Biomechanics of Middle Ear Reconstruction
Restoration of sound conduction towards the inner ear is a major goal of middle ear
surgery in addition to the eradication of destructive processes. As the tympanic membrane
is responsible for the transformation of the air-borne sound into vibration of solid
bodies, its acoustic quality is of paramount importance. From an acoustical point
of view, this membrane should be thin and soft, similar to the natural tympanic membrane
with a thickness of 100μm. However, in chronic tubal dysfunction such a delicate membrane
will not provide sufficient resistance against the constant negative pressure. To
prevent retraction in these cases, cartilage with its higher degree of stability is
often used for replacement of the tympanic membrane. The thickness and composition
of a cartilaginous tympanic membrane should represent a compromise between sufficient
stability and adequate acoustic sensitivity. Effective sound transport to the inner
ear requires a reconstructed ossicular chain, which can vibrate without restraint.
A loose contact will result in decreased efficiency. The solid anchoring of a prosthesis
to the ossicular remnants also prevents postoperative slipping off its contacts, which
could lead to a drastic loss in energy transport.
Einleitung
Die Sanierung eines entzündlich zerstörten Mittelohres gelingt heutzutage in einem
mehr oder weniger zufriedenstellenden Ausmaß. Viele Ohren werden trocken, die chronische
Entzündung sistiert mit Hilfe moderner Operationsverfahren, wobei der Individualisierung,
dem Verzicht auf dogmatische Operationsvorschriften (z. B. Radikalhöhle, vs. 2-Wege-Technik)
sicherlich der größte Einfluss für diese Verbesserung der Resultate zuzuschreiben
ist [1 - 3]. Eine ebenso gute Prognose lässt sich für die Wiederherstellung des Hörvermögens
eines entzündlich zerstörten Mittelohrs leider nicht stellen. Zwar sind seit der Einführung
der Tympanoplastik vor fast 50 Jahren mittlerweile über 70 verschiedene Prothesenmaterialien
[4 - 6] in aufwendigen Tier- und klinischen Versuchen zum Einsatz gekommen und weitere
werden zu erwarten sein. Doch eine Garantie für eine gute akustische Mittelohrfunktion
können auch die nach neuesten biotechnologischen Gesichtspunkten gefertigten Prothesen
nicht versprechen. Zu viele implantat-fremde Faktoren beeinflussen das postoperative
Hörergebnis. Allenfalls die Knorpelabdeckung der Prothesenoberfläche scheint insbesondere
bei bioinaktiven Implantaten die Perforationsgefahr durch das Trommelfell und damit
den Funktionsverlust zu verringern [1]. Minderwertige Schleimhautverhältnisse mit
Ergussbildung oder Fibrosierung und Narbenbildung in der Paukenhöhle setzen die Schwingungsfähigkeit
des rekonstruierten Schallleitungsapparates derartig herab, dass selbst bei einer
technisch perfekten akustischen Rekonstruktion ein unbefriedigendes Hörergebnis resultieren
kann. Auf Grund des winzigen Energieinhaltes der anregenden Schallwellen - der Schalldruck
beträgt an der Hörschwelle weniger als 1 Milliardstel bar (s. Abb. 1) - reicht bereits eine geringe Fesselung der schwingenden Strukturen aus, um die
Schallübertragung wirksam zu behindern.
Aber auch in reizlos ausgeheilten Mittelohren, wenn das rekonstruierte Trommelfell
zart und luftumspült eine unbehinderte Schallaufnahme vermuten lässt, sind die postoperativen
Hörergebnisse zu oft unbefriedigend. In diesen Fällen ist zwar die Entzündung saniert,
aber wahrscheinlich die Rekonstruktion der akustischen Funktion des Schallleitungsapparates
misslungen.
