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DOI: 10.1055/s-2002-20081
Der pulmonale Sauerstoff-Speicher - Physiologie und klinischer Nutzen
Pulmonal Oxygen Reservoir - Physiology and Clinical BenefitPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
13. Februar 2002 (online)
Intrapulmonaler Sauerstoff-Speicher unter Normoxie
Im Gegensatz zum Kohlendioxid (CO2) mit seinem fast unbegrenzten, vor allem extrazellulären CO2-Speicher, verfügt der Mensch bezüglich des Sauerstoffs (O2) nur über sehr unzureichende Speichermöglichkeiten. Seinen O2-Verbrauch von ca. 250 ml/min muss jeder Patient während eines isolierten Atemstillstandes bei erhaltener Herz-Kreislauf-Funktion vorübergehend aus seinem physiologischen intrapulmonalen O2-Speicher decken, bevor andere Speicher nutzbar werden. Die entsprechenden Daten des intrapulmonalen O2-Speichers sind in Tab. [1] zusammengestellt. Die mögliche Utilisation verschiedener Speicher kann nur in der Reihenfolge der Abnahme des entsprechenden O2-Partialdrucks erfolgen: Zuerst muss der alveoläre O2-Pool vom normoxischen pAO2 100 mmHg (13,2 % O2) bis zum hypoxischen pAO2 von 40 mmHg (5,3 % O2) verbraucht werden, also bis zur Abnahme der arteriellen O2-Sättigung von 96 auf 75 %. Von jetzt an zeigt das arterielle Blut die gleiche O2-Sättigung von 75 % wie das gemischtvenöse Blut, d. h. das Blut fließt ohne jegliche Oxygenierung funktionell an der Lunge vorbei. Anschließend kann noch der am Hämoglobin gebundene O2 des nun insgesamt venösen Blutes verbraucht werden (ca. 750 ml) sowie der physikalisch gelöste und an Myoglobin gebundene O2 (ca. 300 ml), bis eine generelle Anoxie mit einem theoretischen pO2 von 0 mmHg im Blut und allen Geweben erreicht wäre. Klinisch nutzbar ist aber nur der normoxisch-hypoxische intrapulmonale O2-Pool von ca. 235 ml, weil nach Utilisation dieses Betrages die arterielle O2-Sättigung bereits auf 75 % abgenommen hat (paO2 40 mmHg).
Eine arterielle O2-Sättigung von 75 % bzw. der zugehörige paO2 von 40 mmHg ist der aus vielen Einzeldaten abgeleitete und entsprechend begründete obligatorische Grenzwert einer akuten arteriellen Hypoxie, der aber immer noch zusätzliche Sicherheitsmarchen beinhaltet [17].
Bei einem Atemstillstand verstreicht somit eine Zeit von etwa einer Minute, bis dieser normoxisch-hypoxische O2-Pool mit einer Rate von ca. 250 ml/min verbraucht ist. Würde der gesamte normoxisch-anoxische O2-Pool von ca. 1250 ml verbraucht, so würde dies für eine Zeit von ca. 5 min reichen, was der klinischen Erfahrung bezüglich einer Reanimation durchaus entspricht.
Einige Patientenkollektive weisen bezüglich des intrapulmonalen O2-Speichers Besonderheiten auf, die unbedingt zu berücksichtigen sind.
Bei Schwangeren ist die FRC deutlich um ca. 20 % verkleinert und der gewichtsbezogene O2-Verbrauch ist mit ca. 20 % erheblich größer. Für den klinischen Alltag ergibt sich daraus die Konsequenz, dass nach einem Atemstillstand der alvoläre und somit auch der arterielle pO2 sehr viel schneller abfällt, was sich in einer entsprechenden Abnahme der arteriellen O2-Sättigung ausdrückt.
Im Gegensatz zum Erwachsenen haben Kleinkinder eine deutlich kleinere FRC und einen erheblich größeren gewichtsbezogenen O2-Verbrauch, bei einem KG von 6,5 kg beträgt die FRC ca. 200 ml und der O2-Verbrauch ca. 45 ml/min.
Insbesondere bei einem Frühgeborenen machen sich diese Besonderheiten bemerkbar: Bei einem KG von 1,5 kg steht der FRC von 25 ml ein O2-Verbrauch von ca. 10 ml/min gegenüber. Wenn bei einem Atemstillstand eines Erwachsenen etwa eine Minute verstreicht, bis der normoxisch-hypoxische O2-Pool verbraucht ist, verkürzt sich diese Zeit nun für eine Schwangere auf ca. 40 s, für ein Kleinkind auf ca. 20 s und für das Frühgeborene auf nur noch ca. 10 s [15].
Literatur
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- 15 Zander R. Spezielle Physiologie der Atmung. In: Airway Management - Die Sicherung der Atemwege (Krier C, Georgi R, Hrsg.). Thieme, Stuttgart 2000: 50-55
- 16 Zander R, Mertzlufft F. Sauerstoffversorgung trotz Atemstillstandes. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther. 1994; 29 223-227
- 17 Zander R, Mertzlufft F. Therapeutische Grenzwerte der akuten, arteriellen Hypoxie. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther. 1996; 31 372-374
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med. R. Zander
Institut für Physiologie und Pathophysiologie, Universität Mainz
Saarstraße 21
55099 Mainz