Gesundheitswesen 2002; 64(12): 631-632
DOI: 10.1055/s-2002-36457
Laudatio
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Verleihung der Johann-Peter-Frank-Medaille 2002

Laudatio für Dr. Burkhardt JaeschkeJohann-Peter-Frank Medal 2002 AwardLaudatio for Dr. Burkhardt JaeschkeJ. Leidel1
  • 1Gesundheitsamt Köln
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Publication Date:
07 January 2003 (online)

Der Bundesverband der Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes würdigt heute einen Mann mit der Johann-Peter-Frank-Medaille, der sich selbst - wie ich zuverlässig weiß - als Kandidat für diese Medaille abgelehnt hätte. Für ihn war, was er tat, nicht mehr als Erfüllung der Pflicht, die er zusammen mit der Wahl zum 1. Vorsitzenden unseres Verbandes angenommen hatte.

Sie alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, wissen, dass Burkhardt Jaeschke stets mehr getan hat als nur eben seine Pflicht, dass er dies auf großartige Weise getan hat und dass er dies alles ehrenamtlich, neben der erfolgreichen Führung eines nicht eben kleinen Gesundheits- und Umweltamtes, geleistet hat. Er hat sehr viel gegeben für den Verband im Besonderen, aber vor allem für den öffentlichen Gesundheitsdienst im Allgemeinen und damit in der Nachfolge von Johann Peter Frank für die Gesundheit der Menschen in unserem Lande.

Burkhardt Jaeschke wurde am 10. August 1944 in Pyritz in Pommern geboren. Seine Schulzeit verbrachte er in Hannover, wo er zuletzt ein altsprachliches, ein humanistisches Gymnasium besuchte. Er selbst sagt, dass hieran für ihn grauenhafte Erinnerungen gebunden seien. Aber wie auch immer, vielleicht wurde ja doch in dieser Zeit der Grundstein gelegt für das ausgeprägte historische Interesse und das Geschichtsbewusstsein, die Burkhardt Jaeschke auszeichnen und die in seinen berufspolitischen Publikationen deutlich werden.

Nach dem Wehrdienst studierte er Medizin in Hamburg, wo er 1973 die Approbation als Arzt erhielt. Nach seiner klinischen Weiterbildung, insbesondere in Urologie, Chirurgie und Innerer Medizin, erhielt er die Anerkennung als Arzt für Allgemeinmedizin sowie als Arzt für Arbeitsmedizin. Es schließt sich eine fliegerärztliche Tätigkeit in der Bundeswehr an, die mit zahlreichen Aufenthalten im europäischen Ausland, aber auch in Afrika und Amerika einherging. Noch heute ist er der Flugmedizin verbunden.

1981 kam Burkhardt Jaeschke dann zum öffentlichen Gesundheitsdienst. Sein damaliger Chef, zugleich sein Vorgänger im Amt des 1. Vorsitzenden unseres Verbandes, der ebenfalls mit der Johann-Peter-Frank-Medaille ausgezeichnete Kollege Dr. Peter Grieve, beschreibt dies so:

„Bei mir im Gesundheitsamt famulierte eine junge Famula, der ich am Ende ihrer Famulatur anbot, nach ihrer Approbation als Ärztin in unser Amt zu kommen, da sie sich sehr engagierte. Ein paar Jahre später rief mich diese junge Kollegin an, kam auf mein Angebot zurück und sagte, sie selbst befände sich gerade in der Phase der Familienplanung und könne leider nicht kommen - aber ihr Mann sei Sanitätsoffizier und habe es satt, ständig an andere Standorte versetzt zu werden, er wolle bei der Familie leben. Dieser Ehemann stellte sich bei mir vor und machte einen so guten Eindruck, dass ich ihn sofort einstellte, auch wenn er eigentlich nur „Ersatzmann” war - es war Herr Jaeschke”.

Bereits 1982 legte er erfolgreich die Staatsärztliche Prüfung ab und erhielt die Anerkennung als Arzt für öffentliches Gesundheitswesen.

Die Zeit in Hamburg-Harburg, in der er rasch zum stellvertretenden Amtsarzt aufstieg und in der er alle Abteilungen des Harburger Gesundheitsamtes einmal leitete - er hat einen wirklich umfassenden Überblick über alle Facetten des öffentlichen Gesundheitsdienstes erhalten -, war inhaltlich durch beeindruckende Erfolge gekennzeichnet und persönlich durch die enge kollegiale und freundschaftliche Beziehung zu Peter Grieve. Der Leiter des Bezirksamtes Harburg verglich dieses Gespann einmal mit einem Tandem, bei dem man häufig nicht wisse, wer gerade lenkt und wer gerade tritt. Wobei ich anmerken möchte, dass beim Tandem eigentlich beide für den Vortrieb verantwortlich sind.

