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DOI: 10.1055/s-2003-36675
Live-Demonstrationen endoskopischer Untersuchungen
eine PositionsbestimmungLive Demonstrations of Endoscopic ExaminationsA Status DeterminationPublication History
Publication Date:
16 January 2003 (online)
Sektion Endoskopie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS)
Endoskopische Techniken im Bereich der diagnostischen wie auch insbesondere der therapeutischen Endoskopie haben im letzten Jahrzehnt an Zahl und Komplexität zugenommen. Parallel hierzu haben sich in den letzten Jahren auch die Möglichkeiten theoretischen und praktischen Trainings erweitert. Es steht außer Zweifel, dass im Sinne der Qualitätssicherung eine systematische und gründliche Ausbildung unerlässlich ist. Folgende Forderungen sind zu stellen:
strukturiertes Curriculum des Ausbildungsganges (Definition der theoretischen und praktischen Inhalte) in verschiedenen Stufen (Grund- und Aufbaukurse), Definition der Ausbildungsziele, begleitende Evaluierung der Ausbildungseffekte.
Theoretische und praktische Ausbildung im Bereich der Endoskopie beinhaltet eine Reihe von möglichen Komponenten:
Lehrbücher, Bildatlanten, Lehr-CD-ROMs und Videos Teilnahme an Vortragsveranstaltungen inkl. Live-Demonstrationen Hospitationen in Kleingruppen oder individuell an Referenz-Zentren praktisches Training an Trainingsmodellen (Computersimulatoren, Biomodelle, in Einzelfällen evtl. auch an Lebendtieren) praktisches Training am Patienten unter Aufsicht
Die Demonstration endoskopischer Techniken in editierten Videofilmen kann exemplarisch die jeweilige Technik in ihren Facetten darstellen und ist abhängig von der Qualität didaktisch wertvoller Bestandteil der Endoskopie-Ausbildung. Die Beobachtungen von Live-Untersuchungen haben demgegenüber den Vorteil einer realistischeren Einschätzung der Komplexität des jeweiligen Verfahrens und der dazu notwendigen Logistik. Wie Experten mit unerwarteten Situationen umgehen, hat vermutlich einen höheren Lerneffekt als in der Idealsituation eines vorfabrizierten Videofilms. Ingesamt gibt es jedoch keine Daten zur Effizienz diverser Vortragsveranstaltungen inklusive Live-Demonstration sowie auch der einzelnen Lernschritte der Endoskopie-Ausbildung; die Evaluierung der praktischen Fortschritte von praktischen Trainingskursen wurde vor kurzem erst begonnen.
Im Sinne einer umfassenden Ausbildung betrachtet daher die DGVS mit ihrer Sektion Endoskopie Live-Demonstrationen ebenfalls als einen wichtigen Bestandteil endoskopischer Ausbildung. Potenzielle Nachteile einer behaupteten Gefährdung des Patienten müssen aber von vornherein ausgeschaltet werden. Dagegen muss aber auch bedacht werden, dass im Rahmen von Live-Demonstrationen oft neuere und neue Geräte und Techniken von sehr Erfahrenen eingesetzt werden, die dem jeweiligen Patienten durchaus zugute kommen können und von denen er im normalen klinischen Alltag seiner Klinik u. U. nicht profitieren würde.
