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DOI: 10.1055/s-2002-25173
Lebermetastasen -
Eine interdisziplinäre Herausforderung[*]
Liver metastases - an interdisciplinary challenge
Antrittsvorlesung von Priv.-Doz. Dr. Joachim Kai Seifert, am 13. Februar 2001 im Hörsaal ChirurgiePublication History
Publication Date:
18 April 2002 (online)
Spectabilis, sehr geehrte Damen und Herren,
das kolorektale Karzinom stellt in den letzten Jahren die zweithäufigste tumorbedingte Todesursache in westlichen Industrieländern dar. Hier sehen Sie ein endoskopisches Bild eines Kolonkarzinoms. Die Lebermetastasierung, die bei etwa 50 % der Patienten im Krankheitsverlauf auftritt, stellt einen entscheidenden prognostischen Parameter dar. Etwa zwei Drittel der Lebermetastasen, die durch Resektion oder lokale Ablation behandelt werden können, stammen von kolorektalen Primärtumoren. Daher möchte ich mich im Folgenden auf diese Krankheitsentität beschränken.
Wenn man die Ergebnisse unterschiedlicher Therapien von kolorektalen Lebermetastasen werten will, so muss man zunächst den Spontanverlauf kennen. Die hier existierenden Daten differenzieren jedoch meist nicht zwischen dem Spontanverlauf einer ausgedehnten diffusen Metastasierung, wie hier im CT (Abb. [1]) und im pahologischen Präparat dargestellt, und isolierten Metastasen. Wenn man die Daten klinischer Serien zum Spontanverlauf kolorektaler Lebermetastasen zusammenstellt, ergibt sich im Mittel eine mediane Überlebenszeit von 11 Monaten. In einzelnen Studien, wo nach dem Ausmaß der Metastasierung differenziert wurde, finden sich jedoch günstigere Daten von bis zu 24 Monaten für solitäre Metastasen.
Entscheidend für die Prognose scheint das Tumorvolumen zu sein. In einer Untersuchung aus Erlangen an mehr als 400 Patienten betrug jedoch auch bei einem Leberbefall von < 25 % die mediane Überlebenszeit lediglich 11 Monate [1].
In dieser Untersuchung wurde anhand weiterer Prognosefaktoren eine Art Prognosebäumchen konstruiert. In diesem Patientengut wäre danach z. B. für Patienten mit Lebermetastasen von < 25 % des Lebervolumens, bei gut oder mäßiggradig differenziertem Primärtumor, fehlendem extrahepatischen Tumornachweis und fehlenden LK-Metastasen des Primärtumors eine mediane Überlebenszeit von 21 Monaten zu erwarten, während für Patienten mit ausgedehnterem Leberbefall, schlecht- oder undifferenziertem Primärtumor, extrahepatischem Tumorwachstum und Lymphknotenmetastasen des Primärtumors nur eine mediane Überlebenszeit von knapp 4 Monaten berechnet wurde [1]. Diese Daten sind natürlich nicht zwangsläufig auf das Gesamtkrankengut übertragbar, sie zeigen jedoch, dass die Wertung jeder neuen Therapie entscheidend von der Zusammensetzung des therapierten Krankenguts abhängt. Durch Selektion alleine können unabhängig von der Therapie günstige Ergebnisse produziert werden.
Die Leberresektion gilt heute als Therapie der Wahl bei kolorektalen Metastasen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus retrospektiven Daten, die zeigen, dass nach Resektion im Vergleich zur regionalen oder systemischen Chemotherapie und dem Spontanverlauf, eine deutlich günstigere Prognose vorliegt [1]. Dabei könnte entsprechend dem oben gesagten, die günstigere Prognose allein durch Selektion von Patienten bedingt sein. Entscheidendes Argument für die Resektion ist hier jedoch der relativ hohe Anteil an Patienten mit Langzeitüberleben (5-Jahres-Überlebensrate > 30 %), die man auch bei strenger Selektion im Spontanverlauf nicht findet [1].
Die Indikation zur Resektion besteht, wenn der kolorektale Primärtumor saniert ist (oder in gleicher Sitzung saniert werden kann), kein Lokalrezidiv besteht, keine extrahepatischen Tumorabsiedlungen vorliegen und eine komplette Entfernung der Metastasen unter Erhalt einer ausreichenden Menge funktionstüchtigen Lebergewebes möglich ist, wobei bei gesunder Leber etwa 85 % des Lebervolumens entfernt werden können.
