Z Sex Forsch 2001; 14(4): 308-315
DOI: 10.1055/s-2001-19947
DEBATTE

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Homosexuell durch Kokaingenuss

Eine Debatte aus den 1920er JahrenHomosexual Through Cocaine IntakeA Debate During the Nineteen-TwentiesFlorian  Mildenberger
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Publication Date:
06 February 2002 (online)

Übersicht: Dargestellt wird die in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in der Psychiatrie geführte Debatte über den Kokaingenuss. Diese Debatte kreiste sowohl um die Auswirkungen des Kokaingenusses auf die Sexualität als auch um die psychopathologischen Dispositionen zum Kokaingenuss. Unter den Folgeerscheinungen des Kokaingenusses wurde die Veränderung der Libido und eine Ausrichtung dieser auf die Homosexualität besonders herausgestellt. Gleichzeitig wurde den Homosexuellen eine besondere Disposition zum Kokaingebrauch unterstellt. Der Kampf gegen den Kokaingebrauch war, so die These des Autors, in dieser Zeit weitgehend gleichbedeutend mit einem Kampf gegen die Homosexualität.

Literatur

1 Das Büchlein beruht auf dem Aufsatz „Über Coca” (Freud 1884).

2 An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass die deutsche Delegation die amerikanische Hysterie auch noch schürte, da sie sich standhaft einem generellen Verbot von Heroin mit Verweis auf dessen angebliche medizinische Notwendigkeit zu widersetzen versuchte. Hierbei erhielt die deutsche Delegation unerwartete Schützenhilfe aus der Schweiz, da die dortigen Tuberkuloseärzte die hoffnungsloseren Fälle unter ihren Patienten durch Heroin zu beleben oder einen Heilungsprozess vorzugaukeln bemüht waren. Einige Anspielungen finden sich auch in Thomas Manns „Zauberberg”.

3 1. Verordnung vom 19. Dezember 1929 hinsichtlich Morphinderivaten
2. Verordnung vom 1. April 1930 über die Zulassung zum Verkehr mit Betäubungsmitteln
3. Verordnung vom 1. April 1930 über die Einfuhr, Durchfuhr und Ausfuhr von Betäubungsmitteln
4. Verordnung vom 14. April 1930 über Ankündigung und Beschriftung von Betäubungsmittel enthaltenden Arzneien
5. Verordnung vom 19. Dezember 1930 über das Verschreiben von Betäubungsmittel enthaltenden Arzneien und ihre Abgabe in den Apotheken
Das „Opiumgesetz” von 1929 sowie das Anschlussgesetz vom Juni des gleichen Jahres regelten in Zusammenhang mit den obigen Verordnungen bis 1972 die Handhabung mit Drogen in Deutschland.

Dr. Florian Mildenberger

Sandstr. 9a

80335 München