Die DGVS mit ihrer Sektion Endoskopie gibt daher folgende Empfehlungen zur Durchführung von Live-Demonstrationen, die zum einen der Optimierung didaktischer Aspekte dienen, zum anderen aber vor allem ein höchstes Ausmaß an Patientenkomfort und -sicherheit gewährleisten sollen:
Zentrum: Durchführung in Zentren, die über eine ausreichende medizinische und technische Logistik verfügen, um einen reibungslosen Ablauf ohne Verzögerungen zu ermöglichen. Ausreichendes Personal während der Live-Demonstration, um allen Eventualitäten gewachsen zu sein. Hier ist vor allem zu berücksichtigen, dass Untersucher und Assistenz teilweise mit der Präsentation der Untersuchung beschäftigt sind; gegenüber der Routine zusätzliches ärztliches und pflegerisches Personal ist daher empfehlenswert, ggf. auch das Hinzuziehen eines Anästhesisten. Ausreichend erfahrene Moderatoren, die den Verlauf der Untersuchung und die Dauer der jeweiligen Übertragung mit beeinflussen können, sind unerlässlich. Gast-Endoskopiker: Beim Einsatz von Gast-Endoskopikern ist zu fordern, dass diese mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut sind oder sich ausführlich vertraut machen und Indikation und Vorgehen mit den behandelnden Endoskopikern vor Ort absprechen. Eine ähnliche Bedeutung haben auch Absprache und Kommunikation mit dem Endoskopie-Assistenzpersonal über Vorgehen, Einsatz von Zubehör etc., auch in Fällen, in denen der Gast-Endoskopiker seine eigene Assistenz mitbringt. Rechtliche (passagere Arbeitserlaubnis etc.) und versicherungstechnische Voraussetzungen müssen ebenfalls erfüllt sein. Patientenauswahl: Auswahl geeigneter Patienten, bei denen zwar neue Techniken zum Einsatz kommen können und sollen, bei denen jedoch der erwartete Schwierigkeitsgrad nicht zu hoch ist, damit der Untersucher in dem im Allgemeinen begrenzten Zeitfenster nicht zu sehr unter Druck gerät (z. B. langwierige Prozeduren, solche, die bisher gescheitert sind, etc.). Notwendige Untersuchungen dürfen nicht zugunsten einer Live-Demonstration zeitlich verschoben werden. Vorgehen bei der Endoskopie: Das Vorgehen bei der Live-Präsentation darf sich nicht von dem unterscheiden, das der Untersucher im klinischen Alltag an seinen Patienten unter Berücksichtigung von Indikation, Risiken und Alternativmöglichkeiten anwenden würde (auch im Bereich der Sedierung). Im Zweifelsfall muss gerade auch eine Live-Untersuchung abgebrochen oder die Übertragung des jeweiligen Falles beendet oder unterbrochen werden. Aufklärung: Umfassende Aufklärung des Patienten über die Teilnahme an einer Live-Demonstration mit Darlegung von Vor- und Nachteilen einer Live-Untersuchung, Einholen eines speziellen schriftlichen Einverständnisses. Diskussion: Während und nach der Live-Präsentation Einbindung des präsentierten „Falles” in den klinischen Gesamtzusammenhang mit Diskussion der Indikation und von Alternativen. Anschließend sollte auch die Möglichkeit der Diskussion mit dem Auditorium gegeben sein, um den didaktischen Effekt zu maximieren. Solche Diskussionen sollen allerdings möglichst nicht während der Untersuchung in die Länge gezogen werden, um den Ablauf nicht unnötig zu verzögern. Wichtig ist aber dennoch ein ausreichendes Zeitfenster für die Übertragung eines einzelnen „Falles”, um zu vermeiden, dass ohne Diskussionsmöglichkeit die Highlights des jeweiligen Verfahrens in Serie „durchgezogen” werden. Qualitätssicherung: Es ist wünschenswert, die Qualität einer Fortbildung mit Live-Demonstration von den Teilnehmern zu evaluieren, zumindest in der Form von vor Ort ausgeteilten Fragebogen. Ideen zur Entwicklung von Follow-up-Fragebogen von Kursteilnehmern werden derzeit von der Sektion Endoskopie diskutiert, um den Einfluss verschiedener Lehrformen (Vortrag, Videokurs, Live-Demonstration, praktische Kurse) auf Ausbildung und praktisches Verhalten im klinischen Alltag zu eruieren. Hier wird eine Zusammenarbeit mit lerntheoretischen Fachdisziplinen angestrebt.
Prof. Dr. Thomas Rösch
Oberarzt der Endoskopie, II. Medizinische Klinik rechts der Isar
der Techn. Universität München
Ismaningerstraße 22
81675 München