Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2002; 37(12): 752-755
DOI: 10.1055/s-2002-35921
Mini-Symposium
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kompensationsmechanismen der perioperativen Anämie

Compensation Mechanisms of Perioperative AnemiaR.  Zander1
  • 1Institut für Physiologie und Pathophysiologie der Universität Mainz
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Publication Date:
05 December 2002 (online)

Fragestellung

Jede Anämie, also Abnahme der Hb-Konzentration (cHb, g/dl) unter den physiologischen Wert von 13,9 g/dl bei der Frau und 15,3 g/dl beim Mann (95 % Bereich 12,1 - 17,1 g/dl bei 455 Frauen und Männern [8]), löst pathophysiologische Reaktionen aus, die eine ausgeprägte perioperative Anämietoleranz des Patienten sicherstellen. Dabei wird bis auf weiteres unterstellt, dass die physiologische cHb als Ergebnis eines evolutionären Kompromisses für die verschiedensten Situationen zu interpretieren ist, nämlich unterschiedliche körperliche Aktivitäten (Ruhe, maximale Arbeit), Umgebungsbedingungen (Fetalzeit, Höhenaufenthalt), Hormonstatus (Alter, Geschlecht, Schwangerschaft) und Störgrößen (z. B. Rauchen). Da für den Patienten unter peri-operativen Bedingungen viele der genannten Anforderungen an die cHb wegfallen, könnte die Frage auftreten, ob unter diesen Bedingungen nicht ein anderes, also niedrigeres, Optimum nachgewiesen werden könnte. Derartige Versuche, für die normovolämische Hämodilution ein Optimum der cHb oder des Hämatokrits unterhalb des physiologischen Wertes nachzuweisen, müssen vorläufig als gescheitert angesehen werden: Für die mehrfach publizierte und später vielfach zitierte Abbildung - das prozentuale O2-Angebot zeigt ein eindeutiges Optimum bei einem Hämatokrit von 30 % [9] [14] [15] - ist in den genannten Publikationen nicht belegt (vergl. hierzu auch [12]) und hält einer wissenschaftlichen Nachprüfung nicht stand [22].

Das heißt aber nicht, dass es nicht für andere Situationen andere Optima geben könnte. Als gutes Beispiel dafür kann angeführt werden, dass anhand von ca. 50.000 Geburtsprotokollen weißer und schwarzer Frauen der Nachweis gelungen ist [2], dass bezüglich des Geburtsergebnisses (lebend, termingerecht, Mindestgewicht 2.500 g, Apgarwert über 3, usw.) ein eindeutiges Optimum für die cHb der Mutter von 11 g/dl (schwarze) und 12 g/dl (weiße) besteht.

Somit kann die Fragestellung dieser Betrachtung wie folgt formuliert werden:

Welche Kompensationsmechanismen bestimmen die peri-operative Anämietoleranz, und zwar für einen Patienten in körperlicher Ruhe, bei normaler Körpertemperatur (Normothermie), mit normaler Lungenfunktion (Normoxie) und normalem Blutvolumen (Normovolämie). Diese Festlegungen sind notwendig, weil jede Abweichung davon - Hyperthermie, Hypoxie oder Hypovolämie - zusätzliche Überlegungen erfordern.

Aus methodischen Gründen wird hier die cHb besprochen, auch wenn eigentlich die Sauerstoff-Konzentration (cO2, ml/dl) der bessere Parameter wäre und häufig in der Klinik aufgrund praktischer Überlegungen der Hämatokrit (Hkt, %) verwendet wird.

Literatur

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Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. med. R. Zander

Institut für Physiologie und Pathophysiologie, Universität Mainz

Saarstrasse 21

55099 Mainz

Email: zander@uni-mainz.de