Pneumologie 2001; 55(7): 357-359
DOI: 10.1055/s-2001-15612
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Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Isolierter Lungenrundherdund Positronen-Emissions-Tomographie (PET) mit F18-Fluordesoxyglukose (FDG)

Isolated Cavitary Pulmonary Nodule and Positron Emission Tomography (PET) with F18 Fluorodesoxyglucose (FDG)D. Ukena1 , D. Hellwig2
  • 1Medizinische Universitätsklinik, Innere Medizin V
  • 2Radiologische Universitätklinik, Abt. Nuklearmedizin, Homburg
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. Dezember 2001 (online)

Bei einem isolierten Lungenrundherd („solitary pulmonary nodule”, SPN) handelt es sich definitionsgemäß um eine im Parenchym gelegene umschriebene Verschattung von weniger als 3 cm Durchmesser [1]. Der SPN wird häufig als Zufallsbefund auf Röntgen-Aufnahmen von Patienten gefunden, welche typischerweise keine im Zusammenhang mit dem Rundherd stehenden Symptome zeigen. Die Prävalenz maligner Veränderungen in SPNs beträgt ca. 20 - 50 % [2] [3]. Als Kriterium der Benignität werden die intranoduläre Kalzifikation und die fehlende Größenzunahme über eine Zeitraum von 2 Jahren angesehen [2]. Als oberstes Gebot gilt die chirurgische Resektion, sofern der gutartige Charakter der Veränderung nicht zweifelsfrei nachgewiesen wurde [2]. Das zweitwichtigste Gebot lautet, unnötige Thorakotomien wegen benigner Veränderungen zu vermeiden [2].

Vor diesem Hintergrund erfolgt die Diskussion über den Stellenwert der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) in der Rundherddiagnostik (Abb. [1]).

PET mit dem Zuckerstoffwechselmarker Fluor-Desoxglukose (FDG) ermöglicht eine funktionelle Gewebscharakterisierung. Aufgrund ihrer erhöhten aeroben und anaeroben Glykolyse können damit Malignome in vivo dargestellt werden. Unbestritten ist, dass FDG-PET mittlerweise einen hohen Stellenwert in der onkologischen Diagnostik, u. a. auch des Bronchialkarzinoms, erlangt hat [4]. Methodenimmanente Limitationen der PET-Diagnostik sind in Tab. [1] dargestellt. Falsch positive PET-Befunde können durch insbesondere granulomatöse Entzündungen, eher selten durch benigne Tumoren bedingt sein.

Im Rahmen der SPN-Diagnostik mit FDG-PET sind drei Aspekte von Bedeutung:

Dignitätsbeurteilung des SPN Evaluation des hilären und mediastinalen Lymphknotenstatus (N1, N2/3) Evaluation des M-Status (Metastasierung)

Anlässlich der nationalen PET-Konsensus-Konferenz 2000 wurden für die Dignitätsbeurteilung pulmonaler Raumforderungen 15 Arbeiten (bis inkl. Jahr 1999) mit jeweils mindestens 35 Fällen (insgesamt 1144 Fälle) ausgewertet [5]. Daraus ergaben sich die folgenden kumulativen statistischen Testparameter: Sensitivität 96 %, Spezifität 80 %, diagnostische Genauigkeit (accuracy) 91 % [5]. Vergleichbare Ergebnisse ergaben sich aus der aktuellen Meta-Analyse, in der Literaturdaten (bis September 2000) von 1474 Patienten erfasst wurden. Die Sensitivität betrug 96,8 % bei einer Spezifität von 77,8 % [6]. Hinsichtlich der diagnostischen Genauigkeit existierte kein signifikanter Unterschied für pulmonale Läsionen unterschiedlicher Größe (mass lesions) und für pulmonale Rundherde (pulmonary nodules). Für letztere betrug die mitlere Sensitivität der PET 93,9 % bei einer mittleren Spezifität von 85,8 % [6].