Voraussetzung zur Resektion ist also ein gutes Staging. Während die Sonographie meist die Erstdiagnose der Metastasen sichert, ist zur Operationsplanung zumindest ein Doppelspiral-CT der Leber mit Kontrastmittel i. v. notwendig, das heute eine Sensitivität von über 90 % für Lebermetastasasen bei guter Spezifität aufweist. Eine zusätzliche Angio-CT der Leber bietet nur noch eine minimale Verbesserung der Sensitivität und produziert häufig falsch positive Befunde, so dass sie auch in Anbetracht der nicht unerheblichen Belastung für die Patienten verzichtbar ist. Zum Ausschluss von Lungenmetastasen ist eine Röntgen-Thorax-Untersuchung in 2 Ebenen ausreichend, da die zusätzliche CT-Thorax nur bei 4 % der Patienten therapierelevante Zusatzbefunde liefert [2]. Eine Koloskopie oder ein Kolon-Kontrasteinlauf zum Ausschluss eines Zweittumors im Kolon sollte erfolgen, wenn die Primärtumorresektion länger als 2 Jahre zurückliegt.
Songraphisch können Metastasen sowohl echoreich als auch echoarm im Vergleich zum umgebenden Lebergewebe imponieren. Auch gemischte Echogenität, wie hier bei einer Metastase, die einen echoarmen Rand und ein echoreiches Zentrum zeigt, sind häufig.
Wichtigste Untersuchung ist die Doppelspiral-CT. Dabei wird ein intravenöser Kontrastmittelbolus gegeben und eine CT der Leber jeweils zum Zeitpunkt der arteriellen und der portalvenösen Verteilung des Kontrastmittels in der Leber durchgeführt. Da kolorektale Metastasen überwiegend über die Leberarterie versorgt werden, ergibt sich typischerweise im Vergleich zur Leber eine stärkere Kontrastierung in der arteriellen Phase und eine Minderkontrastierung in der portalvenösen Phase.
Bei besonderen Fragestellungen kann auch eine MRT hilfreich sein. Bei einer unserer Patientinnen mit ausgedehnten Lebermetastasen war in der CT eine Infiltration des Zwerchfells oder sogar Perikards nicht auszuschließen. Durch Frontalschnitte in der MRT konnte zumindest eine Perikardinfiltration ausgeschlossen werden.
Besteht nach Abschluss der Diagnostik Resektabilität, so sollte eine Leberresektion durchgeführt werden. Dabei stellen Lebermetastasen heute die wichtigste Indikation bei operativen Eingriffen an der Leber dar - im eigenen Krankengut etwa 60 % der Eingriffe. Bei Kolonkarzinomen mit synchronen Lebermetastasen kann in aller Regel eine einzeitige Operation durchgeführt werden: Hier sehen sie das Operationspräparat einer Patientin mit Kolon-Aszendens-Karzinom und Lebermetastasen, bei der kürzlich eine Hemikolektomie rechts und Hemihepatektomie rechts durchgeführt wurde (Abb. [2]). Etwa zwei Drittel der resektablen Metastasen treten metachron, zumeist innerhalb von 2 - 3 Jahren nach Primärtumorresektion, auf.
Wie sind nun die Ergebnisse nach Resektion? Hier die Darstellung der Überlebenszeit und Rezidiv freien Zeit unseres Krankenguts mit Resektion kolorektaler Lebermetastasen bis 1996 (Abb. [3]). Die mediane Überlebenszeit liegt bei 30 Monaten. Besonders interessant ist, dass bei einem Teil der Patienten langfristige Rezidivfreiheit zu erzielen ist, was zu einem Plateau in den Überlebenszeiten führt. Es besteht hier also ein potentiell kurativer Ansatz. Diese Ergebnisse decken sich mit den Angaben der Literatur, wo 5-Jahres-Raten von bis zu 49 % beschrieben werden.
Wie für den Spontanverlauf existieren auch nach Resektion zahlreiche Prognosefaktoren. Entscheidend ist hier vor allem die Radikalität: Nach inkompletter Resektion ist erwartungsgemäß praktisch kein Langzeitüberleben zu erzielen. Wichtig ist auch das Vorhandensein extrahepatischer Tumormanifestationen - mit Ausnahme resektabler isolierter Lungenmetastasen oder Lokalrezidive des Primärtumors stellen diese eine Kontraindikation zur Resektion dar. Alle anderen Prognosefaktoren sind von untergeordneter Bedeutung und haben jeder für sich keine wesentliche Aussagekraft.
