Geburtshilfe Frauenheilkd 2001; 61(8): 593-598
DOI: 10.1055/s-2001-16928
Originalarbeit

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Nicht-invasive und invasive Pränataldiagnostik und psychische Beanspruchung der Schwangeren

Emotional Pressures on Pregnant Women Undergoing Invasive or Noninvasive Prenatal DiagnosticsIngrid Kowalcek, Anne Mühlhoff, Ina Bieniakiewiz, U. Gembruch
  • Bereich Pränatale Medizin der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Universitätsklinikums Lübeck
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Publication History

Publication Date:
04 September 2001 (online)

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Zusammenfassung

Einleitung

Die Methoden der Pränataldiagnostik haben sich in den letzten Jahren beträchtlich weiterentwickelt. Die hochauflösenden Ultraschallgeräte erlauben aufgrund des Nachweises bestimmter Fehlbildungen und Marker, am bekanntesten „nuchal translucency“, unter Einbeziehung des maternalen Alters und eventuell auch biochemischer Parameter, die Abschätzung eines empirischen Risikos für einen auffälligen Karyotyp. Wir untersuchen die psychische Beanspruchung der Schwangeren vor und nach invasiver und nicht-invasiver Pränataldiagnostik.

Methode

Die Studie schließt 324 Schwangere ein, die sich erstmals im Bereich Pränatale Medizin an der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Universitätsklinikums Lübeck in der 12. bis 19. SSW vorstellen. Unabhängige Variable ist das pränatale Untersuchungsverfahren (Ultraschall n = 264, Amniozentese n = 34, Chorionzottenbiopsie n = 26), als abhängige Variable wird die aktuelle Beanspruchung mit dem Kurzfragebogen von Müller und Basler vor und nach der pränatalen Untersuchung erfasst.

Ergebnisse

Unabhängig von der Invasivität erleben die Schwangeren vor der pränatalen Untersuchung eine hohe Merkmalsausprägung in dem Kurzfragebogen zur aktuellen Beanspruchung, die sich zwischen den drei Gruppen nicht signifikant unterscheidet. Nach der pränatalen Untersuchung ist die angegebene Beanspruchung bei nicht-invasiver pränataler Diagnostik sowohl gegenüber der Beanspruchung vor der Untersuchung als auch im Vergleich zu den invasiven Verfahren pränataler Diagnostik nach der Untersuchung signifikant geringer.

Diskussion

Pränataldiagnostik geht unabhängig von ihrer Invasivität mit einer psychischen Beanspruchung der Schwangeren einher und kann zu tiefgreifenden Entscheidungskonflikten bei ihr führen. Die unmittelbare Rückmeldung über einen unauffälligen fetalen Befund bei der sonographischen Untersuchung führt zu einer raschen psychischen Entlastung. Hingegen scheint bei invasiven Verfahren (Amniozentese und Chorionzottenbiopsie) das zunächst ausstehende Ergebnis die psychische Beanspruchung aufrechtzuerhalten.

Summary

Objective

High-resolution ultrasonography of the fetus now allows assessment of empirical risk factors for an abnormal karyotype such as nuchal translucency. We studied the emotional pressures on pregnant women before and after invasive or noninvasive prenatal diagnostic studies.

Methods

We studied 324 women referred to a prenatal unit between 12 and 19 weeks' gestation. The prenatal procedure (ultrasonography 264, amniocentesis 34, chorionic villous sampling 26) were studied as independent variables. The current emotional pressure assessed with the Müller and Basler short questionnaire was the dependent variable.

Results

All women were under high emotional pressure before a prenatal examination, regardless of whether or not the procedure was invasive. Emotional pressure was significantly lower after a noninvasive than after an invasive study.

Conclusion

Prenatal diagnostics and resulting decisions can lead to profound conflicts in expectant parents, regardless of the invasiveness of the procedure. Normal findings immediately relieve emotional pressure.