Z Geburtshilfe Neonatol 2002; 206(2): 72-74
DOI: 10.1055/s-2002-30140
Fortbildungsarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Hebammen präferieren vaginale Geburt statt Wunschsektio[1]

German-speaking midwifes prefer vaginal mode of delivery to elective CaesareanU.  Harder1 , R.  Reutter2 , A.  Luyben3 , M.  M.  Gross4
  • 1Berlin
  • 2Stuttgart
  • 3Chur, Schweiz
  • 4Frauenklinik der MHH im Oststadtkrankenhaus, Hannover
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Publication History

3. 9. 2001

24. 9. 2001

Publication Date:
16 May 2002 (online)

Zusammenfassung

Als Reaktion auf die international häufig zitierte Umfrage von Al-Mufti, McCarthy und Fisk (1996) unter 282 Frauenärzten/-innen in London nach dem Geburtsmodus, den sie für sich bzw. ihre Partnerinnen wählen würden, wollten wir die Meinung von Hebammen erfahren. Zu diesem Zweck baten wir die Leserinnen der Zeitschrift „Die Hebamme” einen Fragebogen auszufüllen, der sich inhaltlich an die Untersuchung von Al-Mufti et al. anlehnt. Die Hebammen wurden nach ihrer persönlichen Einstellung zum Geburtsmodus gefragt.

Es wurden 446 Fragebogen ausgewertet. Etwa ein Drittel der teilnehmenden Hebammen war jünger, zwei Drittel waren älter als 30 Jahre, über die Hälfte der Teilnehmerinnen hatte mindestens ein Kind geboren. Bei einer unkomplizierten Schwangerschaft mit Schädellage am Termin wählen 100 % der Hebammen beim ersten Kind die vaginale Geburt. Liegen allgemeine Zusatzrisiken vor, sind es 96,6 %. Ein normalgewichtiges Kind in Beckenendlage wollten 80 % der Hebammen beim ersten Kind vaginal gebären, bei weiteren Kindern sind es sogar 91 % (p < 0,0001). Nur wenn Hebammen ein makrosomes Kind (Schätzgewicht über 4,5 kg) in Schädellage erwarten, entscheiden sich deutlich weniger für die vaginale Geburt. Hier stimmen beim ersten Kind nur 67 % dafür, bei weiteren Kindern wählen 74,2 % den vaginalen Geburtsweg (p < 0,0001).

Mit ihren Antworten geben die Hebammen der vaginalen Geburt deutlich den Vorzug gegenüber der geplanten Sektio. Dies ist angesichts der anhaltenden Diskussion um die Wunschsektio ohne medizinische Indikation ein erfreuliches Signal der nichtärztlichen Geburtshelferinnen. Die Ergebnisse der Hebammenbefragung unterscheiden sich deutlich von den Ergebnissen der 1996 von Al-Mufti et al. durchgeführten Umfrage unter englischen Gynäkologen und Gynäkologinnen. Die Präferenz der vaginalen Geburt wird von Hebammen erstrangig begründet mit den Aussagen: „Es ist der natürliche, physiologische Weg, das Geburtserlebnis und die aktive Teilnahme an der Geburt sind unverzichtbar, die Sektio- und Narkoserisiken sind zu hoch, eine sekundäre Sectio wäre ja immer noch möglich.” Für Hebammen spielt die Angst vor einer Beckenbodenschädigung oder einer negativen Beeinflussung des Sexuallebens bei der Wahl des Geburtsmodus eine untergeordnete Rolle.

Abstract

Increasing ceasarean section rates are a world wide concern in obstetrics. One of the latest contributing factors is the elective caesarean section in uncomplicated singleton pregnancy at term. The preference for this mode of delivery was primarily brought forward by obstetric practitioners (Al Mufty, McCarthy, Fisk 1996).

A questionnaire, which mainly aimed to ask germanspeaking midwifes in Austria, Germany and Switzerland about their personal choice of delivery mode, was included in one of the issues of the German-language midwifery journal “Die Hebamme”. This questionnaire contained 5 half-closed/half open questions describing specific obstetric occurrences. The midwifes were asked to express their preferred mode of delivery and describe their reason for choosing. 446 questionnaires (12 %) were returned.

The majority (100 %) of the germanspeaking midwifes preferred a normal vaginal delivery in an uncomplicated singleton pregnancy at term with a child in cephalic presentation. The rating was about the same (97 %) in the presence of general risk factors which don't indicate a primary caesarean section. Breech presentation and macrosomia are a matter of concern to the midwifes. Midwifes arguing for a first child in breech presentation or with macrosomia > 4.5 kg vote highly significantly more frequently for elective caesarean section than midwifes arguing for at least the second child.

The first-rate reasons for the preference of vaginal delivery concern the natural and physiological way of delivery, the personal experience of delivery, the higher risks of caesarean section and the possibility of a later caesarean section in case of fetal distress during first or second stage of labour. Concerns are expressed about the maintenance of competence amongst practitioners, thus influencing the choice of mode of delivery in obstetrics.

1 Bei dem vorliegenden Beitrag handelt es sich um eine Zusammenfassung eines Artikels, der in der Zeitschrift „Die Hebamme” publiziert wurde (Gross MM, Luyben A, Harder U, Reutter R, Welchen Geburtsmodus wählen Hebammen? Ergebnisse einer Umfrage, Hebamme, 4, 189-196, 2000)

Literatur

1 Bei dem vorliegenden Beitrag handelt es sich um eine Zusammenfassung eines Artikels, der in der Zeitschrift „Die Hebamme” publiziert wurde (Gross MM, Luyben A, Harder U, Reutter R, Welchen Geburtsmodus wählen Hebammen? Ergebnisse einer Umfrage, Hebamme, 4, 189-196, 2000)

  • 1 Gross M M, Luyben A, Harder U, Reutter R. Welchen Geburtsmodus wählen Hebammen? Ergebnisse einer Umfrage.  Die Hebamme. 2000;  13 189-196
  • 2 Al Mufti R, McCarthy A, Fisk N M. Obstetricians’ personal choice and mode of delivery.  Lancet. 1996;  347 544
  • 3 Dickson M J, Willett M. Midwives would prefer a vaginal delivery.  BMJ. 1999;  319 1008
  • 4 Van Roosmalen J. Unnecessary caesarean sections should be avoided.  BMJ. 1999;  318 121

Dr. Heb. Mechthild M. Groß

Frauenklinik der MHH im Oststadtkrankenhaus

Abteilung 1 Prof. C. Sohn

Podbielskistr. 380

30659 Hannover

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