Um die Aussagekraft zu verbessern, wurden verschiedene Scoringsysteme vorgeschlagen. Am bekanntesten dürften die Daten der französischen Arbeitsgruppe um den Chirurgen Nordlinger sein [3]: Hier wurden 7 „ungünstige prognostische Marker” angewendet und die Prognose beim Vorliegen von 0 - 2, 3 - 4 oder 5 - 7 der Risikofaktoren bestimmt: Es lässt sich dadurch eine gute Trennung von 3 prognostischen Gruppen erzielen. Allerdings ist einerseits offen, ob sich dieses System auf das Gesamtkrankengut übertragen lässt, andererseits findet sich auch in der ungünstigsten Gruppe noch immer eine 5-Jahres-Rate von 17 %, so dass das Scoringsystem sicher nicht zur Indikationsstellung zur Resektion herangezogen werden kann. Für die Stratifizierung von Patienten für adjuvante Therapien könnte es allerdings nützlich sein und wird z. B. von der Arbeitsgemeinschaft Lebermetastasen derzeit in leicht abgewandelter Form im Rahmen einer Studie zur neoadjuvanten Chemotherapie bei Resektion kolorektaler Metastasen angewandt.
Problematisch bleibt, dass nur maximal 20 % der Patienten mit Lebermetastasen resektabel sind. Das Interesse an den lokal ablativen Verfahren begründet sich daraus, dass bei einem Teil der Patienten mit nicht-resektablen Metastasen durch eine lokale Tumorausschaltung noch eine Heilungschance bestehen könnte.
Zur lokalen Tumorzerstörung werden verschiedene Methoden erprobt (Abb. [4]). Chemische Methoden beruhen auf der Anwendung lokal toxischer Substanzen, hier findet vor allem die Alkoholinjektion Anwendung. Physikalische Methoden beruhen auf einer Änderung der Gewebstemperatur: Hier werden unterschiedliche Methoden der lokalen Hyperthermie, wie die Lasertherapie oder Radiofrequenzablation, eingesetzt. Im Bereich der Hypothermie kommt die Kryotherapie zum Einsatz, die auch bei uns angewendet wird.
Bei der Alkoholinjektion werden die Tumoren zumeist perkutan sonographiegesteuert mit einer dünnen Kanüle punktiert und 96 %iges Ethanol injiziert. Durch Diffusion in die Tumorzelle erfolgt eine Proteindenaturation mit konsekutiver Koagulationsnekrose. Die beste Wirkung wird bei kleinen Herden unter 3 cm Durchmesser erzielt, für größere Herde sind meist mehrere Sitzungen notwendig. Während für enkapsulierte hepatozelluläre Karzinome teilweise sehr gute Ergebnisse erzielt werden, existieren bei Metastasen nur geringe Erfahrungen bei mäßigen Erfolgen. Dies mag mit der fehlenden Tumorkapsel und der harten Konsistenz der kolorektalen Metastasen, die eine Verteilung des Alkohols im Tumorgewebe nicht zulässt, begründet liegen. Die Methode ist daher für Metastasen weitgehend verlassen worden.
Von den physikalischen Ablationsmethoden besteht die längste Erfahrung mit der Kryotherapie. Sie beruht auf einer lokalen Abkühlung des Gewebes auf sehr niedrige Temperaturen. Durch intrazelluläre Eisbildung kommt es zur Zerreißung von Zellmembranen mit konsekutivem Zelltod. Bei weniger tiefen Temperaturen kommt es zur extrazelluären Eisbildung mit konsekutivem Wasserausstrom aus den Zellen und Zunahme der intrazellulären Osmolarität, was tödlich wirken kann. Zusätzlich kommt es durch intravaskuläre Eisbildung zur Ruptur der Sinusoide mit konsekutivem Zusammenbruch der Mikrozirkulation und Ischämie im behandelten Bereich.
Die Abkühlung des Gewebes wird mit Sonden erzielt, durch die Flüssigstickstoff zirkuliert. Diese sind nur im Bereich der Sondenspitze, der „Freezing zone” nicht isoliert, so dass dies eine gezielte Behandlung tiefgelegener Tumoren erlaubt.
