Aktuelle Dermatologie 2001; 27(10): 289
DOI: 10.1055/s-2001-18677
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

„Die DRGs kommen - Sind wir darauf vorbereitet?”

“DRGs are Coming - Are we Ready?”T.  Bieber1
  • 1Bonn
Further Information

Publication History

Publication Date:
30 November 2001 (online)

Es ist nun beschlossene Sache: Der Gesetzgeber hat die Einführung eines pauschalierten Krankenhausentgelt-Systems auf der Basis der Diagnosis Related Groups (DRG) ab dem Jahr 2004 beschlossen. Allerdings wurde auch ein Optionsmodell vorgeschlagen, dass den willigen Krankenhäusern die Möglichkeit gegeben wird, bereits ab 2003 die DRGs testweise einzuführen. Dies sollte den Kliniken die Möglichkeit geben, Erfahrungen mit dem DRG-System zu sammeln.

Die Zielsetzung des neuen Vergütungssystems ist eindeutig. Es soll dazu führen, dass im stationären Bereich die durchschnittliche Verweildauer erheblich gekürzt wird, dadurch eine verstärkte Konzentration der Kapazitäten, somit auch der Abbau dieser Kapazitäten stattfindet. Für die Universitätskliniken bedeutet dies darüber hinaus noch eine notwendige zunehmende Spezialisierung.

Das wohl merkwürdigste Phänomen mit der Einführung des DRG-Systems scheint wohl die Hoffnung zu sein, dass einerseits die Krankenkassen mit erheblichen Einsparungen bzw. weniger Ausgaben für die Zukunft rechnen und auf der anderen Seite die Krankenhäuser durch eine Erhöhung der Fallzahlen und optimale Kodierung sich eine Zunahme der Erlöse erhoffen. Aufgrund der Budgetdeckelung könnten die Hoffnungen beider Parteien nur dann erfüllt werden, wenn es noch zusätzlich zu einer Schließung von Kliniken kommen würde. Man kann sich jedoch getröstet auf die Phantasie der Vertragspartner verlassen, dass hier zahlreiche Ausnahmeregelungen gefunden werden, so dass am Ende außer Mehrarbeit keine spürbaren Vorteile weder für die Krankenkassen noch für die Krankenhäuser zu verzeichnen sein werden.

Unabhängig von der Tatsache, dass zur Zeit die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und die Krankenkassen sich darüber streiten, ob das vorab Modellvorhaben für 2003 überhaupt stattfinden soll, können sich die Dermatologen der Bundesrepublik mit Recht die Frage stellen, ob unter der derzeitigen Konstellation, die Einführung des DRG-Systems in Deutschland mit guten Voraussetzungen möglich ist.

Wie ist es eigentlich mit der Dermatologie im Zeitalter des DRG-Systems bestellt? Zur Zeit üben die Krankenhausverwaltungen einen enormen Druck auf die Ärzteschaft aus, um die Verweildauer rasch zu reduzieren, gleichsam die Fallzahlen aufrecht zu erhalten bzw. zu erhöhen. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass konservative Fächer wie die Dermatologie sicher nicht zu den Gewinnern im Rahmen der DRG-Vergütung gehören werden. Es ist also absehbar, dass sich hier eine dramatische Verschiebung des Patientengutes aus dem stationären in den ambulanten Bereich vollziehen wird. Man braucht kein Prophet zu sein, um voraussagen zu können, dass viele „teuere” Patienten (ältere Patienten mit Ulcus cruris, etc.) dann möglicherweise entweder für maximal 6 bis 8 Tage stationär aufgenommen werden können bzw. nur noch ambulant behandelt werden. Dagegen wäre prinzipiell nichts zu sagen, wenn nicht die Vergütung der ambulanten Behandlung bei den niedergelassenen Dermatologen und in den Kliniken besonders niedrig und mit Sicherheit nicht kostendeckend ausfällt. Hinzu kommt die Tatsache, dass mit der Einführung neuer Rechtsformen (Anstalt der öffentlichen Rechts) in vielen Universitätsklinika auch dort das Bewusstsein des wirtschaftlichen Handels allmählich in den Verwaltungs- und klinischen Vorstandsetagen überhand nimmt und ein klarer Wille zum Abbau der Kosten im ambulanten Bereich bekundet wird. Dies sind also nicht die idealen Voraussetzungen, die man sich wünschen könnte, den ambulanten Versorgungsbereich als Auffangbecken für die Verlagerung der stationären Patienten zu gewährleisten. Ab 2004 mit der Einführung des DRG-Systems werden wir also mit einer signifikanten Zunahme von ambulant schwierig zu führenden Patienten zu rechnen haben, die darüber hinaus mit dem derzeit gültigen Vergütungssystem des Krankenscheins in der Dermatologie nicht mehr bezahlbar werden. Bleibt zu befürchten, dass insbesondere die ältere Patientenpopulation mit chronischen dermatologischen Erkrankungen letzten Endes die Leidtragenden der Einführung des DRG-Systems in der Dermatologie sein werden. Den Wunsch der Kliniksverwalter, in den Ambulanzen nur noch diejenigen Bereiche zu unterstützen, bei denen mehr Erlöse zu erwarten sind, wird zweifelsohne diese Lage noch verschärfen. Um diese Situation rechtzeitig noch abwenden zu können, besteht dringender Handlungsbedarf, in dem die ambulante Versorgung spürbar besser vergütet wird. Nur über diesen Weg wird es möglich sein, die jetzt schon voraussehbaren Konsequenzen der DRG-Einführung für den ambulanten Bereich zur Zufriedenheit Aller und zum Wohle unserer Patienten abzuwenden.