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DOI: 10.1055/s-2000-10980
Leitlinien und Empfehlungen zur Sicherung von Guter Epidemiologischer Praxis (GEP)
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
31. Dezember 2000 (online)
Vorwort
Eine international zusammengesetzte Kommission, die im Auftrag des Präsidiums der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zusammengetreten war, formulierte im Dezember 1997 unter anderem folgenden Auftrag: „Wissenschaftliche Fachgesellschaften sollen für ihren Wirkungsbereich Maßstäbe für gute wissenschaftliche Praxis erarbeiten, ihre Mitglieder darauf verpflichten und sie öffentlich bekannt geben.”
Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (DAE) hat daraufhin im Verlauf ihrer Mitgliederversammlung am 17. März 1998 die Arbeitsgruppe „Epidemiologische Methoden” beauftragt, einen Entwurf für „Leitlinien und Empfehlungen zur Sicherung von Guter Epidemiologischer Praxis (GEP)” zu erarbeiten. Ein erster Entwurf dieser Empfehlungen wurde während eines zweitägigen Workshops im Mai 1999 am Robert Koch-Institut in Berlin öffentlich diskutiert. Die sich aus der Diskussion ergebenden Korrekturen und Modifikationen wurden von einem Redaktionskomitee umgesetzt und dem Vorstand der DAE sowie den Vorständen der wissenschaftlichen Fachgesellschaften GMDS, DGSMP und der Deutschen Region der Internationalen Biometrischen Gesellschaft zur Kenntnis gegeben. In einem ausführlichen Konsensus-Verfahren entstanden die hier vorliegenden Empfehlungen, die von allen beteiligten Fachgesellschaften im Februar 2000 endgültig verabschiedet wurden.
Die „Leitlinien und Empfehlungen zur Sicherung von Guter Epidemiologischer Praxis (GEP)” werden in einer Kurz- und in einer Langversion zur Verfügung stehen. Die Kurzversion soll eine prägnante Übersicht vermitteln und umfasst deshalb nur die 11 Leitlinien und die zugehörigen Empfehlungen. Die Langversion, die auf der DAE-Webseite (http://medweb.uni-muenster.de/institute/epi/dae) publiziert ist, enthält darüber hinaus Erläuterungen zu jeder Leitlinie. Im Verlauf einer zweijährigen Erprobungsphase sollen die Leitlinien auf ihre Praktikabilität überprüft werden. Es ist beabsichtigt, ihre Eignung für die Sicherung guter epidemiologischer Praxis nach diesem Zeitraum zu evaluieren und sie bei Bedarf zu überarbeiten.
Adressaten dieser Leitlinien und Empfehlungen sind alle Personen, die sich mit der Planung, Vorbereitung, Durchführung, Auswertung und Beurteilung epidemiologischer Studien beschäftigen sowie Institutionen der Forschungsförderung und Auftraggeber epidemiologischer Forschung. Grundlage der hier vorgeschlagenen Leitlinien und Empfehlungen sind bereits existierende und allseits akzeptierte Standards in der epidemiologischen Forschung, die im Allgemeinen auch international Anwendung finden. Die Ausformulierung einzelner Leitlinien und Empfehlungen erfolgte dabei in dem oben beschriebenen Konsensus-Prozess.[1]
Gegenstand epidemiologischer Studien ist die Untersuchung der Bedingungen von Gesundheit sowie von Ursachen, Auftreten, Verlauf und Folgen von Erkrankungen in menschlichen Populationen bzw. in definierten Bevölkerungsgruppen. Epidemiologische Untersuchungen haben primär einen beobachtenden Charakter und sind deshalb von randomisierten Interventionsstudien in der klinischen Forschung zu unterscheiden.
Die hier vorliegenden Leitlinien sollen dazu dienen, einen Qualitätsstandard für die epidemiologische Forschung in Deutschland zu etablieren. Sie sollen helfen, Unredlichkeit und wissenschaftliche Fälschung zu vermeiden und einen vertrauensvollen Umgang unter Wissenschaftlern zu gewährleisten. Dennoch sollen die Leitlinien kein enges und starres Handlungskorsett sein, welches die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung in der Epidemiologie bedrohen würde. Vielmehr soll durch sie ein Handlungskorridor definiert werden, in dem sich epidemiologische Forschung in ihren vielfältigen Varianten und Anwendungsbereichen voll entfalten kann.
So ist es durchaus möglich, dass es in speziellen Fällen zu begründeten Abweichungen von den Leitlinien kommen kann und manchmal sogar muss. Die explizite Benennung dieser Abweichung und ihre valide Begründung stellt dann sicher, dass diese Abweichung mit einer guten epidemiologischen Praxis in Einklang steht. Obgleich viele der beschriebenen Elemente schon lange Zeit zur guten wissenschaftlichen Praxis in der Epidemiologie zählen, werden die Leitlinien insbesondere im Hinblick auf zukünftig geplante und durchzuführende Studien ihre volle Bedeutung erlangen.
Es ist wichtig, dass sich jeder in der Epidemiologie Tätige die Grundzüge guter wissenschaftlicher Praxis bewusst macht und sie im täglichen Handeln umsetzt. Gravierende Fälle wissenschaftlicher Unredlichkeit bringen die Wissenschaft selbst in eine große Gefahr, denn sie können das Vertrauen der Öffentlichkeit ebenso untergraben wie das Verhältnis der Wissenschaftler untereinander. Gerade die Epidemiologie baut jedoch auf diesen beiden Grundelementen auf. Die „Leitlinien und Empfehlungen zur Sicherung von Guter Epidemiologischer Praxis (GEP)” sollen dies auch für die Zukunft gewährleisten.
Fußnoten
1 In Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP) und der Deutschen Region der Internationalen Biometrischen Gesellschaft (DR-IBS). Redaktionelle Bearbeitung: Bärbel-Maria Bellach, Robert Koch-Institut Berlin; Hans-Werner Hense, Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin, Universität Münster; Wolfgang Hoffmann, Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin. Unter Mitarbeit von: Wolfgang Ahrens, Birgit Babitsch, Heiko Becher, Maria Blettner, Sabine Brasche, Hermann Brenner, Gottfried Enderlein, Karin Halina Greiser, Ingeborg Jahn, Karl-Heinz Jöckel, Wolf Kirschner, Thomas Kohlmann, Angela Liese, Matthias Möhner, Ulrich Mueller, Ralf Reintjes, Andreas Stang, Matthias Wjst.
Dr. B.-M. Bellach
Stellv. Vorsitzende der DAE, Leiterin der AG Epidemiologische
MethodenLeiterin der Abt. f. Epidemiologie u.
GesundheitsberichterstattungRobert Koch-Institut
Postfach 65 02 80
13302 Berlin