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DOI: 10.1055/s-2003-37600
Soziale Ängste: Internetressourcen für Professionelle und Betroffene
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
05. März 2003 (online)

Eine systematische Recherche zu Internetangeboten, die die Störung „Soziale Angst” thematisieren, zeigte, dass zu diesem Störungsbild deutlich weniger Angebote zu finden sind als bei anderen, was deutlich macht, dass die Epidemiologie bestimmter psychischer Störungen sich im Verhältnis nicht unbedingt in der Anzahl verfügbarer Internetinformationen widerspiegelt. Eine Suchanfrage [Stand: 09. 07. 02] in einer gängigen Suchmaschine [www.google.de] illustriert dies anhand der Anzahl der gefundenen Treffer im deutschsprachigen Web (siehe Tab. [1]). Es sollte aber angemerkt werden, dass Abfragen in Suchmaschinen zunächst nur einen ersten Hinweis zur quantitativen Thematisierung bestimmter Inhalte geben. Suchmaschinen verzeichnen nur ca. 30 % aller Websites (Günther u. Hahn 2000), und es kann kein Rückschluss auf die Qualität der Inhalte vorgenommen werden. Eine Erwähnung der Suchbegriffe in einer Webpage reicht, um „verschlagwortet” zu werden, auch wenn sich die Informationsseite nicht unmittelbar dem gesuchten Thema widmet.
Tab. 1 Anzahl der Treffer zu verschiedenen Störungsbildern in www.google.de Störung/Suchbegriff Anzahl der Treffer Soziale Phobie/Phobie 6 380/11 700 Bulimie 19 100 Schizophrenie 32 200 Depression 94 100
Bei der Aufbereitung dieses Beitrags fiel auf, dass Ressourcen von Betroffenen für Betroffene gegenüber solchen von Professionellen, die ihre Informationen an die Kollegenschaft oder Ratsuchende richten, deutlich überwiegen. Aufgrund der sozialen Angst inhärenten Symptomatik lässt sich mutmaßen, dass Betroffenen das Internet durch den Schutz der Anonymität und dem Wegfall von körperlicher Kopräsenz als Kommunikationsmedium entgegenkommt, um auf sich und ihre Problematik z. B. mittels einer persönlichen Homepage aufmerksam zu machen (zur Selbstdarstellung Betroffener von psychischen Störungen siehe Eichenberg 1998) oder in spezifischen Diskussionsforen mit ebenso Betroffenen in Kontakt zu kommen. Die starke Präsenz von Selbsthilfeangeboten im Internet macht den großen Bedarf deutlich und kann - im negativen Fall - das Vermeidungsverhalten in „realen” Situationen verstärken. Im günstigsten Fall kann es jedoch die konstruktive Funktion haben, soziale Isolierung als häufige Folge extremer sozialer Angst zu überwinden: Im virtuellen, geschützten Raum können positive Beziehungserfahrungen gemacht werden, die kurative Effekte haben und somit gegebenenfalls auf das „real life” übertragen und dort integriert werden.
Im Folgenden wird eine Auswahl an Internetressourcen zur sozialen Angst kommentiert vorgestellt: zunächst solche mit professionellem Inhalt, denen sich Informations- und Kommunikationsangebote für Betroffene anschließen.
Literatur
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1 Eichenberg C.
In der virtuellen Welt - Selbstdarstellung im Internet. In: Janssen L (Hrsg) Auf der virtuellen Couch - Selbsthilfe, Therapie und Beratung im Internet. Bonn; Psychiatrie-Verlag 1998: 186-199 - 2 Eichenberg C. Internet-Recherche: Angststörungen. Deutsches Ärzteblatt 2001 11: 25-26 [Supplement: Praxis Computer]
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3 Eichenberg C, Ott R.
Informationen über psychische Störungen im Internet: Überblick und Probleme. In: Ott R, Eichenberg C (Hrsg) Klinische Psychologie im Internet. Göttingen; Hogrefe 2003 -
4 Günther A, Hahn A.
Suchmaschinen, Robots und Agenten; Informationssuche im WWW. In: Batinic B (Hrsg) Internet für Psychologen (2. überarbeitete und erweiterte Auflage). Göttingen; Hogrefe 2000: 85-124 - 5 King S A, Poulos S T. Using the Internet to treat Generalized Social Phobia and Avoidant Personality Disorder. CyberPsychology and Behavior 1998 1: 29-36
- 6 Morschitzky H. Wenn Jugendliche ängstlich sind. Ratgeber für Eltern, Lehrer und Erzieher. Wien; ÖBV & HPT 1999
- 7 Morschitzky H. Angststörungen. Diagnostik, Konzepte, Therapie und Selbsthilfe (2. überarbeitete und erweiterte Auflage). Wien; Springer 2002
- 8 Ott R, Eichenberg C. Das Internet und die Klinische Psychologie: Schnittstellen zwischen einem neuen Medium und einem psychologischen Anwendungsfach. Psychotraumatologie 2002 4