Handchir Mikrochir Plast Chir 2002; 34(5): 335-336
DOI: 10.1055/s-2002-36316
Schlusswort

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Schlusswort zum Kommentar von H. Assmus zur Arbeit von J. S. Knabl, L. R. Walzer, A. Hartel, M. Frey : Komplette Parese des Nervus ulnaris durch ein traumatisches Aneurysma - Wiederherstellung der Nervenfunktion durch rechtzeitige Neurolyse

Handchir Mikrochir Plast Chir 2002; 34: 133 - 136Author's Remark to the Commentary of H. Assmus to the Article of J. S. Knabl, L. R. Walzer, A. Hartel, M. Frey: Total Ulnar Nerve Paralysis due to Acute Traumatic Aneurysm at the ForearmM. Frey
  • Klinische Abteilung für Wiederherstellungs- und Plastische Chirurgie an der Universitätsklinik für Chirurgie Wien
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Publication Date:
19 December 2002 (online)

Gut sind Kommentare zu Arbeiten, da sie zeigen, dass die Arbeiten gelesen wurden und eine Diskussion auslösen konnten. Der lehrmeisterliche Kommentar von Herrn Assmus zeigt allerdings das Gegenteil, dass er den Fallbericht unserer Arbeitsgruppe über eine durch ein traumatisches Aneurysma entwickelte, vollständige N. ulnaris-Lähmung schlecht gelesen hat.

Bereits in der Kurzfassung ist nachzulesen, dass der sorgfältig erhobenen Anamnese eine zentrale Bedeutung in der Differenzierung zwischen einer traumatischen Nervenläsion und einer allmählich durch die Kompression des sich entwickelnden Aneurysmas verursachten Lähmung zukommt: Der Patient wies bis 14 Tage nach der Stichverletzung nicht die geringste N. ulnaris-Symptomatik auf, vielmehr entwickelte sich parallel zur zunehmenden Schwellung eine vollständige Parese, die dann auch erst vier Wochen nach der Verletzung den Patienten zum Arzt führte. Eine Schädigung des Nervs durch die Verletzung selbst war dadurch vollständig ausgeschlossen, und es handelte sich nicht nur von Seiten des Aneurysmas, sondern auch von Seiten des N. ulnaris um eine ganz klare Operationsindikation. Das bemängelte Fehlen eines präoperativen Neurographiebefundes ist nicht nur durch die Überflüssigkeit zur Indikationsstellung zum operativen Vorgehen zu rechtfertigen, sondern durch die Tatsache der klinisch völlig klaren Situation der Vollständigkeit und der Höhe der Lähmung. Zudem ist die Wertigkeit der Neurographie in der Diagnostik der Nervenkompressionssyndrome mehr denn je in Frage gestellt, und so mancher Autor exkludiert heute die Neurographie als präoperativen oder Verlaufsparameter (Dawson und Mitarb. 1983[1], Kleinman und Bishop 1989[3], Greenwald und Mitarb. 1999[2]).

Zur Frage der Möglichkeit der Entwicklung von Nervenkompressionssyndromen außerhalb anatomischer Engstellen - diese sind übrigens niemals „physiologisch“, sondern anatomisch und können so zur pathologischen Veränderung am Nerven führen - sprechen die Fakten für sich: Der beschwerdefreie N. ulnaris wird durch ein bis auf 25 mm (!) anwachsendes Aneurysma im von der Unterarmfaszie räumlich eingegrenzten palmaren Kompartment am Übergang vom mittleren zum distalen Drittel komprimiert. Intraoperativ sind die Spuren der Kompression im Sinne einer 3 cm langen Delle und Ausplattung des Nervs nachweisbar, die für das hochgradige Kompressionssyndrom typische Fibrosierung macht eine Epineuriotomie notwendig. Die Entfernung des Aneurysmas, die Dekompression und Epineuriotomie des Nervs ermöglichen eine vollständige Erholung und Funktionsrückkehr des Nervs.

Auch wenn dies dem Kommentator nicht in seine, laut Literaturverzeichnis im Druck befindlichen, Theorien passt, wurde hier eindeutig ein Kompressionssyndrom des N. ulnaris an anatomisch atypischer Stelle nachgewiesen. Sicherlich hat die ungewöhnliche Größe des Aneurysmas in diesem von Knochen und Faszien umgrenzten Raum die chronische Druckwirkung von außen ermöglicht.

Die Empfehlung, die Messlatte für Fallmitteilungen höher anzulegen, darf ich somit zurückgeben und deren Anwendung für das Studium kommentierter Arbeiten, das Verfassen von Kommentaren und den Umgang mit noch nicht verfügbaren Literaturzitaten empfehlen.

Literatur

  • 1 Dawson D M, Hallet M, Millender L H. Entrapment Neuropathies. Boston; Little, Brown & Co. 1983: 99-116
  • 2 Greenwald D, Moffitt M, Cooper B. Effective surgical treatment of cubital tunnel syndrome based on provocative clinical testing without electrodiagnostics.  Plast Reconstr Surg. 1999;  104 215-218
  • 3 Kleinman W B, Bishop A T. Anterior intramuscular transposition of the ulnar nerve.  J Hand Surg [Am]. 1989;  14 972-979

o. Univ.-Prof. Dr. med. Manfred Frey

Abteilung für Plastische Chirurgie
Allgemeines Krankenhaus

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