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DOI: 10.1055/s-2002-32992
Behandlungsfehler-Management: Unterstützungshandlungen von Krankenkassen bei vermuteten Behandlungsfehlern
Malpractice-management: assistance by health insurancePublication History
Publication Date:
26 July 2002 (online)
Einleitung
Unter Bezug auf § 66 des Sozialgesetzbuches V (SGB V) bieten die Krankenkassen ihren Versicherten bei einem vermuteten Behandlungsfehler medizinische und juristische Beratung an. Insbesondere die AOK ist hier seit August 2000 verstärkt aktiv geworden. Innerhalb von 7 Monaten hätten sich allein in Bayern 2500 Versicherte an die AOK mit der Bitte um Unterstützung im Rahmen dieses „Behandlungsfehler-Managements” gewandt. Bei der AOK Berlin gingen bisher 1500 Anfragen ein, täglich kämen 80 neue Fälle auf den Tisch [1].
Zum Serviceangebot der AOK gehört nach eigenen Angaben die Feststellung des verantwortlichen Behandlers, der Diagnose und der Therapie sowie die Beschaffung von Behandlungsunterlagen. Erhärtet sich nach deren Prüfung durch einen Arzt, einen Juristen und einen Sozialpädagogen der Verdacht, dass ein Behandlungsfehler vorliegt, wird beim medizinischen Dienst der Krankenversicherung ein Gutachten in Auftrag gegeben. Dieses sei dann Grundlage für die Entscheidung, ob die AOK dem Versicherten weitere rechtliche Schritte empfiehlt oder selbst aktiv wird. Es gilt dann, Schadenersatzansprüche des Versicherten und der Krankenversicherung gegen Kliniken oder Ärzte durchzusetzen und mit Krankenhäusern oder Haftpflichtversicherungen über eine Entschädigung zu verhandeln.
Wenn auch von Seiten der Krankenversicherung betont wird, dass es nicht Absicht sei, Misstrauen in der Arzt-Patienten-Beziehung zu wecken, sondern ohnehin vorhandene Vermutungen, Anfragen oder Vorwürfe aufzugreifen und zu analysieren, eröffnet sich ein breites Konfliktfeld. Insbesondere geht es dabei auch um die Auslegung des Begriffs „Unterstützung” im § 66 SGB V, die in den einzelnen Bundesländern durchaus unterschiedlich gesehen wird. Dies gilt etwa für die Frage, ob die Unterstützung erst dann einsetzen dürfe, wenn ein Behandlungsfehler bereits feststehe bis hin zur Berechtigung des Anspruchs der Krankenkassen auf Herausgabe von Behandlungsunterlagen.
Auf alle Fälle haben wir uns mit diesem Unterstützungsangebot der Krankenkassen für ihre Versicherten verstärkt auseinanderzusetzen. Vor einer weiteren Darstellung und Wertung dieses Behandlungsfehler-Managements der Krankenkassen erscheint es dabei sinnvoll, eine kurze Betrachtung über die Definition und Häufigkeit von Behandlungsfehlern, die Ursachen fehlerhafter Behandlung und die Anlässe zum Behandlungsfehlervorwurf vorauszustellen.
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Prof. Dr. med. Hartwig Bauer
Chirurgische Abteilung Kreiskrankenhaus Alt/Neuötting
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