Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2001; 36(1): 1
DOI: 10.1055/s-2001-10243
EDITORIAL
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

2001 - das Jahr der Herausforderungen und Abkürzungen!

G. Hempelmann, C. Krier, J. Schulte am Esch
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Publication Date:
31 December 2001 (online)

DRG’s, CME, LLL, PBL, EuGH und BSE - die Herausforderungen im ersten Jahr des neuen Jahrhunderts scheinen sich passend in wenigen Abkürzungen charakterisieren zu lassen.

Auf das Gesundheitswesen im Allgemeinen und die Krankenhäuser im Speziellen kommen eine Reihe von nicht ganz einfachen Aufgaben in diesem und den nächsten Jahren zu. Unser Fachgebiet wird von diesen Entwicklungen nicht verschont bleiben - die Anästhesie wird sich diesen Herausforderungen offen stellen und nach Lösungen suchen müssen. Dass Lösungen nicht allein aus einem einzelnen Fachgebiet heraus gefunden werden können, versteht sich für die Anästhesie - einem klassischen Querschnittsfach - von selbst. Das Denken in vernetzten Strukturen ist unserem Fach nicht fremd, und Kooperation mit anderen Fächern hat seit jeher grundsätzlich immer im Vordergrund gestanden, wenn dies auch im Einzelfall manchmal mühsam zu verwirklichen war. Diese Tatsache lässt die Anästhesie für die Aufgaben der Zukunft als gut gerüstet erscheinen, denn die DRG’s (Diagnosis Related Groups) - ein völlig veränderte Entgeltsystem - wird die Abteilungen und Kliniken eines Krankenhauses zusammenschmieden, ob sie es wollen oder nicht. Bezüglich eines weiteren Zusammenwachsens der Interessen der operativen Fächer mit den Interessen der Anästhesie und eines wachsenden Willens beider Seiten zur verstärkten Kooperation gibt es Anlass für Optimismus. In vielen persönlichen Äußerungen der Vertreter chirurgischer Disziplinen und der Anästhesie werden Gemeinsamkeiten wesentlich deutlicher als etwaige unterschiedlichen Interessen betont. Dies betrifft sowohl die Anästhesie im Operationssaal, als auch die Intensivmedizin, die Notfallmedizin und die Schmerztherapie.

Lebenslanges Lernen (LLL) und Continuing Medical Education (CME) werden in den nächsten Jahren einen weiteren Schwerpunkt bilden. Hier sind neben den Universitäten, die sich um die Optimierung des Medizinstudiums zu kümmern haben werden, auch die Verlage und Zeitschriften in der Pflicht, um ihren Beitrag in der Fort-und Weiterbildung zu leisten. Nachdem der 102. Deutsche Ärztetag in Jahr 1999 die Einführung eines freiwilligen Fortbildungsnachweises beschlossen hatte, haben sich eine Reihe von Fortbildungs-Akademien, Wissenschaftlichen Gesellschaften und Wissenschaftlichen Zeitschriften mit der Thematik befasst und Umsetzungslösungen erarbeitet. Ein Katalog mit unterschiedlicher Punktezuweisung ist entstanden: CME-Punkte werden für den Besuch von Veranstaltungen, Kongressen und Tagungen, Refresherkurse, für Hospitationen, Unterrichts- und Lehrtätigkeit, Publikationen sowie Literaturstudium vergeben. Die Vergabe der Punkte und der Zertifikate ist in Deutschland bisher noch nicht einheitlich geregelt; auch haben sich noch nicht alle Landesärztekammern auf ein System geeinigt. Die nächsten Jahre werden hier zu einer Harmonisierung der Continuing Medical Education führen, spätestens dann, wenn Haftpflichtversicherer und Krankenkassen dieses Thema mittels Bonus/Malus-Systemen forcieren.

AINS wird dem allgemeinen Trend folgend ihren Lesern die Möglichkeit des CME-Punkte-Erwerbs durch Eigenstudium anbieten. Das Fort-und Weiterbildungskonzept von AINS, das bereits im Jahr 1996 durch eine strukturierte Rubrik Facharztweiterbildung inauguriert wurde (ergänzt durch Übersichtsarbeiten und Mini-Symposien) wird in diesem Jahrgang erweitert und erneuert. Durch ein System von multiple-choice-Fragen, deren Antworten per Post, Fax, E-mail oder direkt im Internet an den Verlag geschickt werden können, wird der Erwerb von CME-Punkten möglich sein. Dabei sind sich die Herausgeber bewusst, dass das System der multiple-choice-Fragen keineswegs einen Königsweg in der CME darstellt. Lernen nach dem multiple-choice-System ist einer immer stärkeren Kritik unterworfen, da man heute weiß, dass der Wissenstransfer mittels multiple-choice-orientiertem Lernen alles andere als ideal ist und anderen Formen der Wissensaneignung, insbesondere dem in kleinen Gruppen praktizierten problem-orientierten Wissenserwerb (PBL, problem-based-learning), weit unterlegen ist. In den USA, wo man mit dem CME-System bereits seit vielen Jahren Erfahrung hat, mehren sich die kritischen Stimmen über die simple Anhäufung von Punkten. Der tatsächliche Rücklauf der Multiple-Choice-Bögen wird uns zeigen, wie gut diese Methode bei unseren Lesern angenommen wird. Der Verlag und die Herausgeber werden alles tun, um die Kommunikation zwischen den Teilnehmern an dieser CME-Massnahme und AINS so bequem wie möglich zu gestalten.

EuGH - das in 2000 ergangene Urteil des Europäischen Gerichtshofes, das den Bereitschaftsdienst zur vollen Arbeitszeit gemacht hat und die Ärzte zu Schichtarbeitern im üblichen Sinne - wird auch für die Anästhesieabteilungen und Kliniken große Umstellungen erfordern, falls das für spanische Ärzte ergangene Urteil für Europa und Deutschland relevant werden sollte. Die Auswirkungen sind noch nicht zu übersehen, würden aber in jedem Fall gravierend sein und ein erhebliches Umdenken in den organisatorischen Abläufen der operativen Bereiche bedeuten.

Schlussendlich wird auch die BSE-Diskussion nicht ganz an der Anästhesie vorbeigehen - welche Maßnahmen sind bei Patienten mit Prionen-Erkrankungen zu ergreifen? In diesem und dem nächsten Heft beschäftigt sich AINS mit dieser aktuellen Problematik.

Die in diesem Editorial nur kursorisch angerissenen Themen werden das Jahr 2001 also auf keinen Fall langweilig werden lassen. Unser Fachgebiet steht wie andere Disziplinen auch und das gesamte Krankenhaus vor grossen Herausforderungen. Sie sollten aktiv angepackt werden; zusammen mit unseren Partnerdisziplinen sollten praktikable Lösungen erarbeitet und umgesetzt werden. AINS wird seinen Part durch Verstärkung und Erneuerung seines seit Jahren bestehenden Fort-und Weiterbildungskonzeptes auf hohem Niveau und durch das Aufgreifen der aktuellen Fragen unseres Fachgebietes beitragen.

Verlag und Herausgeber wünschen allen Lesern ein erfolgreiches und friedliches neues Jahr!

G. Hempelmann, C. Krier, J. Schulte am Esch