Ein erheblicher Vorteil der PET besteht in der Möglichkeit der gleichzeitigen Beurteilung des mediastinalen Lymphknotenstatus. Diesbezüglich ist unbestritten, dass FDG-PET in jeder bisher durchgeführten Untersuchung der CT-Diagnostik eindeutig überlegen ist. Im Rahmen der PET-Konsensus Konferenz 2000 ergab die Auswertung von 20 Arbeiten mit 1292 Fällen die folgenden kumulativen Werte der statistischen Testparameter: Sensitivität 88 %, Spezifität 92 %, Genauigkeit 91 %, positiver prädiktiver Wert (PPV) 85 %, negativer prädiktiver Wert (NPV) 94 % [5]. In einer kürzlich publizierten Meta-Analyse wurden für die PET 14 Studien mit 514 Patienten und für die CT 29 Studien mit 2226 Patienten ausgewertet [7]. Die Überlegenheit der PET gegenüber der CT wurde bestätigt. Die Odds Ratios betrugen 1,79 (1,49 - 2,09, 95 % Konfidenzintervall) für CT und 3,77 (2,77 - 4,77) für PET (p < 0,001) [7].

Insbesondere bei der Beurteilung kleiner bzw. normalgroßer Lymphknoten liefert PET wichtige Informationen. So wurde eine PET-Genauigkeit von 92 % bei tumorbefallenen Lymphknoten von < 1 cm Größe beschrieben [8]. Lymphknoten dieser Größe werden in der CT üblicherweise nicht als malignitätsverdächtig beschrieben. In einer anderen Untersuchung von Patienten mit NSCLC (non-small cell lung cancer; nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom) im präsumptiven Stadium I betrug der negative prädiktive Wert der PET für einen N1-Befall 97 %. Daraus wurde gefolgert, dass ein negativer PET-Befund bei diesem klinischen Tumorstadium die direkte Thorakotomie unter Verzicht auf eine vorherige chirurgische Lymphknotenexploration impliziert [9]. Weiterhin führte in einer Studie mit NSCLC-Patienten die PET-Untersuchung dazu, dass bei 7/18 (39 %) der Patienten im präsumptiven Stadium I und bei 5/7 (71 %) der Patienten im präsumptiven Stadium II eine prätherapeutische Änderung der mit den konventionellen bildgebenden Verfahren durchgeführten Stadieneinteilung notwendig wurde [10]. Insgesamt änderte die PET-Untersuchung das Management bei 70/105 (67 %) der Patienten mit NSCLC [10].

Dieser Aspekt weist auf eine weitere wichtige Indikation der PET, insbesondere auch bei einem SPN, hin. Die PET ist in der Lage, in einem signifikanten Teil der Patienten zuvor nicht vermutete extrathorakale Fernmetastasen („unsuspected extrathoracic metastases”) zu detektieren und damit die Stadieneinteilung mit konsekutiver Änderung des therapeutischen Vorgehens zu ändern [11]. In der PET-Auswertung für die Konsensus-Konferenz 2000 wurden unerwartete Fernmetastasen bei 68/651 (11,8 %) der Patienten gefunden [5].

Basierend auf den dargestellten drei Gesichtspunkten der PET-Diagnostik des SPN - Dignitätsbeurteilung und Evaluation von N- und M-Status - ergeben sich die in Tab. [2] dargestellten möglichen Auswirkungen auf das Managment. Bewusst ausgeklammert aus dieser Darstellung werden die Überlegungen oder Berechnungen zur Kosten-Nutzen-Relation der PET-Diagnostik, bei denen sinnvollerweise die nationalen Besonderheiten des Gesundheitssystem berücksichtigt werden müssen [2] [12] [13] [14] [15].

Es ist unbestreitbar, dass die PET keine 100 %ige Sicherheit bzgl. des Malignomausschlusses bei einem isolierten Lungenrundherd bietet. Im Zweifelsfall besteht unverändert die Indikation zur diagnostischen Thorakotomie. PET kann jedoch dazu beitragen, unnötige Thorakotomien zu vermeiden und die Qualität der Stadieneinteilung eines NSCLC entscheidend zu verbessern.

