Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0044-1790487
Oxytocin als Behandlungsoption der Alkoholabhängigkeit – Ergebnisse der randomisierten-kontrollierten klinischen Studie ON-ICE
Hintergrund und Fragestellung: Bisher zugelassene Medikamente wie Naltrexon verringern das Alkoholverlangen und Rückfälle bei alkoholabhängigen Patienten nur geringfügig. Studien zufolge könnte das Oxytocin-System ein vielversprechendes Treatment-Target zur Behandlung einer Alkoholabhängigkeit sein, da Oxytocin Alkoholverlangen, Alkohol-Reizreaktivität und Stressreaktivität reduzieren kann. Die Kombination von Oxytocin mit bereits zugelassenen Medikamenten ist bisher wenig untersucht. Ziel ist daher, zu untersuchen, ob Oxytocin zusätzlich zur Standardbehandlung mit Naltrexon positive Effekte hat.
Methoden/Erläuterung des Versorgungsprojektes: An der randomisierten, doppelblinden klinischen Studie mit Parallelgruppendesign nahmen N=62 Patienten mit einer Alkoholabhängigkeit teil. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen wurden 24 I.E. Oxytocin oder ein Placebo zusätzlich zu 50mg Naltrexon verabreicht. Die Patienten nahmen an einer kombinierten Alkoholreizexpositions- und Stressinduktionsaufgabe, sowie einer Untersuchung der neuronalen Prozesse mittels funktioneller Magnetresonanztomographie teil.
Ergebnisse/Erfahrungen, Erwartungen: Die Behandlungsgruppen unterschieden sich nicht im Alkoholverlangen nach der kombinierten Alkoholreizexpositions- und Stressinduktionsaufgabe (MOxytocin= 19.2, SDOxytocin= 11.6, MPlacebo= 20.2, SDPlacebo= 15.2; Schätzer: 0.4826, 95% CI: 0.3383–0.6269; p=.813) sowie hinsichtlich Stress und Affekt. Es gab keine signifikanten Gruppenunterschiede in der neuronalen Aktivierung sowie den behavioralen Messungen der Alkoholreizreaktivitätsaufgabe, der Stop-Signal-Aufgabe und der Emotionsverarbeitungsaufgabe im funktionellen Magnetresonanztomographen. Dagegen bewertete die Oxytocingruppe natürliche Belohnungsreize als aufregender (MOxytocin= 71.1, SDOxytocin= 22.3, MPlacebo= 47.7, SDPlacebo= 31.0; Schätzer: 0.6951, 95% CI: 0.5287–0.8615; p=.022), während bei der Bewertung von Alkoholreizen kein Gruppenunterschied vorlag. Die Oxytocingruppe zeigte zudem eine höhere Aktivierung bei Alkoholreizen im Bereich des Frontallappens (t(37)= 5.11, pFWE=.007).
Diskussion und Schlussfolgerung: Im Rahmen dieser klinischen Studie wurde das Potenzial der kombinierten Behandlung von Oxytocin und Naltrexon untersucht. Diese führte im Vergleich zur Behandlung mit Placebo und Naltrexon zu keiner klinisch relevanten Reduktion des Alkoholverlangens, die als primärer Endpunkt definiert wurde. Die Ergebnisse deuten jedoch auf eine Erhöhung der inhibitorischen Kontrolle bei Alkoholreizen sowie einer erhöhten Sensibilität für alternative Belohnungsreize durch die Oxytocingabe hin, während die Sensibilität für Alkoholreize nicht gesteigert wird.
Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen: Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, welche die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten. Erklärung zur Finanzierung: Das Projekt wurde vom BMBF gefördert (Förderkennzeichen 01KG2025) und durch Nutzung der Infrastrukturen für klinische Studien und Neuroimaging des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit (DZPG) durchgeführt.
Publication History
Article published online:
19 September 2024
© 2024. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany