spezifischer Personengruppen.

Konsumänderungen suchtkranker Väter im Zusammenhang mit ihrer Vaterrolle – Eine qualitative Auswertung von Interviews mit Betroffenen

Christoph Beineke
1   Deutsches Institut für Sucht- und Präventionsforschung, Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen, Köln, Deutschland
,
Janina Dyba
2   Fachverband Sucht+ e.V., Bonn, Deutschland
,
Fabian Pioch
1   Deutsches Institut für Sucht- und Präventionsforschung, Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen, Köln, Deutschland
,
Michael Klein
3   Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung, Hamburg, Deutschland
,
Thorsten Köhler
1   Deutsches Institut für Sucht- und Präventionsforschung, Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen, Köln, Deutschland
› Institutsangaben
 

Hintergrund und Fragestellung: Nicht nur in der Allgemeinbevölkerung weisen Männer höhere Konsumprävalenzen und häufigere Abhängigkeitserkrankungen auf als Frauen, sondern es zeigt sich auch eine häufigere Inanspruchnahme von Angeboten der Suchthilfe. Unter den betroffenen Männern sind auch zahlreiche Väter. Trotz bestehender Wechselwirkungen zwischen dem Konsum und der Vaterschaft wird dieser Umstand in der Versorgung bisher kaum thematisiert. Aus diesem Grund wird in diesem Beitrag der Frage nachgegangen, welche Bedeutung suchtkranke Väter ihrer Vaterschaft zuschreiben und welche Wechselwirkungen zwischen dem Konsum und einer bestehenden Vaterschaft auftreten.

Methoden/Erläuterung des Versorgungsprojektes: Es wurden leitfadengestützte Interviews mit 15 suchtkranken Vätern geführt und mittels der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet. Die Auswahl der Interviewpartner folgte einem theoretischen Sampling, es wurden Väter mit Substanz- sowie mit stoffungebundener Abhängigkeit beachtet.

Ergebnisse/Erfahrungen, Erwartungen: Die interviewten Väter schrieben ihrer Vaterschaft und der Beziehung zum Kind eine grundlegend hohe Bedeutung zu. Der (potenzielle) Kontakt zum Kind galt als größter Motivator, den eigenen Konsum zu regulieren oder zu beenden und unterstützte eine Aufrechterhaltung der Motivation im Laufe des Hilfeprozesses. Gleichzeitig können sich jedoch auch konsumverstärkende Aspekte aus der Vaterschaft ergeben, wobei insbesondere eine konflikthafte Beziehung zur Kindesmutter sowie fehlender Kontakt zum Kind genannt wurden. Zentrale Unterschiede zeigten sich darin, dass substanzabhängige Väter zumeist von der Kindesmutter und den Kindern getrennt lebten und sich die Beziehung zur Ex-Partnerin kompliziert gestaltete. Väter mit stoffungebundener Abhängigkeit lebten vermehrt innerhalb der Familie, diese Konstellation war jedoch durch einen starken Rückzug des Vaters geprägt.

Diskussion und Schlussfolgerung: Aus vorherigen Erhebungen ist bekannt, dass eine Vaterschaft sowohl konsumverstärkend als auch -verringernd wirken kann. Die gewonnenen Erkenntnisse bestätigen und ergänzen dies um die Perspektive von Vätern mit stoffungebundener Abhängigkeit. Eine Thematisierung der Vaterschaft innerhalb der Suchthilfe sollte konsumverstärkende wie -verringernde Aspekte beachten, um vorhandene Motivation aufzugreifen und potenzielle Risiken abzumildern. Dabei gilt es, ein realistisches Bild der Vaterschaft zu entwickeln, um Überforderung oder Enttäuschung zu vermeiden.

Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen: Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, welche die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten. Erklärung zur Finanzierung: Gefördert durch das Bundesministerium für Gesundheit



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
19. September 2024

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