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DOI: 10.1055/s-2000-8028
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Veränderungen der Zervixreife und Geburtsdauer nach geburtsvorbereitender Akupunkturtherapie. Das Mannheimer Schema
Prenatal Acupuncture: Effects on Cervical Maturation and Duration of LaborPublication History
Publication Date:
31 December 2000 (online)
Zusammenfassung
Akupunkturtherapie ist in Europa unter der Geburt vorwiegend als Analgesiemethode bekannt. In der einschlägigen Literatur werden zur Geburtsvorbereitung vorwiegend Akupunkturpunkte mit psychisch ausgleichender Wirkung angegeben. Ziel der vorliegenden Studie ist die Untersuchung von morphologisch nachweisbaren Veränderungen wie Zervixlängenänderung, des Bishop-Scores und der Geburtsdauer nach Akupunkturtherapie mit spezifischen Akupunkturpunkten, die in der Literatur als geburtserleichternd beschrieben sind.
Fragestellung
Ist bei Erstgebärenden nach Akupunkturtherapie eine Veränderung hinsichtlich Geburtsdauer, Zervixbefund und Zervixlänge im Vergleich zu einer nichtbehandelten Vergleichsgruppe und einer mit als psychisch ausgleichend geltenden Akupunkturpunkten behandelten Kontrollgruppe feststellbar?
Methode
Prospektiv randomisiert wurde ab der 36. SSW in wöchentlichem Behandlungsintervall bei n = 329 Erstgebärenden mit unkompliziertem Schwangerschaftsverlauf eine Akupunkturtherapie mit den Akupunkturpunkten Ma 36, Gb 34, MP 6 und Bl 67 bis zur Entbindung durchgeführt, bei durchschnittlich 4,3 Behandlungssitzungen. Das Vergleichskollektiv umfasste n = 325 erstgebärende Frauen, die keine Akupunkturtherapie erhalten hatten und an der Klinik im Studienzeitraum entbunden wurden. Im Kontrollkollektiv wurden n = 224 Frauen beobachtet, die eine als „psychisch ausgleichend“ geltende Akupunkturtherapie erhielten. Die erhobenen Hauptparameter waren der Bishop-Score, die sonographisch ermittelte Zervixlängendifferenz nach der vierten Akupunktursitzung bzw. in der 40. SSW (in der nichtbehandelten Vergleichsgruppe), sowie die Geburtsdauer ab Beginn muttermundswirksamer Wehentätigkeit.
Ergebnisse
Nach AT betrug die mittlere Geburtsdauer 470 ± 190 Minuten. Demgegenüber war sie bei nichtbehandelten Frauen mit 594 ± 241 Minuten hochsignifikant (p < 0,0001 im t-Test) länger. In der Kontrollgruppe mit dem psychisch ausgleichenden Akupunkturschema, das als Plazebogruppe diente, wurde eine Geburtsdauer von 536 ± 200 Minuten (p < 0,002 im t-Test) ermittelt. Auch in der relativen Bishop-Score-Veränderung war nach Akupunkturtherapie mit einer Differenz von 5,9 (± 1,3) Punkten eine hochsignifikant (p < 0,0001) stärkere Reifung der Zervix als in der Kontrollgruppe mit 4,0 (± 0,9) und in der nicht akupunktierten Vergleichsgruppe mit 3,6 (±1,0) Punkten zu verzeichnen. Dementsprechend unterscheidet sich die sonographisch ermittelte Zervixlängenveränderung zwischen den drei Gruppen signifikant. In der Studiengruppe betrug sie im Mittel 15,9 mm (± 4,8), in der Kontrollgruppe 9,8 mm (± 3,4) und in der nichtbehandelten Vergleichsgruppe 8,9 mm (± 3,3). Darüber hinaus führt die morphologische Akupunkturtherapie hochsignifikant häufiger zu einer zuvor nicht nachweisbaren Trichterbildung im Bereich des Os internum, welche als Zeichen eines deutlich begünstigt abgelaufenen Reifungsprozesses gewertet werden kann.
Schlussfolgerung
Die Geburtsdauer stellt eine multifaktoriell beeinflusste Größe dar. Die hier vorliegenden Ergebnisse, insbesondere die sonographisch ermittelte Zervixlängenveränderung sowie die nachweisbare Trichterbildung zeigen aber einen deutlichen, erstmals nachgewiesenen, morphologischen Effekt der Akupunkturtherapie im Sinne einer geburtsvorbereitenden Reifungsbeschleunigung an der Zervix. Ferner konnte eine wesentlich günstigere Wehenkoordination im Geburtsverlauf nach geburtsvorbereitender Akupunkturtherapie beobachtet werden, die zusammen mit den Wirkungen der Zervixreifung zur Verkürzung der Eröffnungsperiode und somit zu einer nachweisbaren Verkürzung der gesamten Geburtsdauer führt. Die Akupunkturtherapie sollte als risikolose, additive, von den Schwangeren sehr gut angenommene und nachweislich effiziente geburtsvorbereitende Methode allen Frauen bei ansonsten unkompliziertem Schwangerschaftsverlauf empfohlen werden.
Summary
Objective
In Europe, acupuncture is used primarily for analgesia during birth. However, acupuncture points with an emotionally balancing effect have been postulated to have a beneficial effect during prenatal preparation. We studied morphologic features and the duration of labor after acupuncture of acupoints specified for prenatal preparation.
Methods
329 primiparas with uncomplicated pregnancies of 36 weeks' duration or longer underwent acupuncture of the points Ma 36, Gb 34, MP 6 and BI 67 at weekly intervals until delivery (mean 4.3 sessions per subject). They were compared with 325 primiparas who did not undergo acupuncture and delivered at our institution during the study period and 224 women who underwent nonspecific acupuncture. The Bishop score, the length of the cervix (as measured by ultrasonography), and the duration of labor were recorded.
Results
The mean duration of labor in the patients receiving specific acupuncture, nonspecific acupuncture and no acupuncture was 470 ± 190, 536 ± 200, and 594 ± 241 min., respectively (p < 0.002, t-test). Cervical maturation was more pronounced in the treatment group (relative Bisop score change 5.9 ± 1.3, 4.0 ± 0.9, and 3.6 ± 1.0 points, respectively; p < 0.0001). Accordingly, the cervical length change differed significantly among the groups (15.9 ± 4.8, 9.8 ± 3.4, and 8.9 ± 3.3 mm, respectively). Specific acupuncture also was associated with a significant increase in the rate of de novo funneling at the level of the internal os.
Conclusions
These results show that specific prenatal acupuncture can cause morphologic changes at the cervix prior to delivery. Uterine contractions appeared to be better coordinated in women who had received specific acupuncture, leading to more efficient and shorter labor. This suggests that specific prenatal acupuncture should be considered for women with uncomplicated pregnancies as they approach term.
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M. Weigel
Klinikum Mannheim Universitätsfrauenklinik
Theodor-Kutzer-Ufer
68167 Mannheim