Suchttherapie 2000; 1(2): 67-70
DOI: 10.1055/s-2000-15608
Schwerpunktthema
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Das geplante bundesdeutsche Erprobungsvorhaben zur heroingestützten Behandlung aus Sicht der teilnehmenden Städte

Peter Lindlahr
  • Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Hamburg
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. Dezember 2000 (online)

Zusammenfassung

Nach gegenwärtigem Planungsstand werden sich die Studienorte des bevorstehenden bundesdeutschen Heroin-Erprobungsvorhabens auf bis zu acht Städte verteilen. Da sich die infrastrukturellen, epidemiologischen und fachpolitischen Vorbedingungen regional erheblich unterscheiden, stellt die Durchführung des Vorhabens nicht nur die einzelne Kommune vor gewaltige organisatorische, fachliche und finanzielle Herausforderungen. Auch der Städteverbund in seiner Gesamtheit wird permanent gefordert sein, der von ihm übernommenen Verantwortung trotz dieser Heterogenität möglichst konstant und konsensual nachzukommen. Die Städtekooperation wird hierbei getragen von dem gemein­samen Willen, die aus kommunaler Sicht bislang als unzureichend erlebten (Be-)Handlungsoptionen im Umgang mit ­Opiatabhängigkeit wirkungsvoll zu erweitern. Dies kann nur gelingen, wenn das Vorhaben nicht allein an den arzneimittelrechtlichen Erfordernissen gemessen und ausschließlich als substanzbezogene Zulassungsstudie begriffen wird, sondern zugleich auch die medizinische Notwendigkeit, der Nutzen und die Wirtschaftlichkeit des dahinterstehenden Therapieansatzes validiert werden. Die an das Vorhaben geknüpften ­Erwartungen sind somit erklärtermaßen darauf gerichtet, das Outcome an Evidenzkriterien zu messen, die auch sozialversicherungsrechtlich operationalisierbar sein werden.

The Proposed German Multicenter Trial on Heroin-Assisted Maintenance Treatment in the View of Participating Cities

According to the current stage of planning the proposed multicenter trial on heroin assisted treatment (heroin maintenance) in Germany will be realized in up to eight cities. Since there are considerable differences between regions with regard to inescapable epidemiological, infrastructural and drug policy conditions, the project is a challenge for each participating municipality, demanding large financial and organisational efforts and treatment expertise. The board of participating cities will face the responsibility to deal with this heterogeneity in a consistent way and to achieve consent. Common purpose is an effective expansion of options for dealing with opiate dependency, since existing options so far have been felt as being insufficient. This idea can only succeed if the focus is not only on legal requirements for drug testing.

The project should not be understood as chiefly being a clinical test for substance approval. At the same time the treatment model behind should be evaluated, namely its necessity, advantage and good management. It is explicitly expected that outcome measurements should also yield evidence which is relevant to social insurance regulations.

Literatur

  • 1 Drucksache 12/5673. Deutscher Bundestag
  • 2 Drucksache 13/205. Deutscher Bundestag
  • 3 So im Wesentlichen die auf die Bekanntmachung des BMG im BAnz. Nr.183 vom 29.9.1999 eingereichten Studiendesigns: Gastpar M. Wissenschaftliche Erprobung der ärztlichen Heroinverschreibung; Krausz M. Das bundesdeutsche Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger - eine randomisierte Kontrollgruppenstudie, Dezember 1999 (beide unveröffentlicht). 
  • 4 Drittes Gesetz zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes. vom 28.3.2000 BGBl. I 302 ff.
  • 5 Bekanntmachung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Neufassung der Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden und über die Überprüfung erbrachter vertragsärztlicher Leistungen („BUB-Richtlinien”). vom 10.12.1999 BAnz. Nr. 56 vom 21.3.2000 4602 ff.
  • 6 Bundessozialgericht, Urteil vom 16.9.1997 1 RK 28/95 In: BSGE 81, 54 ff.; Di Fabio U. Verlust der Steuerungskraft klassischer Rechtsquellen. Neue Zeitschrift für Sozialrecht (NZS) 1998; 449 ff.; Oldiges FJ. Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen: ein neues Machtzentrum in der GKV?. Die Ortskrankenkasse 1997, 367 ff.; Schimmelpfennig-Schütte R. Richtliniengebung durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen und demokratische Legitimation. NZS 1999, 530 ff.; Wimmer R. Grenzen der Regelungsbefugnis in der vertragsärztlichen Selbstverwaltung. NZS 1999, 113 ff. 
  • 7 Lange K J, Renn H. Urban Districts and Drug Scenes, A comparative study on nuisance caused by open drug scenes in major european cities. 1995
  • 8 Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle vom 7.4.2000 („Frankfurter Drogenhilfezentrum”) zum Urteil des V. Zivilsenats -V ZR 39/99 -, das die Anwohnerklage gegen eine sog. „niedrigschwellige” Drogenhilfeeinrichtung zurückwies. 
  • 9 Gessenharter W. Mediatorenverfahren „Weitere Gesundheitsräume in St. Georg? Wünschbarkeit, Zweckmäßigkeit, Notwendigkeit”. Abschlussbericht und Empfehlung des Mediators an den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg Juli 1999
  • 10 Deutscher Städtetag, Vorbericht für die 115. Sitzung des Gesundheitsausschusses vom 18.5.1998. 
  • 11 Schmid M, Simmedinger R, Vogt I. BADO e.V .Ambulante Suchthilfe in Hamburg, Statusbericht 1998 zur Hamburger Basisdatendokumentation im ambulanten Suchthilfesystem. ISS-Schriftenreihe Frankfurt; 1999
  • 12 Bundesanzeiger. vom 29.9.1999 183: 16 753 ff.
  • 13 Richtlinien vom 1.10.97,. veröffentlicht im Bundesanzeiger vom 31.12.1997 243: 15 232
  • 14 Bundesanzeiger. vom 21.3.2000 56: 4602
  • 15 Leutheusser-Schnarrenberger S, Thomae D. Neue Wege in der Drogenpolitik beschreiten. Pressedienst der FDP-Bundestagsfraktion vom 19.6.1997
  • 16 „Nickels wirbt für Modellversuche”. FAZ vom 16.2.2000

Fußnoten

1 Die Ausführungen geben ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder und stellen keine dienstliche Äußerung dar.

Peter Lindlahr

Tesdorpfstraße 8

20 148 Hamburg