Suchttherapie 2024; 25(S 01): S77-S78
DOI: 10.1055/s-0044-1790482
Abstracts
Symposien
S49 Schlechte Gewohnheiten – Gute Ziele?

Untersuchung der Interaktion von habitueller und zielgerichteter Kontrolle im Menschen

Michael Smolka
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
,
Sascha Frölich
2   Fakultät Psychologie, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
,
Johannes Steffen
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
,
Tanja Endrass
2   Fakultät Psychologie, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
,
Sarah Schwöbel
2   Fakultät Psychologie, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
,
Stefan Kiebel
2   Fakultät Psychologie, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
› Author Affiliations
 

Hintergrund und Fragestellung: Diverse Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Substanzabhängigkeit mit einem gestörten Gleichgewicht zwischen zielgerichtetem und habituellem Verhalten einhergeht. Ob dieses gestörte Verhältnis Folge oder Ursache von Substanzabhängigkeiten ist, ist allerdings weiterhin Gegenstand aktueller Forschung. Die Bearbeitung dieser Frage wird auch dadurch erschwert, dass es an geeigneten Laborexperimenten zur Untersuchung habituellen Verhaltens beim Menschen mangelt. Existierende Ansätze wie die sogenannte Two-Stage-Aufgabe weisen trotz ihres Nutzens Limitationen in der Interpretierbarkeit ihrer Ergebnisse auf und etablierte Tierexperimente lassen sich nur schwer auf den Menschen übertragen.

Methoden/Erläuterung des Versorgungsprojektes: Wir präsentieren hier die Action-Sequence-Task (AST) als neues Verhaltensexperiment zur Untersuchung von habitueller und zielgerichteter Kontrolle. In dieser Aufgabe wird habituelles Verhalten durch die unbewusste Wiederholung von Handlungssequenzen induziert. Um die Interaktion habituellen Verhaltens mit zielgerichtetem Verhalten zu messen, sind diese Sequenzen in unregelmäßigen Abständen kongruent bzw. inkongruent mit expliziten, zielgerichteten Handlungsanweisungen. Wir haben Datensätze von 60 gesunden Kontrollproband(inn)en erhoben, welche die AST über zwei aufeinanderfolgende Tage online durchführten. In einer laufenden Studie mit alkoholabhängigen Patient(inn)en haben wir auch erste Pilotdaten erhoben.

Ergebnisse/Erfahrungen, Erwartungen: Wir beobachteten, dass Proband(inn)en die Handlungssequenzen schnell lernen und beinahe fehlerfrei ausführen, auch wenn sie sich der Existenz dieser Sequenzen nicht bewusst sind. Weiterhin beobachteten wir, dass die Ausführung zielgerichteten Verhaltens bei allen Proband(inn)en deutlich durch die habituellen Handlungssequenzen moduliert wird (zielgerichtete Antworten: 90% in kongruenten Trials, 84% in Kontroll-Trials, und 80% in inkongruenten Trials). Allerdings unterscheiden sich die Proband(inn)en deutlich hinsichtlich ihrer Habitualisierungstendenz, ihrer Zielgerichtetheit sowie ihrer Interferenzkontrolle. Hieraus können neue, experimentelle Maße für habituelles und zielgerichtetes Verhalten sowie deren Interaktion abgeleitet werden.

Diskussion und Schlussfolgerung: Unsere neue Action-Sequence-Task induziert habituelle Handlungssequenzen im Menschen und misst die Interaktion zwischen zielgerichtetem und habituellem Verhalten auf Teilnehmerebene. Im klinischen Setting kann sie dazu dienen, neue Erkenntnisse über das gestörte Gleichgewicht zwischen Zielen und Gewohnheiten bei Substanzabhängigkeiten liefern.

Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen: Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, welche die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten. Erklärung zur Finanzierung: Diese Studie wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert. DFG Projektnummer 402170461 (TRR 265: Verlust und Wiedererlangung der Kontrolle über den Drogenkonsum)



Publication History

Article published online:
19 September 2024

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