Dtsch Med Wochenschr 2001; 126(17): 512
DOI: 10.1055/s-2001-13055-2
Leserbriefe
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Erwiderung

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Publication Date:
28 April 2004 (online)

Die endotracheale Intubation ist ein etabliertes Verfahren, das im Notfall oder elektiv eingesetzt wird. Die Indikationen sind, grob umrissen:

primäre kardiopulmonale Insuffizienz Aufrechterhalten eines suffizienten Gasaustausches bei Polytrauma, Sepsis und Schock neurologische Erkrankungen mit Ateminsuffizienz (traumatisch und atraumatisch) Sicherung der Atemwege bei drohender Aspiration, nach Inhalationstraumen, Blutungen und/oder Ödemen im Bereich der Halsweichteile etc. zur Hyperventilation bei Hirndruck im Rahmen der Allgemeinanästhesie 3.

Zur Erhebung des Glascow Coma Scores (GCS) wird der Zustand beim normotensiven, ausreichend oxygenierten und medikamentös unbehandelten Patient zugrunde gelegt. Der GCS dient zur Beurteilung der Bewusstseinslage, lässt aber keine Aussage zum Verletzungsmuster oder der Art der vorliegenden Erkrankung zu und ist somit als einziges Kriterium zur Intubation ungeeignet [4].

In dem beschriebenem Kasus [2] wurde ein tief komatöser Patient (GCS 3) mit stabiler Herz-Kreislaufsituation und suffizienter Atmung vorgefunden. Eine laryngoskopische Einstellung ohne vorherige Narkose mit Relaxierung war wegen eines Kieferspasmus unmöglich. Es konnte davon ausgegangen werden, dass der Patient nicht nüchtern war. Eine präklinische Narkoseeinleitung unter diesen Umständen ist zwingend mit einer Ateminsuffizienz und anschließenden sog. »schwierigen Intubation« verbunden. Als Hauptrisiken resultieren Hypoxie mit zerebraler Schädigung, Aspiration mit Mendelson-Syndrom sowie traumatische Intubation. Als Alternative hätte sich die nasale endotracheale Intubation angeboten. Auch diese geht mit einem enorm hohen Risiko einer Aspiration einher, insbesondere bei fehlender Absaugmöglichkeit über den oralen Weg [1].

Trotz Leitlinien und Algorithmen in der Notfallmedizin hat der Notarzt seine Entscheidung individuell und nach Abwägen aller Risiken in der Behandlung zu treffen [5]. Die Entscheidung, den spontan atmenden Patienten nicht zu intubieren, kann diskutiert, jedoch keinesfalls als falsch eingestuft werden.

In unserer Klinik indizierten wir nach der Befunderhebung die endotracheale Intubation zur Sicherung der Atemwege und als Aspirationsschutz vor Magenspülung. Das Narkoserisiko wurde auf der personell und apparativ gut ausgestatten Intensivstation allein schon durch den elektiven Charakter des Eingriffs wesentlich reduziert. Nach erfolgreicher Durchführung mit weitgehender Entleerung des oberen Intestinums wurde bei fehlender Indikation zur maschinellen Beatmung eine Spontanatmung und bei stabiler Atmung und Kreislaufverhältnissen die anschließende Extubation angestrebt. Dieses Vorgehen entspricht dem allgemeingültigen anästhesiologischen Standard und dem Konsens unserer internistisch-anästhesiologisch geführten interdisziplinären Intensivstation. Eine Dauerbeatmung geht wiederum mit zahlreichen schweren Risiken für den Patienten einher (Pneumonie, Traumatisierung, unerwünschte Arzneimittelwirkungen etc.) [3] und ist deshalb ohne handfeste Indikation abzulehnen.

Literatur

  • 1 Giering H, Mehl K M, Heilberger P. Die schwierige Intubation unter präklinischen Notfallbedingungen.  Der Notarzt. 1995;  11 83-89
  • 2 Hohn H, Schoenemann J. Cholinerges Syndrom mit Bewusstlosigkeit bei Fliegenpilzvergiftung.  Dtsch Med Wschr. 2000;  125 1366-1368
  • 3 Lawin P. Praxis der Intensivbehandlung. 6. Auflage 1994
  • 4 Marion D W. The Glasgow Coma Scale Score: Contemporary Application.  Intensive Care World. 1995;  3 11
  • 5 Sefrin P. Leitlinien und Algorithmen in der Notfallmedizin.  Der Notarzt. 1995;  14 1-3

Dr. med. Horst Hohn

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