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DOI: 10.1055/s-2000-10587
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Ist die Feststellung einer Fixationsdisparation mit der Mess- und Korrektionsmethodik nach H.-J. Haase (MKH) verlässlich?[1] [2] [3]
Can fixation disparity be detected by the “Measuring and Correction Methods of H.-J. Haase”?Publication History
Publication Date:
31 December 2000 (online)
Zusammenfassung
Hintergrund Die Theorie der Mess- und Korrektionsmethodik nach H.-J. Haase (MKH) besagt, dass eine kleine Fehlstellung eines Auges ein Hinweis auf eine von der Orthostellung abweichende „Vergenz-Ruhestellung” sei. Die Mühe, die von der Orthostellung abweichende „Vergenz-Ruhestellung” zu überwinden, könne zu Ermüdung bei Sehaufgaben führen, insbesondere zu Kopfschmerzen. Die kleine Fehlstellung eines Auges, Fixationsdisparation genannt, könne mit Testen ermittelt werden, die auf den Angaben des Probanden beruhen. Das Prisma, mit dem die Testfiguren symmetrisch gesehen würden, sei das, welches die „Vergenz-Ruhestellung” in Orthostellung überführe.
Methoden Die Studie erfolgte an 9 augengesunden Versuchspersonen, bei denen mit der MKH (vorwiegend auf Grund von Stereofiguren) eine „Fixationsdisparation 2. Art” diagnostiziert worden war. Um eine Vergenzfehlstellung erkennen zu können, wurde nach dem Prinzip des einseitigen Abdecktests verfahren: Auf einem Bildschirm (Polatest®E) wurde beiden Augen ein identisches Sehobjekt dargeboten. Sodann wurde das Bild für das „führende” Auge ausgeblendet und die darauf folgende Stellungsänderung des „abweichenden” Auges mit der Search-Coil-Technik gemessen. Dieser Test wurde sowohl ohne als auch mit MKH-Prisma durchgeführt.
Ergebnis Bei allen 9 Probanden zeigten sich Abweichungen von der Orthovergenzstellung, die deutlich kleiner als 10 Winkelminuten waren und damit im Bereich normaler Fixationsschwankungen lagen. Bei einer Mittelung über alle 9 Probanden lag die Abweichung des laut MKH fehlstehenden Auges um 0,79 ± 3,45 Winkelminuten entgegen der laut MKH vorausgesagten Richtung, was als zufällige Abweichung von null anzusehen ist. Das mit der MKH ermittelte Prisma löste eine fusionale Vergenz aus, deren Ausmaß der Prismenstärke entsprach.
Schlussfolgerung Die MKH kann zu der irrtümlichen Annahme einer Fixationsdisparation führen. Entsprechend fragwürdig ist es, auf Grund der MKH auf eine prismatisch korrektionsbedürftige „Vergenz-Ruhestellung” zu schließen.
Background The theory of the “Measuring and Correction Methods of H.-J. Haase” (MCH) states that a small misalignment of one eye, called fixation disparity, indicates a difficulty in overcoming a “vergence position of rest” that is different from orthoposition. This difficulty, so the theory, can cause asthenopic complaints, such as headaches, and these complaints can be relieved by prisms. The theory further claims that fixation disparity can be ascertained by a series of tests which depend on the subject's perception. The tests most decisive for the diagnosis of a so-called fixation disparity type 2 consist of stereo displays. The magnitude of the prism that allows the subject to see the test configurations in symmetry is thought to be the one that corrects the “vergence position of rest”.
Methods Nine subjects with healthy eyes in whom a “fixation disparity type 2” had been diagnosed were selected for the study. Misalignment of the eyes was determined according to the principle of the unilateral cover test. Targets identical for both eyes were presented on the screen of the Polatest®E. Then, the target was deleted for one eye and the ensuing position change of the other eye was measured, using the search coil technique. This test was performed both with and without the MCH prism.
Results In all 9 subjects the misalignment was less than 10 minutes of arc, i.e. in the range of normal fixation instability. Averaging across the 9 subjects, the deviation of the eye (misaligned according to MCH) was 0.79 ± 3.45 minutes of arc in the direction opposed to that predicted by the MCH, a value not significantly different from zero. The MCH prism elicited a fusional vergence movement the magnitude of which corresponded to the magnitude of the MCH prism.
Conclusion Ascertaining fixation disparity with the MCH is unreliable. Accordingly, it appears dubious to correct a “vergence position of rest” on the basis of the MCH.
Schlüsselwörter
Fixationsdisparation - Heterophorie - Asthenopie - MKH - Mess- und Korrektionsmethodik nach H.-J. Haase - Polatest - Stereopsis
Key words
Fixation disparity - heterophoria - asthenopia - MKH - MCH - Polatest - stereopsis
1 Manuskript erstmalig eingereicht am 11. 1. 00 und in der vorliegenden Form angenommen am 2. 2. 00.
2 Herrn Prof. Dr. med. G. O. H. Naumann zum 65. Geburtstag gewidmet.
3 Der Ausdruck „Fixationsdisparation” ist aus der Übersetzung des von Ogle 1949 geprägten Begriffs „fixation disparity” entstanden. Etymologisch betrachtet ist die Endung „disparation” nicht richtig, denn „disparatio” bezeichnet auf Lateinisch den Vorgang der Trennung. Gemeint ist jedoch der Zustand des Getrenntseins, auf Lateinisch „disparilitas”. Korrekt wäre daher „Fixationsdisparilität”. Der in der Literatur synonym gebrauchte Ausdruck „Fixationsdisparität” hat keine Wurzel im Lateinischen, denn das Wort „disparitas” gab es anscheinend nicht (K. E. Georges: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch, Hahn'sche Verlags-Buchhandlung, Leipzig, 1869). Trotz dieser etymologischen Bedenken benutzen wir hier den Ausdruck „Fixationsdisparation”, da er im Rahmen der MKH üblich ist und auch in die DIN 5340 (April 1998) Eingang gefunden hat.
Literatur
1 Manuskript erstmalig eingereicht am 11. 1. 00 und in der vorliegenden Form angenommen am 2. 2. 00.
2 Herrn Prof. Dr. med. G. O. H. Naumann zum 65. Geburtstag gewidmet.
3 Der Ausdruck „Fixationsdisparation” ist aus der Übersetzung des von Ogle 1949 geprägten Begriffs „fixation disparity” entstanden. Etymologisch betrachtet ist die Endung „disparation” nicht richtig, denn „disparatio” bezeichnet auf Lateinisch den Vorgang der Trennung. Gemeint ist jedoch der Zustand des Getrenntseins, auf Lateinisch „disparilitas”. Korrekt wäre daher „Fixationsdisparilität”. Der in der Literatur synonym gebrauchte Ausdruck „Fixationsdisparität” hat keine Wurzel im Lateinischen, denn das Wort „disparitas” gab es anscheinend nicht (K. E. Georges: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch, Hahn'sche Verlags-Buchhandlung, Leipzig, 1869). Trotz dieser etymologischen Bedenken benutzen wir hier den Ausdruck „Fixationsdisparation”, da er im Rahmen der MKH üblich ist und auch in die DIN 5340 (April 1998) Eingang gefunden hat.
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