Geburtshilfe Frauenheilkd 2001; 61(2): 75-78
DOI: 10.1055/s-2001-11165
Originalarbeit

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Komplementäre Maßnahmen bei Patientinnen mit gynäkologischen Malignomen unter Chemo- und Hormontherapie - Bestandsaufnahme und kritische Überlegungen für die Praxis

Complementary Measures Used by Patients With Gynecologic Cancers Undergoing Cytotoxic or Hormonal ChemotherapyE. Petru, P. Schmied, C. Petru
  • Geburtshilflich-gynäkologische Universitätsklinik Graz und Beratungsstelle der Österreichischen Krebshilfe Graz
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. Dezember 2001 (online)

Preview

Zusammenfassung

Fragestellung

Die vorliegende Arbeit hatte zum Ziel, die Prävalenz komplementärer Maßnahmen bei gynäkologischen Tumorpatientinnen im Grazer Einzugsgebiet zu ermitteln und kritisch zu beurteilen.

Methoden

215 unselektierte Patientinnen, die wegen gynäkologischer Malignome an der Grazer Frauenklinik einer Chemotherapie und/oder antihormonellen Therapie unterzogen wurden, wurden hinsichtlich komplementärer Maßnahmen befragt.

Ergebnisse

49 % der Patientinnen gaben an, komplementäre „Therapieformen“ anzuwenden. Fast ein Drittel der Patientinnen führte mindestens 3 verschiedene komplementäre Maßnahmen durch. Die meisten Patientinnen setzten Kombinationspräparate aus roter Bete, Enzymen, Eisen, Alkohol und Vitamin C ein. Eine Vitaminsubstitution in Form von Kapseln oder Dragees sollte u. a. hinterfragt werden, da die Bioverfügbarkeit verschiedener Vitamine sehr von einer begleitenden Aufnahme pflanzlicher Substanzen abhängig ist. Pflanzliche Nahrung weist im Gegensatz zu Vitaminkapseln allein zudem einen positiven Effekt auf die Darmmotilität auf. Die Einnahme verschiedener Enzympräparate kann auch mit erheblichen gastrointestinalen Nebenwirkungen vergesellschaftet sein. Komplikationen einer Misteltherapie können zur Verzögerung einer „Standard-Chemotherapie“ führen. Komplementäre Maßnahmen können teilweise auch positiv bewertet werden, wenn man günstige psychologische Effekte, die Selensubstitution oder das Trinken ausreichender Flüssigkeitsmengen durch Anwendung verschiedener Teesorten berücksichtigt.

Schlussfolgerung

Um gegenüber Patienten das Risiko-Nutzen-Verhältnis komplementärer Maßnahmen kompetent darstellen zu können, ist es unabdinglich, über ausreichende Kenntnisse in diesem Bereich zu verfügen. Wie auch bei allen anderen Medikamenten für den Gebrauch beim Menschen, ist für alternative „Therapien“ neben deren Wirksamkeitsnachweis in jedem Fall deren Unbedenklichkeit und hohe pharmazeutische Qualität zu fordern.

Summary

Objective

We aimed at assessing the use of complementary modalities by patients with gynecologic cancers.

Methods

A total of 215 unselected patients undergoing cytotoxic or hormonal chemotherapy for gynecologic malignancies were interviewed regarding their use of complementary or alternative treatments.

Results

A total of 49 % of the interviewed patients used one or more complementary methods and almost a third used three or more. Combined formulations included beetroot, enzymes, iron, alcohol and ascorbic acid most commonly. The use of vitamin capsules appears questionable because the bioavailability of several vitamins depends on the concomitant intake of fruits and vegetables. In contrast to vitamin capsules alone, fruits and vegetables have favorable effects on bowel motility. Several enzymes can cause gastrointestinal side effects. Complications of mistletoe injections include a delay of planned standard therapy. On the other hand, complementary measures may be beneficial for selected patients. Positive psychologic effects, selenium supplementation or increased fluid intake may be beneficial.

Conclusion

A working knowledge of complementary measures is important to be able to discuss risks and benefits with patients. Alternative therapies should meet the standards required of other treatments, i.e., they should be effective, safe and of high pharmacologic quality.

Literatur

Univ. Prof. Dr. Edgar Petru

Univ. Frauenklinik Graz

Auenbruggerplatz 14

8036 Graz

Österreich

eMail: E-mail: edgar.petru@kfunigraz.ac.at