Tab. 1FDG-PET-Diagnostik: Gründe für falschnegative und falschpositive Ergebnisse (Auswahl) falschnegativ: falschpositiv: -Tumoren ≤ 1 cm (Nachweisgrenze ca. 6 - 7 mm)-hochdifferenzierte Karzinome (z. B. muzinöses Adeno-karzinom, selten: Bronchioloalveolarzellkarzinom)-diabetische Stoffwechsellage (z. B. Nüchtern-Blutzucker> 200 mg/dl)-Lungenrundherde bei gleichzeitigen silikotischenLungenveränderungen-„Graubereich” der Interpretation bei Veränderungenmit SUVs um 3 - Sarkoidose- bakterielle Pneumonie- Tuberkulose- Mykobakteriose- Aspergillose- Chondrohamartom- Anthrakosilikose- entzündlicher Pseudotumor

Tab. 2SPN-Diagnostik mit FDG-PET: potenzielle Vorteile -weniger „unnötige” Thorakotomien (= nicht-indizierte Eingriffeaufgrund benigner Gewebsveränderungen oder wegenunerwarteter extrathorakaler Metastasen)-bessere Patientenselektion zum invasiven Lymphknoten-Staging(z. B. Mediastinoskopie)-bessere Patientenselektion für chirurgische Resektionen-genaueres Tumorstaging

Abb. 1Darstellung eines isolierten Lungenrundherdes in der CT und in der PET.

Literatur

  • 1 American Thoracic Society/European Respiratory Society . Pretreatment evaluation of non-small-cell lung cancer.  Am J Respir Crit Care Med. 1997;  156 320-332
  • 2 Gould M K, Lillington G A. Strategy and cost in investigating solitary pulmonary nodules.  Thorax. 1998;  53 (Suppl 2) S32-S37
  • 3 Hoffmann H, Dienemann H. Der pulmonale Rundherd. Prinzipien der Diagnostik.  Dt Ärztebl. 2000;  97 A-1065-1071
  • 4 Coleman R E. PET in lung cancer.  J Nucl Med. 1999;  40 814-820
  • 5 Hellwig D, Ukena D, Paulsen F, Bamberg M, Kirsch C M. Metaanalyse zum Stellenwert der Positronen-Emissions-Tomographie mit F-18-Fluorodesoxyglukose (FDG-PET) bei Lungentumoren. Diskussionsbasis der deutschen Konsensus-Konferenz Onko PET 2000. Pneumologie, zur Veröffentlichung eingereicht 2001
  • 6 Gould M K, Maclean C C, Kuschner W G, Rydzak C E, Owens D K. Accuracy of positron emission tomography for diagnosis of pulmonary nodules and mass lesions.  JAMA. 2001;  285 914-924
  • 7 Dwamena B A, Sonnad S S, Angobaldo J O, Wahl R L. Metastases from non-small cell lung cancer: Mediastinal staging in the 1990s - meta-analytic comparison of PET and CT.  Radiology. 1999;  213 530-536
  • 8 Gupta N C, Graeber G M, Bishop H A. Comparative efficacy of positron emission tomography with fluorodeoxyglucose in evaluation of small (< 1 cm), intermediate (1 to 3 cm) and large (> 3 cm) lymph node lesions.  Chest. 2000;  117 773-778
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  • 10 Kalff V, Hicks R J, MacManus M P. et al . Clinical impact of 18F Fluorodeoxyglucose positron emisssion tomography in patients with non-small cell lung cancer: A prospective study.  J Clin Oncol. 2001;  19 111-118
  • 11 Tucker R, Coel M, Ko J, Morris P, Druger G, McGuigan P. Impact of fluorine-18 fluorodeoxyglucose positron emission tomography on patient management: First year's experience in a clinical center.  J Clin Oncol. 2001;  19 2504-2508
  • 12 Gambhir S S, Shepherd J E, Shah B D. et al . Analytical decision model for the cost-effective management of solitary pulmonary nodules.  J Clin Oncol. 1998;  16 2113-2125
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  • 14 Kosuda S, Ichihara K, Watanabe M. et al . Decision-tree sensitivity analysis for cost-effectiveness of chest 2-fluoro-2-D[18]fluorodeoxyglucose positron emission tomography in patients with pulmonary nodules (non-small cell lung carcinoma) in Japan.  Chest. 2000;  117 346-353
  • 15 Dietlein M, Weber K, Gandjour A. et al . Cost-effectiveness of FDG-PET for the management of solitary pulmonary nodules: a decision analysis based on cost reimbursement in Germany.  Eur J Nucl Med. 2000;  27 1441-1456

Prof. Dr. med. D. Ukena

Medizinische Universitätsklinik
Innere Medizin V

66421 Homburg

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