Rehabilitation (Stuttg) 2001; 40(4): 226-234
DOI: 10.1055/s-2001-15990
ORIGINALARBEIT
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Erfahrungen schwerbehinderter
Arbeitnehmer mit betrieblichen Maßnahmen im Rahmen der
Weiterbeschäftigung.
Ausgewählte Ergebnisse einer
empirischen Untersuchung

Severely Disabled Employees and their Experiences with Enterprise Policies Concerning Job Retention. Selected Results of an Empirical StudyS. Bahlke
  • Zentrum für Arbeit und Soziales, Universität Trier
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. Dezember 2001 (online)

Zusammenfassung.

Während die Themen Krankheit und Behinderung in der Bevölkerung mit Blick auf das Gesundheitswesen und die Pflegeversicherung sowie auf öffentliche Alterssicherungssysteme seit Jahren Aufmerksamkeit erfahren, ist das Risiko Behinderung im Erwerbsleben weniger beachtet worden. Kennzeichnend für dieses Forschungsfeld war dabei lange Zeit die inhaltliche Beschränkung der Fragestellungen auf den Bereich der Erst- und Wiedereingliederung von behinderten Menschen in den regulären Arbeitsmarkt. Eine weitere konzeptionelle Gemeinsamkeit zeigte sich in der Tendenz, betriebliche Akteure nicht als unabhängige Initiatoren von Integrationsansätzen für behinderte Mitarbeiter zu berücksichtigen. Entsprechend dürftig fällt die Dokumentation an betrieblichen Programmen und Strategien sowie an Untersuchungen zu Fragen der Weiterbeschäftigung zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus. Eine Untersuchung von Beschäftigungsverläufen schwerbehinderter Arbeitnehmer in den Jahren 1997 - 1999 in Rheinland-Pfalz versucht diesem Forschungsdefizit auf zweierlei Weise zu begegnen: Einerseits wird die Lebens- und Arbeitssituation dieser bisher vernachlässigten Gruppe im Hinblick auf besondere Problemlagen hin exploriert, andererseits findet eine Zusammenstellung und Bewertung des betrieblichen Unterstützungspotenzials aus Sicht der Befragten statt. Bei den Inhalten dieses Beitrages handelt es sich um die Ergebnisse der Untersuchung zu den betrieblichen Strategien. Dabei geht es um die Analyse folgender Sachverhalte: Welche speziellen Problemlagen treten nach Eintritt der Behinderung auf? Welche Maßnahmen werden von den Befragten favorisiert und warum? Die abschließende Frage, ob der festgestellte Bedarf an ergänzenden Maßnahmen mit dem bereits vorhandenen Instrumentarium des Schwerbehindertengesetzes gedeckt werden kann, muss mit einem klaren Nein beantwortet werden. Der betriebliche Alltag benötigt andere Hilfsangebote.

Severely Disabled Employees and their Experiences with Enterprise Policies Concerning Job Retention. Selected Results of an Empirical Study.

While the public has been paying attention to the topics illness and disability with respect to public health, long-term care insurance and public old age insurance systems for years, the risk of becoming disabled at work has been considered less. Research in this area has for a long time been focused on questions regarding first-time entry and return to work of disabled persons into the regular labour market. Also, much policy research has tended to deny an active role of the enterprise as an independent player and creator of policy in the management of disability. Hence only little documentation of employers' programmes and strategies as well as analysis concerning the question of job retention is available. In order to cover the research deficit a study with regard to employment careers of severely disabled was conducted in Rhineland-Palatinate from 1997 to 1999. The study pursues two different paths: On the one hand living and working conditions of this group are analysed, on the other the study's purpose is to give an overview of employers' disability management practices from the severely disabled employees' point of view. This article deals with the results of the policies within the enterprise study. It concerns the analysis of the following issues: Does disability have a negative impact on the employees' careers? Which measures are preferred by the persons interviewed and why? The final question, whether the need for supporting measures ascertained may be satisfied by the existing instruments available under the German Severely Disabled Persons Act must be answered with a clear “No”! Employers and disabled employees need alternative measures of support.

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1 Deutschland ist damit dem Beispiel der USA, Kanadas und anderer westeuropäischer Staaten (Großbritannien und Frankreich) gefolgt, die bereits auf langjährige Erfahrungen mit verschiedenen Antidiskriminierungsgesetzen zurückblicken können. Gerade am Beispiel der USA zeigt sich deutlich, dass politische Aussagen, die Gleichstellungsgesetze zugunsten Behinderter hätten zu tiefgreifenden Bewusstseinsveränderungen in der Bevölkerung geführt mit der Folge, dass die Bereitschaft zur Integration vorhanden sei, weit hinter den empirischen Befunden zur Durchsetzung der „equal employment opportunity” (EEO)-Gesetze im Unternehmen herhinken (ausführlich bei [5] [8]).

2 Menschliche Wirklichkeit wird nach Ansicht der Vertreter des sozialen Konstruktionismus in Prozessen menschlicher Kommunikation in einem jeweils spezifischen historischen Kontext „gesellschaftlich konstruiert”. Übertragen auf die Unternehmensebene bedeutet das, dass Organisationen ein Arbeitsumfeld schaffen, das die gesellschaftlichen Verhältnisse reproduziert und reflektiert. Einen umfassenden Überblick über die kulturellen Einflüsse auf Organisationsstrukturen vermittelt Morgan [9].

3 Unter „job retention” wird die Aufrechterhaltung des Beschäftigungsverhältnisses unter demselben Arbeitgeber verstanden. Umfang und Art der Tätigkeit können sich dabei verändern. Ebenso werden damit Fälle bezeichnet, in denen Arbeitnehmer nach einer Periode bezahlter oder unbezahlter behinderungsbedingter Abwesenheit an ihr früheres Beschäftigungsverhältnis wieder anknüpfen.

Dipl.-Psych. Susanne Bahlke

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