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DOI: 10.1055/s-0044-1790465
Kokainkonsum in der deutschen Erwachsenenbevölkerung
Hintergrund und Fragestellung: Abwasseranalysen und Kriminalitätsstatistiken weisen in Europa seit Jahren auf einen starken Anstieg der Verfügbarkeit und des Konsums von Kokain hin. Im Folgenden sollen Trends zur Konsumprävalenz sowie aktuelle Konsummuster und -motive in Deutschland anhand von Bevölkerungsumfragen dargestellt werden.
Methoden/Erläuterung des Versorgungsprojektes: Datengrundlage der Trenddarstellungen sind zehn repräsentative Erhebungen des Epidemiologischen Suchtsurveys (ESA) von 1995-2021 unter der deutschen Wohnbevölkerung zwischen 18-59 Jahren (1995-2003) beziehungsweise 18-64 Jahren (2006-2021) (ntotal=84.569). Die Datenerhebungen erfolgten schriftlich, internetbasiert oder telefonisch. Dargestellt werden die Entwicklungen der Lebenszeit- und 12-Monatsprävalenz des Kokainkonsums sowie des problematischen Kokainkonsums anhand der Severity of Dependence Scale. Aktuelle Konsummuster und Motive werden anhand des European Web Surveys on Drugs (EWSD) von 2021 dargestellt. Der EWSD ist eine reine Online-Erhebung über den Konsum illegaler Drogen unter einer Gelegenheitsstichprobe Konsumierender ab 18 Jahren (n=1.286).
Ergebnisse/Erfahrungen, Erwartungen: Laut ESA kommt es zwischen 2015 und 2021 zu einem signifikanten Anstieg des Kokainkonsums unter 18 bis 59-Jährigen in der Lebenszeit- und auch in der 12-Monatsprävalenz, jedoch zu keiner signifikanten Veränderung in der Prävalenz des problematischen Kokainkonsums. Der Konsumanstieg ist bei Männern und Frauen zu beobachten, wobei die Konsumprävalenz bei Männern durchweg höher ist. Ergebnisse des EWSD zeigen, dass Kokain überwiegend nasal und mit anderen Personen zusammen konsumiert wird. Etwas mehr als die Hälfte der Befragten bezieht Kokain selbst, während der Rest es geschenkt bekommt. Kokain wird am häufigsten über den persönlichen Kontakt zur Bezugsquelle bezogen. Als häufigste Konsummotive werden high werden/Spaß haben und soziale Gründe genannt, seltener werden Neugierde, Stressabbau, Leistungssteigerung angegeben.
Diskussion und Schlussfolgerung: Der Kokainkonsum in der deutschen Gesamtbevölkerung steigt an, wobei bislang noch keine Auswirkungen auf die Prävalenz problematischen Konsums erkennbar sind. Angaben zu Konsummustern und Motiven zeigen, dass Kokain meist aus hedonistischen Gründen zusammen mit Anderen konsumiert wird. Positive Effekte von Gelegenheitskonsum könnten eine Unterschätzung des hohen Suchtpotenzials zur Folge haben und verstärkend auf die Entwicklung intensiverer, pathologischer Gebrauchsmuster wirken.
Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen: Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, welche die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: Der Epidemiologische Suchtsurvey 2024 wurde aus Mitteln des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) gefördert (AZ: ZMVI1-2520DSM203). Mit der Finanzierung sind keine Auflagen verbunden. Die Datenerhebung für den European Web Survey on Drugs wurde teilweise von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) finanziert. Die Datenanalyse wurde durch das Bundesministerium für Gesundheit aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages (ZMI5-2522DSM207) gefördert. Die Förderung ist an keine Bedingungen geknüpft.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
19. September 2024
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