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DOI: 10.1055/s-2001-19002
Die Messung der Inspirationskraft bei Patienten mit COPD
Measuring the Inspiratory Strength in COPD PatientsPublication History
Publication Date:
17 December 2001 (online)
M. A. Schulz u. Mitarb. berichten in diesem Heft über eine verminderte Zwerchfellfunktion bei Patienten mit COPD [1]. Dieser Beitrag wirft die Frage nach der Beziehung zwischen Inspirationsdruck und Inspirationskraft auf.
Die weltweit am häufigsten angewandte Methode, die maximale Inspirationskraft abzuschätzen, ist die Bestimmung des maximalen Drucks am Mund bei einer forcierten Inspiration vom Residualvolumen gegen ein verschlossenes Ventil. Der so gewonnene maximale Druck wird als maximaler statischer Inspirationsdruck (Pimax) bezeichnet, die Messung ist schnell und nicht invasiv, Normalwerte aus Untersuchungen an weit über 10 000 gesunden Probanden liegen vor. Bei Schwierigkeiten mit dem Manöver kann alternativ der Nasendruck bei kurzer forcierter Einatmung über die Nase und den geschlossenen Mund („Sniff”) gemessen werden (sniff pna). Um mögliche Übertragungsstörungen des intrathorakalen Drucks zur Nase (wie z. B. bei Patienten mit schwerer Obstruktion beschrieben) auszuschließen, kann der Ösophagusdruck beim Sniff-Manöver gemessen werden (Sniff Pes). Dieses invasive Verfahren gilt als die Methode mit den geringsten falsch niedrigen Ergebnissen und wird eingesetzt, wenn Zweifel an der durch Pimax oder sniff Pna festgestellten Einschränkung der Inspirationskraft bestehen. Wenn die Kraft des Zwerchfells alleine beurteilt werden soll, muss zusätzlich noch der Druck im Magen (Pga) gemessen werden, die Druckdifferenz von Magen und Ösophagus ergibt den transdiaphragmalen Druck (Pdi). Wichtig bei der Interpretation dieses Druckes ist, dass nur der Teil des Pdi, der in den negativen Pes transformiert wird, für die Inspiration benutzt wird, der übrige Teil dient der abdominellen Kompression. Hierdurch ist erklärbar, dass Pdi max um 30 bis 100 % höher liegt als Pimax oder Pes max. Je nachdem, ob mehr ein inspiratorisches oder ein abdominelles Manöver durchgeführt wird, finden sich Maximalwerte gesunder Probanden für den Pga von -36 bis + 148 cm H20 und Pdi max Werte von 18 - 204 cm H2O (Übersicht in [2]). Während man beim mehr abdominellen Manöver mit einem Pes zu Pdi-Verhältnis von knapp 60 % mehr die Gesamtkraft des Zwerchfells misst, erreicht man mit der „Sniff”-Methode ein Pes zu Pdi-Verhältnis von über 80 %, so dass überwiegend der für die Inspiration nützliche Anteil des Pdi max bestimmt wird. Pdi-sniff-Werte von über 100 cm H2O bei Männern und über 70 cm H2O bei Frauen gelten als normal, allerdings wurden diese Normalwerte lediglich an einem Kollektiv von 64 gesunden Probanden ermittelt.
Bei Interpretation der Maximaldrücke als Ausdruck der maximalen Inspirationkraft muss das Lungenvolumen als Index der Länge der Inspirationsmuskulatur beachtet werden. Je höher das Lungenvolumen bei Bestimmung des maximalen Inspirationsdruckes ist, desto kürzer ist die Inspirationsmuskulatur und umso geringer ist der maximale Inspirationsdruck, obwohl keinerlei Kontraktilitätsstörung besteht. Schon Rohrer 1916 und Rahn et al 1946 konnten die Abnahme der maximalen Inspirationsdrücke mit zunehmenden Lungenvolumen oberhalb der FRC nachweisen. In der Arbeit von Schulz und Mitarbeiter in diesem Heft wurde die Messung von Pimax und Pdi max mit dem „sniff”-Manöver bei 50 Patienten mit fortgeschrittenem Lungenemphysem durchgeführt. Sie bestätigten dabei frühere Untersuchungen, dass die maximalen Inspirationsdrücke im Mittel stark erniedrigt sind, der Pdi max lag bei 94 % aller Patienten unterhalb des Normbereichs. Diese verminderten Inspirationsdrücke bei Patienten mit COPD sind eben durch die Verkürzung der Inspirationsmuskulatur sowie durch die Vergrößerung des Zwerchfellradius zu erklären. Entsprechende Ergebnisse wurden auch bei der mitarbeitsunabhängigen Methode der Bestimmung des transdiaphragmalen Drucks durch magnetische Reizung des Nervus phrenicus gefunden, so dass die maximale Kraft des Zwerchfells bis auf den Effekt der Überblähung normal ist [3]. Da bereits kleine Änderungen der Überblähung zu erheblichen Änderungen der maximalen Inspirationsdrücke führen können, sind diskrepante Studienergebnisse über Pharmaka zu erklären. Der Druckanstieg durch ein Medikament (z. B. Theophyllin) ist nur dann als kraftsteigernd zu interpretieren, wenn sichergestellt ist, dass nicht durch eine bronchodilatatorische Wirkung die Lungenüberblähung abgenommen hat.
Hieraus ergibt sich, dass die Bestimmungen von maximalen Inspirationsdrücken zur Verlaufsbeurteilung einer Intervention sehr sinnvoll sind. Bei einer etwaigen Zunahme der Inspirationsdrücke muss dann allerdings unterschieden werden, ob es sich um eine Kraftzunahme (z. B. durch Training) oder um eine Volumenabnahme (z. B. durch Operation) handelt.
Literatur
- 1 Schulz M A, Hindley U, Dierkesmann R. Messung des transdiaphragmalen Drucks beim Lungenemphysem, ein wichtiger Beitrag zum klinischen Management?. Pneumologie. 2001; 55 547-552
- 2 Tobin M J, Laghi F. Monitoring of respiratory muscle function. In: Principles and Practice of Intensive Care Monitoring, Hrsg. von M.J. Tobin New York: McGraw-Hill, Inc 497-544
- 3 Polkey M I, Kyroussis D, Hamnegard C-H, Mills G H, Green M, Moxham J. Diaphragm strength in chronic obstruktive pulmonary disease. Am J Respir Crit Care Med. 1996; 154 1310-1317
Prof. Dr. med. C.-P. Criée
Evangelisches Krankenhaus Göttingen-Weende e.V.
Pappelweg 5
37120 Bovenden-Lenglern