Diese funktionellen Misserfolge bewirkten in den letzten Jahren eine erhebliche Steigerung
des Interesses der Ohrchirurgen an den mechano-akustischen Grundlagen ihrer ohrchirurgischen
Eingriffe. Voraussetzung für eine erfolgreiche Mittelohrrekonstruktion ist das Verständnis
der akustischen Funktion, nicht nur des rekonstruierten, sondern auch des normalen
Mittelohres. In Anbetracht der winzigen Dimension der Vibrationen beim Schalltransport,
die an der Hörschwelle kleiner sind als der Durchmesser des Wasserstoffmoleküls [7],
ist der Ohrchirurg für die Erforschung der Mittelohrfunktion auf die Mitarbeit des
Akustik-Ingenieurs angewiesen. Internationale Kongresse zur Mechanik des Mittelohres,
1996 erstmals in Dresden [8] und als Fortsetzung 1999 in Boston, USA, haben Ohrchirurgen
und Ingenieure zusammengeführt, um gemeinsam das komplexe Verhalten des Mittelohres
zu verstehen und dies zur Grundlage der Weiterentwicklung akustisch-optimierter Mittelohrrekonstruktion
zu machen. Es ist zu hoffen, dass dieser Gedankenaustausch die Entwicklung der rekonstruktiven
Ohrchirurgie ebenso befruchtet, wie dies den seit vielen Jahren stattfindenden internationalen
Cholesteatom-Kongressen für die Weiterentwicklung der Behandlung der chronischen Otitis
media gelungen ist. Eine ausführliche Übersicht über unser derzeitiges Wissen zur
Mittelohrmechanik des normalen, pathologischen und rekonstruierten Mittelohres ist
in dem Verhandlungsband des Dresdner Symposiums [8] zusammengefasst.
In den letzten Jahren hat zudem der technische Fortschritt der Untersuchungsmethoden
entscheidend zur Entschlüsselung der Mittelohrfunktion beigetragen. Moderne lasergestützte
Messtechniken erlauben ob ihrer hohen Empfindlichkeit die Untersuchung des Schwingungsverhaltens
im physiologischen Arbeitsbereich des Mittelohres [9, 10]. Diese Laser-Doppler-Vibrometer
befreien den Mittelohrforscher von den früheren Umständen einer fast unerschwinglichen
und nur mit großem Aufwand einsetzbaren Untersuchungstechnik (Squid-, Mössbauer-Verfahren
etc.), die für die Messung der fast unvorstellbar kleinen Amplituden beim Hören erforderlich
war. Auch die strikte Trennung der akustischen Funktion des Mittelohres gegenüber
seinem Verhalten bei atmosphärischen Luftdruckänderungen [11] hat das Verständnis
über die Arbeitsweise des Mittelohres verbessert. Heutzutage dürfte es nicht mehr
passieren, dass mikroskopisch oder endoskopisch sichtbare Vibrationen des Schallleitungapparates,
die durch extrem laute Schallbelastung ausgelöst wurden, als normale Bewegungen des
Schallleitungsapparates beim Hören interpretiert werden. Denn die Vibrationsamplituden
im linearen, d. h. physiologischen Arbeitsbereich des Mittelohres unterhalb ca. 100
dB spielen sich in Größenordnungen von wenigen Nanometern ab. Sie sind wesentlich
kleiner als die Wellenlänge des sichtbaren Lichtes und somit auch mit stärkster optischer
Vergrößerung nicht mehr visuell wahrnehmbar. Falls Bewegungen des Trommelfells oder
der Ossikel im akustisch angelegten Experiment sichtbar werden, so ist dies ein Hinweis
auf unphysiologisch große Bewegungen (bzw. auslösende Lautstärken). Bei diesen großen
Drücken oder Bewegungen kommt es zu Entkopplungen und Gleitvorgängen in den bei Übertragung
von physiologischen Lautstärken normalerweise aneinander haftenden Gelenken. Ausführlich
ist dieses Zusammenspiel der beiden unterschiedlichen Funktionsbereiche des Mittelohres,
nämlich der akustischen Übertragung und des Verhaltens bei atmosphärischen Luftdruckschwankungen,
in dem Referat 1995 abgehandelt worden [11].
Einen weiteren Fortschritt stellt der Einsatz moderner Computertechnologien für die
Erforschung der Mittelohrfunktion und zur Weiterentwicklung unserer Rekonstruktionsverfahren
dar. Das Ziel vieler Generationen von Mittelohrforschern, mittels Modellrechnungen
die Funktionen des Mittelohres besser zu verstehen, ist mit dem Einsatz von Programmen
aus der mechanischen Schwingungsanalyse, die ein Finite-Elemente-Computermodell des
schwingungsfähigen Mittelohrs erzeugen, greifbar nahe gerückt. Auf Grund der großen"
Bedeutung dieser Technik für die zukünftige Mittelohrforschung soll dieses Verfahren
in einem gesonderten Kapitel am Schluss des Referates dargestellt werden. Es wurde
mit Hilfe von Herrn M. Bornitz, Mitarbeiter am Mittelohrlabor der HNO-Universitätsklinik
Dresden, erstellt.