PiD - Psychotherapie im Dialog 2000; 001(2): 76-80
DOI: 10.1055/s-2000-16728
Forschung aus der Praxis

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

„Kann denn Liebe Sünde sein?” - Paarforschung und Paartherapie entdecken ein neues Gebiet

Astrid Riehl-Emde,  
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Publication Date:
28 August 2001 (online)

Abstract

Im Rahmen des hier beschriebenen Forschungsprojektes wurden 204 per Zufall ausgewählte Paare und 31 Paare aus laufenden Paartherapien zur Qualität und Stabilität ihrer Ehe befragt. Ein wesentliches Ziel des Projekts bestand darin, einen Fragebogen von klinischer Relevanz zu entwickeln. Der jetzt vorliegende Fragebogen erwies sich als ausreichend reliabel. Die Ergebnisse zeigen, dass beide Paargruppen sich weniger in den beobachtbaren Phänomenen unterscheiden - d.h. wie sie einzelne Beziehungsbereiche gestalten - als in der Bewertung dieser Phänomene. Die Paare in Paartherapie beschreiben sich deutlich unzufriedener mit ihrer Verbundenheit in Liebe; und die geringere Verbundenheit in Liebe geht mit einem deutlich niedrigeren Wohlbefinden für beide Partner einher.

Die Liebe ist eine bisher vernachlässigte Dimension in der Paarforschung und in der Paartherapie. Es wird dafür plädiert, auch relativ schwer fassbare Dimensionen wie die Liebe in die Hypothesenbildung einzubeziehen. Die Liebe könnte für die Qualität einer Paarbeziehung wichtiger sein als ein traditionelles Qualitätskriterium wie die Ehezufriedenheit. Darüber hinaus wird aber auch dafür plädiert, dass Paartherapeuten ihre Denk- und Handlungsspielräume im Umgang mit dem Thema Liebe erweitern, um neue Optionen in der täglichen Praxis zu gewinnen. Nicht zuletzt kann der Fragebogen als Testinstrument in der Paartherapie empfohlen werden, da er die Paare zum Nachdenken bzw. zu einer Art Standortbestimmung anregt.

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