Durch Einsatz der Kryotherapie konnte im eigenen Krankengut jährlich ein zusätzlicher Anteil von 26 bis 33% der Patienten mit Lebermetastasen, bei denen eine alleinige Resektion möglich war, einer potentiell kurativen Therapie zugeführt werden.
In den letzen 5 Jahren wurden 68 Eingriffe bei 62 Patienten durchgeführt. Das mediane Alter der Patienten lag bei 65 Jahren, bei etwa ausgewogener Geschlechterverteilung. Die häufigste Indikation stellten kolorektale Metastasen, wobei mehr als die Hälfte der Patienten bereits eine palliative Chemotherapie hinter sich hatte und darunter progredient waren und bei etwa einem Viertel der Patienten Rezidivmetastasen nach Resektion vorlagen. Im Mittel lagen 3 Metastasen mit einem mittleren Durchmesser von 3,7 cm vor. Bei mehr als der Hälfte der Patienten wurde die Methode in Kombination mit einer Leberresektion eingesetzt. Das Komplikationsspektrum entspricht etwa den Erfahrungen nach Resektion.
Die Effektivität der Methode wird durch den Verlauf des Tumormarkers CEA belegt: Bei 73 % der Patienten mit kolorektalen Metastasen und präoperativ erhöhten CEA-Werten konnte eine Normalisierung postoperativ erzielt werden.
21 der 53 Patienten mit R0-Therapie sind rezidivfrei. Beim Auftreten eines Rezidives war fast immer die Leber mitbeteiligt. Besonders wichtig ist das Auftreten von lokalen Rezidiven, die wir bei 15 % der Patienten sahen, wobei der Großteil der Lokalrezidive bei den ersten 10 behandelten Patienten beobachtet wurde, so dass hier eine gewisse Lernkurve anzunehmen ist.
Hinsichtlich der Prognose liegt die mediane Überlebenszeit für alle Patienten bei 23 Monaten bei einer 3-Jahres-Rate von 29 %. Bei kolorektalen Metastasen sind die Ergebnisse geringfügig günstiger mit einer medianen Überlebenszeit von 27 Monaten bei einer 3-Jahres-Rate von 33 % (Abb. [5]).
Wo liegen die Indikationen der Kryotherapie? Wichtigster Einsatz dürften nicht-resektable bilobare Metastasen in Kombination mit einer Leberresektion sein: Hierzu ein Beispiel: Bei einer Patientin lagen Lebermetastasen in den Segmenten 4, 7/8, 1 und 2 vor. Es erfolgte die erweiterte Hemihepatektomie rechts unter Mitnahme des Lobus caudatus und die Kryotherapie der Metastase in den linkslateralen Lebersegmenten.
Im postoperativen MRT war die komplette Nekrosezone nach Kryotherapie in den verbleibenden linkslateralen Lebersegmenten zu erkennen.
Eine weitere Indikation stellen Metastasen in der Nähe großer Gefäße dar: Bei einer Patientin mit einer Metastase im Venenwinkel zwischen rechter und mittlerer Lebervene an der Vena cava wäre für diese kleine Metastase allenfalls eine erweiterte Hemihepatektomie rechts, mit fraglichem Sicherheitsabstand infrage gekommen (Abb. [6 a]). Es erfolgte die Tumorablation durch Kryotherapie. Im postoperativen CT ist die Nekrosezone sichtbar (Abb. [6 b]). 16 Monate postoperativ war in der CT kein Restbefund mehr nachweisbar (Abb. [6 c]).
Ein weiterer Einsatz ist die Vereisung des Schnittrandes nach Resektion mit fehlendem oder inadäquatem Sicherheitsabstand zur Erzielung einer ausreichenden Radikalität: So erfolgte zum Beispiel bei einem Patienten nach erweiterter Hemihepatektomie rechts die Kryotherapie des Resektionsrandes auf 1 cm Tiefe mit einer tellerförmigen Sonde. Unmittelbar nach Entfernung der Sonde erkennt man im Bereich des Resektionsrandes noch das gefrorene Lebergewebe (Abb. [7]).
