Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2000; 35(1): 1-2
DOI: 10.1055/s-2000-10846-31
ABSTRACTS
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Vorkommen hypertensiven Ereignisse bei Parabulbäranästhesie.

L. Telgmaa, M. Kafczyk, J. Radke
  • Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
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Publication Date:
28 April 2004 (online)

Die Parabulbäranästhesie zur Schmerzausschaltung bei Operationen am Auge ist derzeit in Deutschland ein sich etablierendes Verfahren. Mit dieser Form der Regionalanästhesie sind gute Operationsbedingungen für eine Reihe operativer Indikationen zu erreichen [1]. Zum Vorkommen und zu der klinischen Relevanz kardiovaskulärer Nebenwirkungen während diesen Anästhesieverfahrens gibt es bisher nur unzureichende Angaben [2, 3]. Im Rahmen der als prospektive Kohortenstudie angelegten Datenerhebung wurde die Häufigkeit von hypertensiven Ereignissen bei in Parabulbäranästhesie durchgeführten Operationen am Auge festgestellt und der Bedarf an perioperativer Überwachung und Therapie ermittelt. Patienten und Methoden: Alle Patienten der Universitäts-Augenklinik, die im Studienzeitraum von drei Monaten eine Parabulbäranästhesie (PBA) erfahren haben, wurden rekrutiert. Zur Prämedikation wurde 1 mg Lorazepam p. o. gegeben. Zur PBA erfolgte eine Injektion von 4 ml Lidocain 2 % plus 3 ml Bupivacain 0,5 % gemeinsam mit 300 IE Hyaluronidase mit anschließender Anlage eines Okulopressors. Der Eingriff war in 82 % der Fälle eine Katarakt-Operation. Monitoring: Nichtinvasiver arterieller Blutdruck, Herzfrequenz, EKG, SpO2. Die Überwachung wurde durch den Operateur selber bzw. in 19 % der Fälle als stand-by durch einen Anästhesisten vorgenommen. Ergebnisse: Von den in die Studie eingeschlossenen 143 Patienten litten 66 % unter Erkrankungen des kardiovaskulären Systems. Bei 36 % dieser Patienten war anamnestisch ein Bluthochdruck bekannt. Nach dem Setzen der PBA war bei 36 % der Patienten nach 10 bis 20 min eine hypertone Kreislaufreaktion (HKR , Anstieg des MAP um mindestens 15 % vom präoperativen Ausgangswert) zu verzeichnen; intraoperativ wurde dann bei weiteren 22 % der Patienten eine HKR festgestellt: Der MAP stieg im Mittel um 18 % auf 118 mmHg, RRsys um 9 % auf 165 mmHg , RRdiast um 27 % auf 92 mmHg. Es wurden kritische Blutdruckwerte von RRsys ≥ 200 mmHg bei 5 % und RRdiast ≥ 110 mmHg bei 17 % der Patienten notiert. Das Auftreten der HKR war nicht mit Schmerzen in Zusammenhang zu bringen. Es wurde ein Zusammenhang zwischen kardiovaskulären Vorerkrankungen und dem Auftreten der HKR festgestellt. Kritische Verläufe wurden vor allem bei älteren und vorerkrankten Patienten beobachtet. Eine antihypertensive Medikation wurde bei 26 % der Patienten mit HKR durchgeführt. Bei vergleichbaren MAP-Anstiegen wurde ein Antihypertensivum häufiger bei der Patientenüberwachung durch Anästhesisten verabreicht im Vergleich zu der alleinigen Überwachung durch den Operateur. Zusammenfassung: Hypertone Kreislaufreaktionen sind ein häufiges Ereignis im Rahmen von Parabulbäranästhesien. Der ursächliche Mechanismus, der zu diesen Ereignissen führt, bleibt ungeklärt. Die beobachteten kritischen Verläufe des Blutdrucks bei einem Teil der Patienten erfordern eine adäquate therapeutische Intervention. Diesen Ergebnissen zufolge ist eine Herz-Kreislaufmonitoring bei dieser Art der Regionalanästhesie bei den größtenteils vorerkrankten Patienten unumgänglich, um eine angemessene intraoperative Therapie gewährleisten zu können. Eine stand-by-Betreuung der Patienten einschließlich der damit verbundenen präoperativen Befunderhebung von kardiovaskulären Begleiterkrankungen durch einen Anästhesisten ist eine angemessene Forderung. Literatur: 1 Am J Ophthalmol. 1992; Dec 15;114(6):776, 2Eye 1997; 11 (Pt 5): 644 - 648, 3 Anaesthesia 1991 Aug;46(8): 642 - 645