Zusammenfassung
Das Kallmann-Syndrom (KS) ist durch einen hypogonadotropen Hypogonadismus
aufgrund eines primären GnRH-Defizits und eine begleitende Anosmie gekennzeichnet.
Hiervon setzt sich der Idiopathische Hypogonadotrope Hypogonadismus (IHH)
nur durch Fehlen der Riechsinnesstörung ab. Die Mehrzahl der Erkrankungsfälle
von KS und IHH sind sporadisch, haben also keine positive Familienanamnese.
Bei einem Teil der familiären Fälle von KS liegt ein X-chromosomal
rezessiver Erbgang zugrunde. Diese genetische Unterform ist vom ursächlichen
Defekt im KAL-1-Gen über embryologische, pathologische und endokrinologische
Befunde bis hin zur Klinik eingehend charakterisiert. Das Kallmann-Syndrom
kann, ebenso wie der IHH, auch einem autosomal dominanten oder autosomal rezessiven
Erbgang folgen. Die hierfür verantwortlichen Gene sind bislang überwiegend
unbekannt. Bei einer autosomal rezessiv vererbten inkompletten Form des IHH
wurde jüngst erstmals über Mutationen im Gen für den GnRH-Rezeptor
berichtet. Bei den nicht-X-chromosomalen Formen von KS/IHH ist die intrafamiliäre
klinische Variabilität bemerkenswert - innerhalb eines Stammbaums
können Patienten mit KS, mit IHH, mit isolierter Anosmie oder auch nur
mit verzögerter oder unvollständiger Pubertätsentwicklung beobachtet
werden. Dies deutet auf eine enge nosologische Verwandtschaft der genannten
klinischen Entitäten hin, die eine gemeinsame, wenn auch derzeit häufig
noch nicht positiv identifizierbare genetische Basis zu haben scheinen.
Abstract
Kallmann syndrome (KS) is characterised by hypogonadotropic hypogonadism
due to GnRH deficiency and concomitant anosmia. The latter is absent in idiopathic
hypogonadotropic hypogonadism (IHH), an entity otherwise indistinguishable
from KS. Most patients with KS or IHH have no positive family history. Some
of the familial cases of KS follow an X-linked recessive pattern of inheritance.
This subtype is caused by deletions or point mutations in the KAL-1 gene.
Its protein product, anosmin-1, is believed to play an important role in the
morphogenesis of the peripheral olfactory System. Recent studies have shown
that only a minority of patients with Kallmann syndrome carry mutations in
the KAL-1 gene. Kallmann syndrome as well as IHH may also follow an autosomal
dominant or autosomal recessive pattern of inheritance. With regard to the
latter case, a single family has been described with mutations in the GnRH
receptor gene. Other genes causing the autosomal subforms of KS/IHH remain
to be identified. In sibships with multiple affected members marked clinical
variability has been observed. Within a single family patients with either
Kallmann syndrome, IHH, isolated anosmia, or only delayed or incomplete pubertal
development may be seen. This hints at a dose nosological relationship between
these clinical phenotypes which may share a common - so far however
rarely identifiable - genetic basis.
Diese Arbeit basiert auf einem vom Erstautor am 6.3.1998 gehaltenen Vortrag
auf dem 42. Symposion der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie in
Freiburg.