Dtsch Med Wochenschr 2001; 126(28/29): 830
DOI: 10.1055/s-2001-15699
Fragen aus der Praxis
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Argon-Beamer bei der Polypentherapie

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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Frage: Welche Wertigkeit hat der Argon-Beamer bei der Behandlung kleiner Polypen im Colon?

Antwort: Das Problem des »kleinen« Polypen beginnt schon bei der Definition. Viele Autoren legen einen Durchmesser von 10 mm als Grenze zwischen »klein« und »mittelgroß« fest. In jüngerer Zeit hat sich diese Grenze, vor allem aufgrund ausführlicher histopathologischer Studien mit der Evaluation der Dysplasiehäufigkeit auf 5 mm verschoben. Kleine Polypen sind also solche mit weniger als 5 mm Durchmesser und können aus onkologischer Sicht nach Maßgabe der meisten nationalen und internationalen Leitlinien zur Polypektomie belassen werden. [5]

Diese Festlegung berücksichtigt auch Praktikabilitätskriterien; grundsätzlich sollten alle Colonpolypen einer histologischen Diagnose zugeführt werden. Auch kleine Adenome können schon - wenn auch selten - dysplastische Veränderungen aufweisen.

Eine besondere Schwierigkeit ergibt sich für kleine Polypen durch die neue Entität des HNPCC (Hereditäres nicht polypöses Colon Carcinom)-Syndroms; diese Läsionen sind im Einzelfall nicht immer von einem kleinen flachen adenomatösen Polypen morphologisch zu unterscheiden. Inwieweit hier chromoendoskopische Methoden weitere Differenzierungen erlauben, ist noch unklar.

Während also grundsätzlich größere Polypen (>5 mm Ø) komplett abgetragen werden und damit auch eine Prophylaxe zum Tragen kommt, gibt es für den ‘‘kleinen« Polypen die Alternativen:

In situ belassen: Hier besteht analog den Vorstellungen der Adenom - Karzinomsequenz die Gefahr des weiteren Wachstums, der Dysplasie und Entartung und die Notwendigkeit engmaschiger Kontrollen. Die Abtragung durch Zangenbiopsie: Dem Vorteil, ein histologisches Ergebnis zu erhalten, steht das sehr zeitraubende Vorgehen bei multiplen Läsionen entgegen, zudem kann die Vollständigkeit der Abtragung während und nach dem Biopsievorgang meist nicht sicher beurteilt werden. Die Destruktion: Dem klaren Nachteil, kein histologisches Präparat zu erhalten, steht der Vorteil gegenüber, dass man auch multiple und großflächige kleine Polypen sehr effektiv angehen kann. Bei der Verwendung des Nd: YAG-Lasers oder der konventionellen Hochfrequenzchirurgie-Verfahren (monopolare, bipolare und EHT-Koagulation) ist allerdings das Perforationsrisiko zu beachten, das insbesondere bei der so genannten »hot biopsy« besonders hoch zu sein scheint.

Vor der Thermodestruktion multipler Polypenknospen oder ausgedehnter Polypenrasen bzw. von Adenomresten oder Adenomrezidiven müssen in jedem Falle repräsentative Anteile gewonnen und histologisch untersucht werden. Ebenso ist ein entsprechendes follow-up zu gewährleisten, das sich nach Ausdehnung und Art des Befundes, dem Therapieerfolg sowie nach der jeweiligen Histologie richtet.

Unter den endoskopischen Techniken zur Devitalisation pathologischer Gewebe gewinnt die Argonplasmakoagulation (APC) zunehmend an Bedeutung [4] . Als alternatives hochfrequenzchirurgisches Verfahren erlaubt es eine kontaktfreie thermische Devitalisation, Koagulation und Desikkation, wobei im Gegensatz zu den schon oben erwähnten Konkurrenzverfahren eine homogene Devitalisationszone mit kontrollierbarer Eindringtiefe entsteht. Dies wird durch das der APC zugrunde liegende physikalische Prinzip erklärt nämlich die Entstehung eines Plasmas zwischen Sondenspitze und Gewebeoberfläche. Dieser Vorgang ist entscheidend für die Sicherheit und Effektivität dieser Methode. Für die hier zur Diskussion stehende Indikation ist die APC wegen ihres kontaktlosen Distanzverfahrens und der kontrollierten Eindringtiefe sicherlich eine gut geeignete Technik. Bei korrekten Applikationsparametern (Oesophagus und Magen 60 - 80 W, Duodenum 50 - 70 W, Colon 40 - 60 W, jeweils 0,1 - 0,5 (!) sec Einzelschussdauer) ist die Anwendung sehr sicher [2] [3]. In dubio - z. B. bei einem größeren Beet im Cökalpol - kann eine vorherige submucöse Unterspritzung (wir empfehlen eine Adrenalin-Kochsalzlösung 1 : 105) die Durchführung erleichtern und die Sicherheit weiter erhöhen.

Die Ergebnisse der Literatur für die hier diskutierten Indikationen sind recht einheitlich mit Erfolgsraten von 80 - 95 %, einer Rate von leichten Komplikationen (Distension, Brennen, Darmwandemphysem etc.) von 0,5 - 3 - 15 %, schweren Komplikationen von 0 - 1 % und einer Letalität von 0 %. Über Rezidive wird im Laufe unterschiedlich langer follow-up Zeiten bei 5 - 16 % berichtet; dabei handelte es sich durchwegs um Adenome ohne Dysplasien die erneut entsprechend therapiert werden können [4] [5].

Zusammenfassend stellt die APC für die Destruktionstherapie kleiner Polypen im Colon eine effektive und sichere Therapie unter den derzeitigen endoskopischen Verfahren dar. Die erwähnten grundsätzlichen Gesichtspunkte bezüglich der histologischen Sicherung und im Speziellen eine korrekte Applikationstechnik mit entsprechenden Parametern sind allerdings strikt zu beachten.

Literatur

  • 1 Beveridge I G, Swain D JW, Saunders B P. et al .Evaluation of argon plasma coagulation for the fulguration of rectal polyps in familial adenomatous polyposis. Digestive Disease Week, Orlando, Florida Abstract A809 1999
  • 2 Grund K E, Zindel C, Farin G. Argonplasmacoagulation in der flexiblen Endoskopie.  Dtsch med Wschr. 1997;  122 432-438
  • 3 Grund K E, Farin G. Clinical Application of Argon Plasma Coagulation in Flexible Endoscopy. Harcourt Publishers Limited In: Practice of Therapeutic Endoscopy - second edition Tytgat GNJ, Classen M, Waye JD, Nakazawa S (eds) 2000: 87-100
  • 4 Regula J, Wronska E, Nasierowska E. et al . Argon Plasma coagulation (APC) in the treatment of residual adenomatous tissue after polypectomy.  Gastrointestinal Endoscopy. 1998;  47 48
  • 5 Waye J D. Colonoscopic Polypectomy. Harcourt Publishers Limited In: Practice of Therapeutic Endoscopy - second edition Tytgat GNJ, Classen M, Waye JD, Nakazawa S (eds) 2000: 87-100

Prof. Dr. K. E. Grund

Chirurgische Endoskopie Chirurgische Klinik der Universität

Hoppe-Seyler-Straße 3

72076 Tübingen