Dtsch Med Wochenschr 2000; 125(27): 849
DOI: 10.1055/s-2000-7063
Fragen aus der Praxis
Fragen aus der Praxis
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Totgeburt bei APC-Resistenz und Colitis ulcerosa

W. Eberl
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Publikationsdatum:
31. Dezember 2000 (online)

Frage: Eine 37-jährige Patientin hatte 2 Schwangerschaften, dabei 1 Abort (12. SSW), 1 Totgeburt 41. SSW 46 cm, ˜2700 g; sie leidet an Colitis ulcerosa, die zur Zeit der Schwangerschaften in Remission war, ohne Therapie. Dauermedikation war nicht erforderlich. Zusätzlich besteht eine heterozygote Faktor-V-Leiden-Mutation. Die Entbindung des toten Kindes erfolgte nach unauffälliger Schwangerschaft per Sectio bei plötzlich silentem CTG, histologisch zeigte die Plazenta Zeichen einer Thrombangiitis obliterans. Das Kind wies keine Fehlbildungen auf, die Nabelschnur war o. k.

Stehen Totgeburt und Mangelentwicklung in Zusammenhang mit Faktor-V-Mutation? Welche Konsequenz ergibt sich für weitere Schwangerschaften?

Antwort: Die 37-jährige Patientin mit in Remission befindlicher entzündlicher Darmerkrankung und nachgewiesener Heterozygotie für die F-V-Leiden Mutation hat einen Abort in der 12. SSW und eine Totgeburt in der 41. SSW erlebt. Die gestellten Fragen berühren ein derzeit viel diskutiertes Thema, nämlich ob thrombophile Diathesen für pathologische Verläufe von Schwangerschaften ursächlich sind. Eine Reihe von Publikationen der letzten Jahre beschreibt vaskuläre Plazentakomplikationen bei verschiedenen hereditären thrombophilen Diathesen (Übersicht bei Brenner B. Thromb. Haemost. 1999; 82: 634f).

Die Patientin leidet zudem an einer Kombination aus hereditärer Thrombophilie und Autoimmunerkrankung. Eine Beziehung zwischen entzündlichen Darmerkrankungen und Veränderungen der Hämostase im Sinne einer Hyperkoagulabilität ist unstrittig. Ein vermuteter Pathomechanismus sind die wiederholt signifikant gehäuft nachgewiesenen Antiphospholipid-Antikörper bei Patienten mit M. Crohn (Chiarantini E et al. Thromb Res 1996; 82: 137f). Diese Abnormalitäten persistieren auch bei in Remission befindlicher Erkrankung, sogar postoperativ (Chiarantini E et al. Thromb Res 1997; 87: 539f). Die Autoren zeigen zudem für die Erkrankten einen signifikant erniedrigten F XIII-Spiegel auf.

Antiphospholipid-Antikörper sind mit Aborten und intrauterinem Fruchttod in Verbindung zu bringen (Übersicht bei Barbui T et al. Hämostaseologie 1997; 17: 14f), verminderte F XIII-Spiegel tragen ebenso zum Abortrisiko bei (Rodeghiero F et al. Blut 1987; 55: 45). Zur Präzisierung des Risikos für die Patientin, deren Krankheitsgeschichte hier zur Diskussion steht, sollte eine genaue Diagnostik zur Erfassung eines Antiphospholipid-Antikörpersyndroms erfolgen. Hierzu werden Cardiolipin-Antikörper der Klasse IgM und IgG bestimmt. Zusätzlich können b2-Glykoprotein-IgG-Antikörper gesucht werden. Gerinnungsteste zur Bestätigung eines Lupus-Antikoagulanz sollten eingeschlossen werden. Ein Konsensus zur Diagnostik und Klassifikation wurde jüngst publiziert (Wilson WA et al. Arthritis Rheumatism 1999; 42: 1309). Empfehlungen zur Therapie bei gegebener Diagnose sind ebenfalls in dieser Konsensus-Erklärung gegeben, sie besteht in einer antikoagulation mit einem niedermolekularen Heparin plus Acetylsalicylsäure. Sollten sich keine Antiphospholipid-Antikörper finden, ist eine Erweiterung der Diagnostik im Hinblick auf andere hereditäre thrombophile Diathesen erforderlich, da insbesondere Kombinationsdefekte sich klinisch relevant auswirken. Hier würde eine Therapie mit einem niedermolekularen Heparin sich dann anbieten.

Dr. W. Eberl
Prof. Dr. G. Grospietsch

Kinderklinik und Frauenklinik

Städtisches Klinikum Braunschweig

Celler Straße 38

38114 Braunschweig