Bei gut zugänglichen Metastasen kann bei hohem Operationsrisiko, oder wenn der Patient eine Laparotomie ablehnt, eine laparoskopische Kryotherapie erfolgen. Hier sehen Sie das CT einer Patientin mit einer solitären, laparoskopisch gut zugänglichen Lebermetastase (Abb. [8 a]). Es erfolgte die laparoskopische Kryotherapie, postoperativ im MRT ist die Nekrosezone sichtbar (Abb. [8 b]). Nach einigen Monaten erkennt man die schrumpfende Narbe mit dem typischen Golfball-im-Sand-Zeichen ohne Anhalt für ein Tumorrezidiv (Abb. [8 c]).
In der Literatur werden nach Kryotherapie von kolorektalen Lebermetastasen Überlebensraten von im Median 26 bis 30 Monaten bei 3 Jahresraten von 24 - 37 % angegeben [4] [5]. In einer Untersuchung wurde eine 5-Jahres-Rate von 19 % gesehen [5]. Die Ergebnisse sind also etwas ungünstiger als nach Resektion, wobei die Patienten im Vergleich zur Resektion auch ungünstigere Risikofaktoren bieten. Zur laparoskopischen Kryotherapie existieren nur geringe Daten. Die Methode kann komplikationsarm bei niedrigen Lokalrezidivraten durchgeführt werden. Zur Prognose existieren noch keine ausreichenden Daten.
Von den hyperthermen Verfahren ist derzeit die Radiofrequenzablation am meisten im Gespräch, was sich wahrscheinlich z. T. aus den vergleichsweise niedrigen Kosten der Methode erklären dürfte. Hierbei wird über Nadelelektroden ein hochfrequenter Wechselstrom ins Gewebe abgegeben. Dies führt zu einer Ionenbewegung. Dadurch entsteht Reibungshitze, die zur Proteindenaturation und Koagulationsnekrose des Gewebes führt. Der maximale Durchmesser einer Nekrosezone mit einer einzelnen Sonde liegt bei etwa 5 cm. Es existieren zahlreiche klinische Berichte über den Einsatz der Methode, aber nur eine Studie mit relevanten Patientenzahlen. Hier wurden bei 123 Patienten großteils kleine solitäre Tumoren behandelt. Bei etwa der Hälfte der Patienten lagen kolorektale Primärtumoren vor. Großteils erfolgte die Therapie am offenen Bauch, bei 25 % der Patienten perkutan. Die beobachtete Rate an Lokalrezidiven war mit 3 % erfreulich niedrig, Angaben zur Prognose fehlen noch [6].
In der gleichen Arbeitsgruppe wurde die Kryotherapie mit der Radiofrequenzablation retrospektiv verglichen. Hier zeigte sich eine niedrigere Komplikations- und Lokalrezidivrate (2,2 % vs. 14 %) nach Radiofrequenzablation, wobei die Untersucher primär die Kryotherapie einsetzten und später auf die Radiofrequenzablation umstiegen, also dann schon Erfahrungen mit lokaler Tumorablation hatten, was den Vergleich der Ergebnisse erschwert [7].
Eine weitere hypertherme Methode ist die Lasertherapie oder LITT (laserinduzierte Thermotherapie). Hier kommen unterschiedliche Lasertypen unter Zuhilfenahme spezieller Kühlsysteme und Multiapplikatoren zur Anwendung. Durch Absorption der Photonen des Laserlichts im umgebenden Gewebe entsteht ein Temperaturanstieg im Gewebe, was wiederum zur Koagulationsnekrose führt.
Auch hier existieren aussagekräftige klinische Daten im Wesentlichen nur von einer Arbeitsgruppe: der Radiologischen Klinik der Universität Frankfurt, unter Leitung von Prof. Vogl [8]. Diese Daten sind allerdings beeindruckend. In einer aktuellen Publikation wurde über 646 Patienten (davon 360 mit kolorektalen Lebermetastasen) berichtet. Die Anwendung erfolgte ausschließlich perkutan unter MRT-Kontrolle. Die Komplikations- und Lokalrezidivraten sind mit 8 % und 3 % niedrig. Die Überlebensraten, insbesondere bei kolorektalem Primarius entsprechen den mit 37 Monaten im Median und einer 5-Jahres-Rate von 34 % Ergebnissen nach Leberresektion. Allerdings wurde hier zumindest in den ersten Jahren eine strenge Selektion von Patienten mit wenigen kleinen Metastasen durchgeführt. Eine randomisierte multizentrische Studie zum Vergleich der Lasertherapie und der Resektion bei kolorektalen Lebermetastasen wird derzeit in Deutschland durchgeführt.
