NOTARZT 2002; 18(5): 178-182
DOI: 10.1055/s-2002-35153
Originalia
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die Entstehung von staatlichen Regelungen für das Rettungswesen und den Krankentransport im Deutschen Reich 1912

The Develop of Governmental Regulations of Rescue and Ambulance Services in Germany 1912A.  Sudahl1
  • 1Institut für Geschichte der Medizin der Universität Heidelberg (Direktor: Prof. Dr. med. Wolfgang U. Eckart)
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Publication Date:
30 October 2002 (online)

Zusammenfassung

In dem in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts entstehenden Rettungs- und Krankentransportwesen wurde bald die Notwendigkeit von Qualitätsstandards erkannt. Nach mehrjährigen Beratungen und statistischen Erhebungen wurden 1912 Richtlinien verabschiedet. Diese erscheinen auch heute noch aktuell. Der Primat des Arztes für die Erste Hilfe wird betont. Jedoch war die Art der Einbindung umstritten. Festangesellte Ärzte konkurrierten mit einem System aus nebenamtlich tätigen Medizinern, die einzelne Schichten ableisteten. Nichtärztliche Mitarbeiter, ehrenamtliche und hauptamtliche, waren ärztlicher Ausbildung, Aufsicht und Kontrolle unterworfen. Richtlinien für Fahrzeuge und Unterkünfte wurden aufgestellt. Die Einrichtung von ersten Notaufnahmen und „Zentralen”, also den Vorläufern der Rettungsleitstellen, wurde empfohlen. Weiter war das Verbringen von bewusstlosen Personen, die Einbindung von Krankenhäusern in das Rettungswesen und die Ausstattung der Notaufnahme beschrieben. Auch Regularien zur Krankenhauseinweisung wurden nicht vergessen. Dem Unterschied zwischen Stadt und Land war dergestalt Rechnung getragen, dass in der Stadt reguläre Rettungswachen mit hauptamtlichem Personal vorgehalten werden sollten, während auf dem Land und in kleinen Städten ehrenamtliches Personal aus den entsprechenden Organisationen den Rettungsdienst zu betreiben hatte. Flächendeckend waren Ersthelfer auszubilden, Material zur Ersten Hilfe einzulagern und für den Bedarfsfall zur Verfügung zu stellen. Pro Landkreis sollte ein Krankenwagen angeschafft werden. Die Finanzierung sollte die öffentliche Hand sicherstellen, die Transporte primär aber kostenpflichtig sein.

Abstract

In the second half of the 19th century rescue- and ambulance services were built. The necessity of standards was in the beginning of the 20th century realised. After a several years consideration and a statistical survey in 1912 a guideline passed. They seem to be still of immediate interest today. The primacy of the physician was accentuated. But the way of the participation from doctors in rescue services was disputed. Full-time medicines were in competition to part-time medicines who did only a few shifts. Volunteer and professional paramedic personal was educated and controlled by medicines. Guidelines for vehicles and quarters, for emergency departments and their equipment and for communication centres were established. Further the treatment of unconscious people, the participation of hospitals in rescue services, and regularies for the reception of patients in hospitals were recommended. The difference between urban settlement and countryside was considered in the way that in cities professional personal in regular ambulance stations and in the countryside volunteers were on duty. Everywhere first aid should be educated and first aid material hold ready. One ambulance for every district should be provided. The patients had to pay for using an ambulance, the costs of the rescue service should be payed by the communities and districts.

Literatur

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Dr. med. Alexander Sudahl

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