Als einen der größten inhaltlichen Erfolge in dieser Zeit sehe ich, dass es gelang, in Hamburg die Gesundheitsämter zu Ämtern für Gesundheit und Umweltschutz weiterzuentwickeln. 1987 wurde am Harburger Gesundheitsamt die Abteilung „Umweltschutz” eingerichtet, deren Leitung - wie könnte es anders sein - Herrn Jaeschke übertragen wurde. Noch heute ist Hamburg das einzige Bundesland, in dem die Aufgabenfelder öffentlicher Gesundheitsdienst und Umweltschutz unter amtsärztlicher Federführung vereint wahrgenommen werden. Und bemerkenswert und richtungsweisend scheint mir auch, dass in diesem Stadtstaat der Erfolg des Modells dazu führte, dass 2001 auch auf der senatorischen, also der Landesebene in der „Behörde für Umwelt und Gesundheit”, beide Bereiche wieder zusammengeführt worden sind. Bewusst sage ich hier „wieder”. Denn durch viele Jahrzehnte war die Ökologie als Teil der Hygiene integraler Bestandteil der öffentlichen Gesundheitspflege. In den meisten Bundesländern und im Bund selbst sind Umweltschutz und Gesundheit in verschiedenen Ressorts verortet, was mir mehr und mehr als wenig sachgerecht und oftmals geradezu als Ressourcenvergeudung erscheint.

Aber zurück zu Herrn Jaeschke:Seit 1989 nimmt er einen Lehrauftrag der Universität Hamburg wahr und trägt dafür Sorge, dass die Kolleginnen und Kollegen von morgen in ihrem Studium auch den öffentlichen Gesundheitsdienst wahrnehmen - in der ärztlichen Ausbildung wahrlich keine Selbstverständlichkeit.

Seit 1993 leitet Burkhardt Jaeschke das Gesundheits- und Umweltamt Hamburg-Harburg.

Zwei Jahre später wurde er zum Vorsitzenden unseres Bundesverbandes gewählt. Es spricht für die exzellente Aufgabenerfüllung durch Herrn Jaeschke, aber auch für die Weisheit unseres Verbandes, dass er 1998 mit großer Zustimmung wiedergewählt wurde. Im vergangenen Jahr stand er dann für eine erneute Wahl nicht mehr zur Verfügung.

Ich bräuchte lange, um all die Verdienste von Herrn Jaeschke um den öffentlichen Gesundheitsdienst hier zu nennen. Daher will ich mich auf das beschränken, was mir besonders erwähnenswert scheint:Neben der bereits angesprochenen Reunion von Gesundheit und Umweltschutz scheint mir bedeutsam, dass Burkhardt Jaeschke die Annäherung von Wissenschaft und Praxis stets am Herzen lag. Er hat sich damit von dem lange in unserem Verband gültigen und etwas inzüchtigen Motto „aus der Praxis für die Praxis” etwas gelöst und eine Weiterentwicklung eingeleitet, die zu besserer Kooperation zwischen unserem Bundesverband und den unseren Anliegen nahen wissenschaftlichen Gesellschaften geführt hat. Insbesondere sind hier die „Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention” zu nennen sowie die „Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Umweltschutz”. Der jetzige Vorstand wäre meines Erachtens nicht schlecht beraten, wenn er diesen Weg konsequent fortsetzen und auch den Schulterschluss zu weiteren wissenschaftlichen Gesellschaften suchen würde. In Verfolgung dieses Zieles, der besseren Verbindung von Wissenschaft und ÖGD-Praxis hat Burkhardt Jaeschke auch das Profil unseres Kongresses verändert und geschärft.

Berufspolitisch hat sich Herr Jaeschke vielfältig engagiert. Er war ein gesuchter Berater bei den Landesgesundheitsgesetzen in Schleswig-Holstein, NRW und Hamburg, er hat die Auffassung des ÖGD erfolgreich bei der Erarbeitung des Infektionsschutzgesetzes geltend gemacht und nicht zuletzt das Kursbuch für den Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen maßgeblich mit entwickelt. In der Ärztekammer Hamburg, wo er seit 1992 Mitglied der Kammerversammlung ist, ist sein Rat ebenso willkommen wie in der Bundesärztekammer, in der er sowohl berufenes Mitglied im Ausschuss „Arzt im öffentlichen Dienst” ist als auch im Ausschuss „Gesundheit und Umwelt”.

Und nur zur Abrundung sei darauf hingewiesen, dass Burkhardt Jaeschke seit Anfang dieses Jahres der Schriftleitung der Zeitschrift „Das Gesundheitswesen”, also unseres mal mehr, mal weniger geliebten „Blauen Dunstes” angehört und dass zahlreiche Publikationen und Buchbeiträge seine Erfahrungen auch für andere nutzbar machen.

Übrigens: Mit der immer noch und sicher für immer jungen engagierten Kollegin, die Herrn Grieve seinerzeit so imponierte, ist Burkhardt Jaeschke noch immer verheiratet. Die beiden haben drei wohlgeratene Kinder, die sich im Studium beziehungsweise am Ende ihrer Schulzeit befinden. Und ich denke, wir sollten in unseren Applaus für Herrn Kollege Jaeschke auch seine charmante Frau einbeziehen, denn es bedarf nur geringer Phantasie, sich vorzustellen, was das berufliche Engagement von Burkhardt Jaeschke auch seiner Familie und ganz besonders seiner Frau abverlangt hat.

Lieber Herr Jaeschke, ich gratuliere Ihnen zur höchsten Auszeichnung, die unser Verband zu vergeben hat, und ich bin absolut sicher, dass die Johann-Peter-Frank-Medaille in Ihnen einen besonders würdigen Träger hat.

Dr. med. J. Leidel

Gesundheitsamt Köln

Neumarkt 15 -21

50667 Köln

Email: jan.leidel@stadt-koeln.de