Bei fehlender Möglichkeit der Resektion oder lokalen Ablation steht die systemische Chemotherapie zur Verfügung. Auch hier sind in den letzten Jahren durch neue Medikamente wie Oxaliplatin oder Irinotecan deutliche Verbesserungen erzielt worden [9]. Bei fehlenden extrahepatischen Metastasen ist auch eine regionale intraarterielle Chemotherapie der Leber möglich. Hierbei wird ein Katheter chirurgisch in der A. gastroduodenalis platziert, wodurch eine direkte Applikation von Medikamenten in die Leberarterie möglich ist. Durch den hohen first-pass-Effekt von Medikamenten wie 5-FU und insbesondere FUDR sind hohe Medikamentenspiegel in der Leber bei vergleichsweise geringen systemischen Spiegeln zu erzielen. Hier sehen sie ein solches Portsystem. Nach Implantation wird durch Einspritzen von z. B. Methylenblau die gleichmäßige Perfusion der Leber überprüft und eine unerwünschte Perfusion von Nachbarorganen über Seitenäste ausgeschlossen. Auch wenn sich hierdurch höhere Remissionsraten, als mit systemischer Applikation von 5-FU erzielen lassen, steht der Nachweis verbesserter Überlebensraten im Vergleich zu aktuellen systemischen Chemotherapieschemata aus. Zusätzlich ist die Methode mit chirurgischen Komplikationen im Rahmen der Implantation und Port-Komplikationen belastet, so dass derzeit die regionale Chemotherapie nur im Rahmen von Studien empfohlen wird [10].
Im letzten Dia (Abb. [9]) möchte ich versuchen die intensive Verflechtung der Fachdisziplinen Innere Medizin, Chirurgie und Radiologie bei diesem Krankheitsbild zu verdeutlichen: Bereits beim Primärtumor haben alle drei Disziplinen Anteil der Diagnostik. Während die Primärtumorresektion in der Chirurgie durchgeführt wird, erfordert z. B. das T4-Rektumkarzinom eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zur neo-adjuvanten Radiochemotherapie. Während nach Primärtumorresektion alle Disziplinen Anteil an der Nachsorge haben, liegt die adjuvante Chemotherapie bei UICC-III-Tumoren zumeist in der Hand der Internisten, während bei UICC-II/III-Rektumkarzinomen in der Regel (auch) eine adjuvante Radiatio durch die Radiologen durchgeführt wird. Während auch in der Diagnostik und dem Staging bei Lebermetastasen alle drei Disziplinen beteiligt sind, liegt die Therapie der Wahl, die Resektion, in den Händen der Chirurgie. Dabei ist aber eine interdisziplinäre Begutachtung aller Patienten mit Lebermetastasen Voraussetzung für die optimale Selektion resektabler Patienten. Bei nicht-resektablen Metastasen bieten alle Disziplinen Therapien an. Während in der Chirurgie der Schwerpunkt in der offenen oder laparoskopischen Kryo-, Laser-, und Radiofrequenzablation liegt, führen inzwischen vielerorts auch Radiologen die gleichen Techniken perkutan durch. Auch in Internistischen Abteilungen wird inzwischen vielerorts die Radiofrequenzablation sonographiegesteuert perkutan durchgeführt.
Um eine optimale Behandlung der Patienten zu gewährleisten ist es essenziell, dass die einzelnen Anwender der Therapien sich nicht als Konkurrenten verstehen, sondern zumindest innerhalb eines Klinikums im Rahmen von gemeinsamen „Tumorboards” eine optimale Therapiestrategie planen. Da selten alle zur Verfügung stehenden Methoden in einer Klinik durchgeführt werden, sondern vielmehr nur jeweils wenige Zentren ausreichende Erfahrungen in bestimmten Therapieformen haben, wäre es sinnvoll, wie auf anderen Gebieten bereits geschehen, Kompetenznetzwerke zu bilden.
Diese könnten ermöglichen, dass für einen Patienten, z. B. im Rahmen von Videokonferenzen der erfahrenen Vertreter der verschiedenen Therapieformen die beste Therapie ausgewählt wird, ohne dass dieser wie heute vielfach üblich mit seinen Unterlagen von Klinik zu Klinik in Deutschland reist. Insbesondere auch durch die neueren Konzepte der neoadjuvanten Chemotherapie bei nicht-resektablen oder prognostisch ungünstigen Metastasen und experimentellen Ansätzen, wie der Immuntherapie und der Gentherapie, stellt die Behandlung von Lebermetastasen eine interdisziplinäre Herausforderung dar.
