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DOI: 10.1055/s-2002-33159
Serumelimination von Hydroxyethylstärke bei mittelgradiger Einschränkung der Nierenfunktion
Serum Elimination of HES in Moderately Reduced Renal FunctionPublication History
Publication Date:
07 August 2002 (online)
Einleitung
Hydroxyethylstärke (HES) ist ein hydroxyethyliertes Glukosepolymer, das aus Wachsmaisstärke oder Kartoffelstärke hergestellt wird [1]. Das Ausmaß der Hydroxyethylierung (Substitutionsgrad DS und Molare Substitution MS) als vorrangigster Parameter, das Substitutionsmuster (C2/C6-Substitutionsverhältnis) sowie - mit Einschränkungen - auch die Molekulargewichtsverteilung und das mittlere Molekulargewicht (Zahlenmittel Mn und Massenmittel Mw) bestimmen die pharmakokinetischen Eigenschaften eines polydispersen Gemisches aus HES-Molekülen, wie es in den handelsüblichen 6 %-igen und 10 %-igen Infusionslösungen enthalten ist [2] [3] [4] [5] [6]. Aufgrund ihrer guten Verträglichkeit, welche u. a. durch eine fast fehlende Antigenizität begründet ist, stellen HES-Infusionslösungen seit längerem in Mitteleuropa und zunehmend in anderen Regionen das bevorzugte Volumenersatz- und Hämodilutionsmittel dar [7] [8] [9] [10] [11].
HES wird intravasal durch α-Amylase zu nierengängigen Bruchstücken gespalten (Nierenschwelle zwischen 40 000 und 70 000 Dalton). Je nach HES-Typ erfolgt dieser Abbau langsam oder rasch [2] [3] [6] [12] [13] [14]. So kann zwischen Typen mit langer intravasaler Wirksamkeit und verzögerter Elimination (Hetastarch, HES 450/0,7, HES 200/0,62) und solchen mit kürzerer Wirksamkeit und rascher intravasaler Elimination (Pentastarch, HES 200/0,5, HES 70/0,5, neuerdings auch HES 130/0,4) unterschieden werden, wobei der Trend - von speziellen Einsatzgebieten abgesehen - zunehmend zu letzteren Spezifikationen geht [11] [15] [16] [17].
Der Einfluss von HES-Infusionen auf die Nierenfunktion wurde bereits früh überprüft. Dabei zeigte sich in hypovolämen Zuständen eine Verbesserung und in normovolämen Situationen eine Konstanz der Nierenfunktion [18] [19]. Die Anwendung bei terminaler Niereninsuffizienz ergab für HES zwar erwartete Veränderungen des pharmakokinetischen Profils mit einer Verlängerung der Eliminationshalbwertszeit und einer korrelierten Erhöhung der Volumenwirksamkeit, unerwünschte Ereignisse wurden jedoch zunächst nicht berichtet [20] [21].
Diese ursprünglich sehr positive Einschätzung einer Anwendbarkeit von HES bei Nierenfunktionseinschränkungen änderte sich durch die Beobachtung des Auftretens von Aszites nach längerfristiger hochdosierter Verabreichung dieses Kolloids bei Dialysepatienten [22] [23]. Die Vermutung, dass es sich dabei um die klinische Manifestierung von Speicherungsphänomenen handelte, wird dadurch erhärtet, dass bis dato für HES kein nennenswerter physiologischer extrarenaler Eliminationsmechanismus beim Menschen nachgewiesen werden konnte [24] [25]. Auch stellten sich, im Gegensatz zur kontinuierlichen Hämofiltration, intermittierende Hämodialyseverfahren als relativ unwirksame extrakorporale Eliminationsmethoden heraus [26].
Nach vereinzelten Berichten über das Auftreten eines akuten Nierenversagens nach HES-Infusion [27] [28] wurde eine potentielle Nephrotoxizität der Substanz diskutiert [29]. Sorgfältige Analysen ergaben allerdings, dass in sämtlichen beurteilbaren Fällen entweder eine ausreichende Zufuhr kristalliner Flüssigkeitsmengen unterblieben war (Ausbildung einer Dehydratation mit konsekutiver Hyperviskosität des Primärharns) oder Nierenfunktionseinschränkungen bereits vorbestanden, letztlich eine Einstufung von HES als nephrotoxisch insgesamt unbegründet ist [30]. Aus den geschilderten Erfahrungen und Diskussionen resultierte die Empfehlung, die Nierenfunktion bei einem Einsatz von HES-Infusionslösungen ab einer Serumkreatininkonzentration von 1,2 bis 1,5 mg/dl engmaschig zu überwachen und ab einem Serumkreatininkonzentration von 2,0 mg/dl entweder zu unterlassen oder zumindest streng zu indizieren [31] [32] [33]. Diese Empfehlung findet auch heute noch bei den meisten HES-Präparaten in den Arzneimittelsicherheitshinweisen der Hersteller ihren Niederschlag.
Insgesamt muss die Frage, ob bzw. unter welchen Bedingungen HES bei mäßig oder stark eingeschränkter Nierenfunktion infundiert werden kann, vorläufig als unbeantwortet eingestuft werden. Da perioperativ erhobene Daten frühere Befunde, nämlich eine fehlende Beeinträchtigung einer initial normalen Nierenfunktion durch HES, bestätigen [35] [36], scheinen neue Vorstöße in Form von klinischen Studien gerechtfertigt, zumal die Möglichkeit der Hämofiltration als Blutreinigungsverfahren mit akzeptabler HES-Eliminationskapazität als Sicherheitsnetz zur Verfügung steht [26] [31] [34].
Vorliegende Studie sollte dazu beitragen, die Thematik erneut aufzurollen, und Hinweise liefern, ob sich bei einer mäßig bis mittelgradig eingeschränkten Nierenfunktion mit einer Serumkreatininkonzentration um 2,0 mg/dl ein klinisch relevant geändertes pharmakokinetisches Verhalten von HES 200/0,5 - dem in Mitteleuropa derzeit gebräuchlichsten HES-Typus - ergibt.
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1 Expahes®, Laevosan Gesellschaft, Linz, Österreich
Dr. Wolfgang Schimetta
Institut für Systemwissenschaften, Johannes Kepler Universität Linz
Altenbergerstraße 69
A-4040 Linz