Dtsch Med Wochenschr 2000; 125(34/35): 995
DOI: 10.1055/s-2000-7065
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

DMW Themen-Schwerpunktheft Nephrologie

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Publication Date:
31 December 2000 (online)

 

Die Lebenserwartung chronisch Nierenkranker hat sich durch die Fortschritte, die in den letzten 30 Jahren auf den Gebieten der Inneren Medizin, der Transplantationsmedizin und der Medizintechnik erreicht wurden, erheblich verbessert. Mit der steigenden Lebenserwartung und den nur begrenzten medizinischen Möglichkeiten, die Ursachen des Nierenversagens zu bekämpfen, steigt zwangsläufig die Anzahl chronisch nierenkranker Patienten an Dialyse und nach Transplantation.

Im Jahre 2000 werden über 55 000 Patienten in Deutschland mit chronischen Dialyseverfahren behandelt, über 25 000 Patienten wurden bereits transplantiert und nahezu 15 000 Patienten leben zur Zeit noch mit einem mehr oder weniger gut funktionierenden Transplantat.

Der diesjährige 31. Kongress der Gesellschaft für Nephrologie, der zusammen mit der 33. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Nephrologie unter der Leitung von W. H. Hörl und J. Mann in Wien abgehalten wird, sieht seine Schwerpunkte in Fortschritten der Transplantationsmedizin und Dialyse, in der Bedeutung der Proteinurie als Krankheitssymptom und Progressionsfaktor sowie in der Rolle der balanzierten Apoptose bei Entzündungs- und Wachstumsprozessen.

Das vorliegende Themen-Schwerpunktheft Nephrologie der Deutschen Medizinischen Wochenschrift greift die Diskussion zur Behandlung der IgA-Nephritis auf, die auch auf dem Kongress für Nephrologie als Pro & Contra Stellungnahme von den gleichen Autoren (C. Barth und J. Floege, Editorial von T. Risler und N. Braun, S. 996 bzw. 1009-1010) präsentiert wird. Die IgA-Nephritis ist die häufigste Form der chronisch progredienten Glomerulonephritiden, die im Regelfalle nur sehr langsam fortschreitet und in der Vergangenheit meist nicht therapiert wurde. Die vielfältigen Varianten dieser Erkrankung und neuere durchaus widersprüchliche Studienergebnisse haben die Diskussion über Therapieindikationen wieder aufleben lassen.

Ein therapeutisches Dilemma liegt auch bei der Beteiligung der Nieren im Rahmen einer nicht sehr häufigen Amyloidose vor. Die dominierende AL-Amyloidose tritt meist in Verbindung mit lymphoproliferativen Erkrankungen auf und limitiert meist die Lebenserwartung, obwohl viele lymphoproliferative Erkrankungen heutzutage vergleichsweise gut zu therapieren sind. Neue randomisierte Studien weisen auf begrenzte therapeutische Fortschritte hin. In der Arbeit von Hetzel et al. (S. 997) werden eigene Erfahrungen mit dem Standard der Literatur abgeglichen.

Die meisten organtransplantierten (nicht nur Nieren-) Patienten haben erheblich an Lebensqualität gewonnen und wollen ihr Leben mit allen Freiheiten auch von Fernreisen wieder genießen. Ihre kontinuierliche Immunsuppression stellt jedoch für reisemedizinische Empfehlungen und andere Impfungen auch die Fachleute vor  Probleme und ungelöste Fragen. Für diese Patientengruppe wurde durch P. Lütkes et al. in Verbindung mit H. J. Schmitt, Mitglied der STIKO, der ständigen Impfkommission am Robert Koch Institut, eine umfangreiche Empfehlung erarbeitet, die auch auf viele Patienten übertragbar ist, die aus anderen Gründen immunsupprimiert sind (S. 1011).

Kollagenosen und Vaskulitiden gehen in hohem Maße mit Nierenbeteiligungen einher. Ihre frühzeitige Diagnose kann das Schicksal vieler Patienten durch effektive Therapiemaßnahmen entscheidend beeinflussen. Lehrbeispiele hierfür sind die angeführte Kasuistik von Sessler und Mitarbeitern (S. 1003) sowie das Mediquiz von Pietruck et al. (S. 1007).

Die visionäre Zukunft der Xenotransplantation wird durch den Beitrag von G. Gubernatis und H. Kliemt (S. 1017) beleuchtet und zu Recht in die ferne Zukunft gerückt, wobei kritische Gedanken zu den möglichen gesellschaftlichen Auswirkungen dieser Entwicklung zur Reflexion anregen sollten.

Der historische Rückblick von K. Engelhardt zum 100. Todestag von Friedrich Nietzsche rundet das vorliegende Heft ab.

Privatdozent Dr. A. Kribben
Prof. Dr. Th. Philipp

Zentrum für Innere Medizin

Abt. für Nieren- und Hochdruckkrankheiten

Universitätsklinikum

Hufelandstr. 55

45 122 Essen