Abb. 1 CT eines Patienten mit multiplen, nicht-resektablen Lebermetastasen eines Kolonkarzinoms.
Abb. 2 Operationspräparat (rechtes Hemikolon und rechter Leberlappen) nach Hemikolektomie rechts und Hemihepatektomie rechts bei Kolonkarzinom mit synchronen Lebermetastasen.
Abb. 3 Überleben und rezidivfreies Überleben (Kaplan-Meier) nach Resektion kolorektaler Lebermetastasen im eigenen Krankengut bis 1996 (n = 120).
Abb. 4 Methoden der Lebertumorablation.
Abb. 5 Überleben (Kaplan-Meier) nach Kryotherapie von malignen Lebertumoren (Kolorektale Lebermetastasen vs. Andere) im eigenen Krankengut.
Abb. 6 Fallbeispiel Kryotherapie bei einer solitären kolorektalen Metastase in ungünstiger Position. (a) CT präoperativ. (b) CT 10 Tage postoperativ. (c) CT 16 Monate postoperativ.
Abb. 7 Operationssitus nach Kryotherapie des Resektionsrandes nach erfolgter erweiterter Hemihepatektomie rechts.
Abb. 8 Fallbeispiel Kryotherapie bei resektabler Lebermetastase. (a) CT präoperativ. (b) MRT postoperativ vor Entlassung mit kompletter Nekrosezone. (c) CT im Verlauf mit schrumpfender Narbe.
Abb. 9 Interdisziplinäre Therapie des Kolonkarzinoms in Abhängigkeit vom Stadium der Erkrankung.
1 Antrittsvorlesung von Priv.-Doz. Dr. Joachim Kai Seifert, am 13. Februar 2001 im Hörsaal Chirurgie
Literatur
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- 2 Povoski S P, Fong Y, Sgouros S C, Kemeny N E, Downey R J, Blumgart L H. Role of chest CT in patients with negative chest x-rays referred for hepatic colorectal metastases. Ann Surg Oncol. 1998; 5 9-15
- 3 Nordlinger B, Guiguet M, Vaillant J-C. et al . Association Francaise de Chirurgie. Surgical resection of colorectal carcinoma metastases to the liver. A prognostic scoring system to improve case selection, based on 1568 patients. Cancer. 1996; 77 1254-1262
- 4 Seifert J K, Morris D L. Prognostic factors after cryotherapy for hepatic metastases from colorectal cancer. Ann Surg. 1998; 228 201-208
- 5 Weaver M L, Atkinson D, Zemel R. Hepatic cryosurgery in the treatment of unresectable metastases. Surg Oncol. 1995; 4 231-236
- 6 Curley S A, Izzo F, Delrio P, Ellis L M, Granchi J, Vallone P, Fiore F, Pignata S, Daniele B, Cremona F. Radiofrequency ablation of unresectable primary and metastastatic hepatic malignancies. Ann Surg. 1999; 230 1-8
- 7 Pearson A S, Izzo F, Flemign R Y, Ellis L M, Delrio P, Roh M S, Granchi J, Curley S A. Intraoperative radiofrequency ablation or cryoablation for hepatic malignancies. Am J Surg. 1999; 178 592-599
- 8 Vogl T J, Mack M G, Roggan A. Magnetresonanztomographisch gesteuerte laserinduzierte Thermotherapie von Lebermetastasen. Dtsch Ärztebl. 2000; 97 A2386-2390
- 9 Seifert J K, Gönner U, Achenbach T, Junginger T h. Die Lebermetastasierung - Therapeutische Konzepte und Ergebnisse. Ärzteblatt Rheinland-Pfalz. 1999; 52 327-330
-
10
Arbeitsgemeinschaften der Deutschen Krebsgesellschaft (CAO, AIO, ARO, ARNS). Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und der Deutschen Krebsgesellschaft: Lebermetastasen. Beilage G81 zu den Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 1998 5
1 Antrittsvorlesung von Priv.-Doz. Dr. Joachim Kai Seifert, am 13. Februar 2001 im Hörsaal Chirurgie
Priv.-Doz. Dr. Joachim Kai Seifert
Klinik und Poliklinik für Allgemein- und Abdominalchirurgie
der Johannes Gutenberg-Universität
Langenbeckstr. 1
55101 Mainz