Der Klinikarzt 2003; 32(3): 80
DOI: 10.1055/s-2003-38222
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Herzinsuffizienz

Robert H. G. Schwinger1
  • 1Köln
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Publication Date:
26 March 2003 (online)

Etwa 1 % der westlichen Bevölkerung leidet an einer chronischen Herzinsuffizienz, die Tendenz ist steigend. Das Grundleiden besteht in bis zu 75 % der Fälle in einer koronaren Herzerkrankung, bei 14-15 % der Patienten liegt eine dilatative Kardiomyopathie vor. Nur in wenigen Fällen findet sich ein kausal therapierbares Grundleiden - etwa ein Klappenvitium, das sich operativ korrigieren lässt. Bei den übrigen Patienten stehen allgemeine supportive Maßnahmen, wie beispielsweise eine Gewichtsreduktion, die Behandlung einer Hypertonie und eine salzarme Diät sowie die symptomatische medikamentöse Langzeittherapie (Kombinationstherapie mit ACE-Hemmer, Beta-Blocker, Diuretika und gegebenenfalls Digitalis und Aldosteron-Antagonist) im Mittelpunkt.

Das pathophysiologische Verständnis zur Therapie der chronischen, symptomatischen Herzinsuffizienz hat sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. War man initial davon ausgegangen, dass die verminderte Kontraktilität eine Therapie mit positiv inotrop wirksamen Substanzen fordert - zu dieser Zeit waren Beta-Rezeptorantagonisten sogar kontraindiziert -, so brachte das Verständnis zur Modulation der Vor- und Nachlast, aber ganz besonders das Verstehen der sympathoadrenergen und der Renin-Angiotensin-Aldosteron-Stimulation bei diesen Patienten einen grundlegenden Wandel in der Therapie (neurohumorale Stimulation). Waren in früheren Jahren günstige Einflussnahmen auf hämodynamische Parameter (meist nur kurze Zeit wirksam) das Ziel des therapeutischen Bemühens, so zielt die Pharmakotherapie nun auf die Beeinflussung lang andauernder, meist reparativ wirksamer Vorgänge. Nur für die neurohumoral wirksamen ACE-Hemmer und Beta-Blocker ist in mehreren randomisierten kontrollierten klinischen Studien eine Verbesserung der Symptomatik und eine Verlängerung des Überlebens nachgewiesen - und dies nur bei Patienten, die zudem mit Diuretika behandelt wurden!

Neben der Weiterentwicklung der konservativen Therapieoptionen, die auf die Beeinflussung der neurohumoralen Aktivierung zielen, werden mechanische und elektrische Unterstützungssysteme weiterentwickelt. Die biventrikuläre Schrittmacherstimulation beispielsweise zeigt eindrucksvolle Verbesserungen der Symptomatik bei herzinsuffizienten Patienten und möglicherweise auch einen prognostischen Benefit bei Patienten mit ausgeprägter QRS-Zeit-Verlängerung. Allerdings müssen hier die laufenden Studien noch abgewartet werden. Neben gentherapeutischen Ansätzen können in Zukunft möglicherweise Patienten nach Myokardinfarkt durch eine Zellersatztherapie profitieren. Welcher Zelltyp unter welchen Bedingungen dazu am besten geeignet ist, ist aber noch völlig ungeklärt. Die ersten klinischen Studien zeigen wohl eher die Sicherheit des Verfahrens als die langfristige Wirksamkeit dieser Technik.

Angesichts der immer noch sehr hohen Letalität der Erkrankung sind neue Optionen in der Therapie dringend gefordert. Aber bereits heute sollten wir jedem Patienten die Therapie mit ACE-Hemmer und Beta-Blocker angedeihen lassen, um so nicht nur seine Lebensqualität zu verbessern, sondern auch sein Überleben zu verlängern!

Prof. Dr. Robert H. G. Schwinger

Köln

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