Geburtshilfe Frauenheilkd 1999; 59(12): 626-633
DOI: 10.1055/s-1999-15640
Fallbericht

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Wassergeburt als alternative Ceburtsmöglichkeit: eine Fallkontroll-Studie

Water Birth as an Alternative Delivery: A Case Control StudyM. Regli, D. Wunder, H. Schneider, W. Hänggi
  • Universitäts-Frauenklinik, Inselspital Bern
Further Information

Publication History

Publication Date:
31 December 1999 (online)

Zusammenfassung

Fragestellung: In einer retrospektiven Analyse haben wir die Wassergeburten an der Universitäts-Frauenklinik Bern untersucht.

Material und Methodik: Die Analyse der mütterlichen und kindlichen Morbidität bei Wassergeburten im Vergleich zu „normalen” Geburten erfolgte anhand der Patientenunterlagen in einer Fall-Kontroll-Studie mit „matched pairs”.

Ergebnisse: Im Zeitraum vom 12.8.1994 bis zum 15.2.1998 wollten 100 Frauen im Geburtspool gebären. Bei 78 Frauen fand die Geburt tatsächlich im Wasser statt. Aus der Kontrollgruppe wurden 5 Frauen durch eine sekundäre Sektio entbunden, bei 11 Frauen erfolgte die Geburt vaginal-instrumentell (bei 3 Frauen mit versuchter Wassergeburt und bei 8 Kontrollgeburten). Im Kollektiv der Wassergeburten wurden signifikant weniger Dammschnitte durchgeführt (30 vs. 53; p <0,001), die Anzahl höhergradiger Dammrisse unterschied sich jedoch nicht signifikant (6 vs. 5). Ebenso waren der Einsatz von Wehenmitteln (16 vs. 49; p <0,001), Schmerzmitteln (39 vs. 46) und der Peridural-Anästhesie (1 vs. 18; p <0,001) bei den Wassergeburten seltener. Der Anteil an 5-Minuten-Apgar-Werten <7 (1 vs. 0) sowie die Anzahl arterieller IMabelschnur-pH-Werte <7,15 (13 vs. 7) unterschied sich in den beiden Kollektiven nicht signifikant. Die postpartalen mütterlichen und kindlichen Komplikationen, insbesondere die Infektraten, unterschieden sich in den beiden Kollektiven nicht und waren insgesamt selten.

Schlußfolgerung: Bei guter Selektion und Überwachung stellt die Wassergeburt für die Gebärende und das Neugeborene kein erhöhtes Risiko gegenüber einer herkömmlichen Geburt dar. Durch eine verminderte Rate an Episiotomien, ohne häufigeres Auftreten höhergradiger Dammrisse, durch den verminderten Wehen- und Schmerzmittelkonsum, erhöht sich der Komfort der Gebärenden bei der Geburt im Wasser. Aufgrund der insgesamt geringen Inzidenz von postpartalen mütterlichen und kindlichen Komplikationen bedarf die Überprüfung der Sicherheit der Wassergeburt jedoch Untersuchungen an größeren Kollektiven.

Abstract

Objective: To assess the maternal and neonatal morbidity associated with water birth.

Methods: We analysed water births retrospectively in a matched-pair study.

Results: A total of 100 women requested water birth between August 1994 and February 1998. Seventy-eight (78%) of these women were delivered in water. In the control group five women had a secondary Caesarean section. There were three operative vaginal deliveries after attempted water birth and eight in the control group. Patients delivered in the water had significantly fewer episiotomies (30 vs. 53; p <0.001), and less use of oxytocin (16 vs. 49; p <0.001), pain medication (39 vs. 46), and epidural anaesthesia (1 vs. 18; p <0.001) than patients delivered conventionally. There were no differences between the groups in major perineal tears (6 vs. 5), 5-minute Apgar scores <7 (1 vs. 0), or fetal cord pH values <7.15 (13 vs. 7). Postpartal maternal or neonatal morbidity was uncommon and did not differ between the groups.

Conclusion: With appropriate patient selection and surveillance water birth does not seem to entail increased maternal or neonatal risks. Water birth may be more comfortable because of the lower episiotomy rate without a higher rate of major perineal lacerations and the reduced need for oxytocin and pain medication.