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DOI: 10.1055/s-2003-38855
Pflegepersonal verhindert Sterben durch Verhungern
Publication History
Publication Date:
13 May 2003 (online)
Pflegepersonal darf einen Koma-Patienten gegen seinen durch den rechtlichen Betreuer geäußerten Willen über eine Sonde ernähren - und damit das Sterben durch Verhungern verhindern. Dem Pflegepersonal steht, so entschied das Landgericht Traunstein mit Urteil vom 16.10.2002, ein Zwangsernährungsrecht gegen den Willen des Patienten zu.
Ein seit vier Jahren nach einem Selbstmordversuch im Koma liegender Mann darf weiter gegen seinen Willen, durch seinen rechtlichen Betreuer geäußert, durch eine Sonde zwangsernährt werden. Das Landgericht Traunstein wies am 16.10.2002 die Klage des 37-jährigen Mannes, vertreten durch den Rechtsanwalt Wolfgang Putz, ab, mit der er über seinen Betreuer den Anspruch auf den eigenen Tod geltend macht. Der Vater des seit September 1998 in einem Heim im oberbayerischen Kiefersfelden lebenden Mannes wollte als Betreuer seines Sohnes erreichen, dass das Pflegepersonal die künstliche Ernährung einstellt. Das Pflegepersonal weigert sich jedoch, dies zu tun. Der vorsitzende Richter der 3. Zivilkammer am Traunsteiner Landgericht nannte den Anspruch des 37-Jährigen auf den eigenen Tod zwar rechtens. Daraus könne aber keine Verpflichtung für das Pflegepersonal abgeleitet werden, die Ernährung des Patienten über eine Sonde einzustellen, sagte er zur Urteilsbegründung. Der Richter sprach in dem Zusammenhang von „Lebensvernichtung”. Der Rechtsanwalt des Koma-Patienten kündigte Berufung beim Oberlandesgericht in München gegen das Urteil an und wertete das Urteil als „emotionale Entscheidung”. Wenn das Urteil der Traunsteiner Richter Bestand habe, „können Hunderttausende von Menschen ihre Patientenverfügungen für ein selbst bestimmtes Sterben an ihrem Lebensende vergessen”.
Werner Schell
Dozent/Dipl.-Verwaltungswirt
Harffer Straße 59
41469 Neuss
URL: http://www.wernerschell.de
URL: http://www.pflegerechtportal.de