Dtsch Med Wochenschr 2002; 127(45 Schwerpunkt Hypertonie): 2373
DOI: 10.1055/s-2002-35358
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Effektive Hochdrucktherapie

Effective therapy in hypertensionB. Wedler
  • 1Median-Klinik Bad Lausick
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Publication Date:
07 November 2002 (online)

Prof. Dr. B. Wedler

Das Schwerpunktthema des diesjährigen 26.Wissenschaftlichen Kongresses der Hochdruck-Liga lautet: „Effektive Hypertonietherapie". Dabei soll dieses Thema den Fokus vor allem auf das Wort „effektiv" lenken. Denn gerade hier hat sich in den letzten Jahren ein Paradigmenwechsel vollzogen: Effektiv bedeutet nicht schlechthin Blutdrucksenkung in einen Zielblutdruckbereich hinein, sondern Senkung des Blutdruckes mit geeigneten, organprotektiven Medikamenten, um Zielorganschäden zu vermeiden und eine echte Prognoseverbesserung des Patienten zu erreichen - unter Berücksichtigung von Begleiterkrankungen, Zielorganschäden, Nebenwirkungen und Gegenregulationen. Die Berechtigung des o.g. Schwerpunktthemas geht auch aus Ergebnissen internationaler Studien zur gegenwärtigen Effektivität der Hochdrucktherapie hervor, die ja bekanntlich außerhalb von kontrollierten Studien bei ca 15-25% liegt. Ein Schwerpunktheft zu diesen Fragen muss und kann sich natürlich nur auf einige Themen konzentrieren, die jedoch eine Brückenfunktion zur gesamten Kongressproblematik haben sollen.

Zunächst wird in einer Originalarbeit auf die unheilvolle Verknüpfung von Hypertonie und pathologisch gesteigertem Gerinnungspotenzial aufmerksam gemacht (I.-W. Franz, Todtmoos). Zu dieser Problematik wird es i.R. des Kongresses einen ganzen Workshop geben, mit dem Ziel, dem Phänomen einer aktivierten Gerinnung bei arterieller Hypertonie in Verbindung mit der antihypertensiven Therapie stärker Rechnung zu tragen.

Ein spezielles, aber bedeutendes Thema für die Therapie beschreibt in einer Übersicht U. Schmitz, Bonn, nämlich die "Intrazelluläre Signaltransduktion von Angiotensin II und Interventionsmöglichkeiten am RAS". Diese Thematik ist angesichts vieler internationaler Studien zu ACE-Hemmern oder Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten hochaktuell. Wenn wir heute von organprotekiver Therapie sprechen, denken wir neben Betarezeptorenblockern und evtl. modernen Kalziumantagonisten vor allem an ACE-Hemmer und A-II-Rezeptorantagonisten. In einer weiteren Übersichtsarbeit nimmt G. Bönner, Bad Krozingen, zur Bedeutung des Pulsdruckes, also der Blutdruckamplitude Stellung und trifft damit sicher einen wichtigen Punkt: Es wird zu wenig an eine „angemessene" Blutdruckamplitude, auch unter einer antihypertensiven Therapie gedacht. Spätestens seit den Ergebnissen zur isolierten systolischen Hypertonie wissen wir aber, dass die Relation von systolischem zu diastolischem Druck, also die Druckamplitude neben der Absoluthöhe der Druckwerte für die Prognose von großer Bedeutung ist.

Um den nötigen Bezug zur Praxis zu schaffen, werden in diesem Schwerpunktheft auch zwei Kasuistiken, jeweils zu einer diagnostischen Problematik, Th. Mengden, Bonn, als auch zu einer therapeutischen Problematik, J. Scholze, Berlin, gestaltet. Diese Falldiskussionen im Sinne der guten alten wissenschaftlichen Diskussion um den konkreten Fall sollen typische Probleme aus heutiger Sicht ins Bewusstsein rücken.

Schließlich wird die Themenpalette dieses Schwerpunktheftes abgerundet durch zwei Arbeiten zu diagnostisch-therapeutischen Problemen. Dies ist zum ersten die Arbeit von I.-W. Franz, Todtmoos, zur Stellung der Echokardiographie in der Hochdruckdiagnstik. Er nimmt kritisch zu den möglichen Aussagen, aber auch zu den Grenzen der Echokardiographie Stellung. Zweitens bringt J. Hoyer, Berlin die Problematik der hypertensiven Krise und des hypertensiven Notfalls auf den letzten Stand der Erkenntnisse. Denn zu keinem anderen Zeitpunkt ist der Patient mehr gefährdet bezüglich drohender Zielorganschäden.

In einem Kommentar nimmt Th. Unger, Berlin schließlich zu „Neuen therapeutischen Optionen in der Hochdruckbehandlung" Stellung. Die Spannbreite reicht hier von Vasopeptidasehemmern bis hin zu noch hypothetischen Wirkmechanismen. Die kompetente Darstellung dieser schwierigen Materie lässt uns auf eine effektivere Hochdrucktherapie auch oder gerade in der Zukunft hoffen.

Dieses Heft sowie der Kongress mögen zu einer Verbesserung der Effektivität der antihypertensiven Therapie beitragen. Dieses Ziel ist letzten Endes nur durch kritische Betrachtung des eigenen ärztlichen Handelns als auch durch die eigene Weiterbildung erreichbar.

Prof. Dr. med. Burkhard Wedler

Leitender Arzt und Chefarzt der Median-Klinik Bad Lausick

Parkstraße 4

04651 Bad Lausick