Gesundheitswesen 2003; 65(4): 236-242
DOI: 10.1055/s-2003-39026
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Erhalten die Bewohner von Pflegeheimen vor Ort die richtigen Arzneimittel?

Zur Qualität beim Stellen von Arzneimitteln in PflegeheimenDo Local Nursing Home Inmates Get Appropriate Medication?Comments on the Quality of Drug Application in Nursing HomesA. Bader1 , S. auf dem Keller2 , U. Puteanus3 , T. Wessel4, 1
  • 1Chemisches Untersuchungsamt Bielefeld
  • 2Bereich Gesundheitswesen Oberhausen, Gesundheitsamt Mülheim
  • 3Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst NRW
  • 4Kreis Wesel, Fachbereich Gesundheitswesen, Stadt Krefeld, Fachbereich Gesundheit
Further Information

Publication History

Publication Date:
16 May 2003 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund: Das Bereitstellen (Stellen) von Arzneimitteln für die Bewohner in Alten- und Pflegeheimen ist vor dem Hintergrund der häufigen Multimorbidität der Patienten eine verantwortungsvolle Aufgabe der Pflegekräfte. Mit der vorliegenden Untersuchung soll ein Beitrag zum Abbau der derzeit noch bestehenden Wissensdefizite über die Qualität beim Stellen geleistet werden. Methodik: Amtsapothekerinnen und Amtsapotheker (örtliche Arzneimittelüberwachung) in Nordrhein-Westfalen verglichen im Rahmen ihres sozialpharmazeutischen Aufgabengebiets in einer nicht repräsentativen Stichprobe die für den einzelnen Patienten im Heim bereitgestellten Arzneimittel mit denen, die im Medikamentenblatt dokumentiert waren. Die Teilnahme war für die Heime freiwillig. Ergebnis: Bei der Hälfte der Heime konnten keine Fehler festgestellt werden. Bei 30 % der Heime wurde nur jeweils ein Fehler festgestellt. Bei etwa 20 % der Heime war die Qualität beim Stellen verbesserungswürdig. In Heimen, die bestimmte Qualitätsstandards einhielten, stellten die Untersuchenden die wenigsten Fehler fest. Mündliche - nicht dokumentierte - Absprachen scheinen häufig Ursache für vermeidbare Abweichungen zu sein.

Abstract

Background: Preparing prescribed drugs in unit dose systems for often multimorbid patients in nursing homes is a responsible and difficult task for the nursing personnel. The aim of this study was to increase the knowledge on the quality level of drug supply. Method: In a non-representative sample the local inspectorates for pharmacies in North Rhine-Westphalia compared the actually available drugs with the prescribed drugs documented in nursing homes. Participation was voluntary. Results: In 50 % of the investigated nursing homes no medication error could be found. 30 percent of the observed cases showed only one error. In 20 percent the individual preparation of drugs in unit dose systems should be improved. Nursing homes with specific quality standards showed the least number of errors. Oral and not documented arrangements seem to be a common cause for avoidable errors.

Literatur

  • 1 Tisch L. Apothekengesetz - Was bringt die Novelle?.  Pharm Ztg. 2002;  147 3456-3459
  • 2 Hendrichs H, Hövel G, Lohbreier-Dörr J. et al . Arzneimittelversorgung in Alten- und Pflegeheimen. Chancen durch zukünftige Versorgungsverträge zwischen Heimen und Apotheken.  Gesundheitswesen. 2001;  63 514-521
  • 3 Meyer-Wilmes J. Pharmazeutische Betreuung: Mehr Versorgungsqualität in Pflegeheimen.  Pharm. Ztg. 2002;  147 3100-3101
  • 4 Puteanus U. Verblistern für Heime - der Weg zur besseren Arzneimittelversorgung für Heimbewohner?.  Mitteilungsblatt des Bundesverbandes der Apotheker im Öffentlichen Dienst. 2002;  1 24-28
  • 5 Arbeitskreis Sozialpharmazie . Arzneimittel in Heimen: Wer kümmert sich um die tägliche Arzneimittelration von Heimbewohnern?.  Dt Apoth Ztg. 2001;  141 1398
  • 6 Taxis K, Dean B, Barber N. Hospital drug distribution systems in the UK and Germany - a study of medication errors. Pharm.  World & Science. 1999;  21 25-31
  • 7 Ziegelmeier M, Frenger J, Amann S. et al . Arzneimittelsicherheit beim Stellen fester oraler Arzneiformen. Poster auf dem 27. Wissenschaftlichen Kongress des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker e. V. in Hannover.  14.-17. Mai 1998; 
  • 8 Reißer C, Großarth E. Arzneimittelsicherheit im Krankenhaus. Untersuchung von drei Modellen.  Krankenhauspharmazie. 1996;  17 340-344
  • 9 Decker G, Meyer H J. Kardex-System auf der Station. Häufigkeit von Medikationsfehlern.  Krankenhauspharmazie. 1988;  9 405-407
  • 10 Mehrtens T, Carstens G. Medikationsfehler auf einer Station. Ergebnisse einer Untersuchung.  Krankenhauspharmazie. 1997;  18 168-170
  • 11 Roberts M S, Stokes J A, King M A. et al . Outcomes of randomized controlled trial of a clinical pharmacy intervention in 52 nursing homes.  Clin Pharmacol. 2001;  51 257-265
  • 12 Flynn E A, Barker K N, Pepper G A. et al . Comparison of methods for detecting medication errors in 36 hospitals and skilled nursing facilities.  Am J Health Syst Pharm. 2002;  59 (5) 436-446
  • 13 Butz W. Amtsapotheker in Nordrhein-Westfalen.  Dt Apoth Ztg. 1993;  133 3577-3581
  • 14 § 20.2 ÖGDG NW v. 25. November 1997: „Die untere Gesundheitsbehörde (Amtsapotheker) soll mit Unterstützung des Landesinstituts für den Öffentlichen Gesundheitsdienst anhand der ihr zur Verfügung stehenden Daten den Arzneimittelkonsum der Bevölkerung beobachten, dokumentieren, analysieren und bewerten. Sie kann dazu Erhebungen durchführen. Auf dieser Grundlage soll sie die Bevölkerung über einen verantwortlichen Arzneimittelkonsum aufklären, informieren und beraten sowie an der Bekämpfung des Drogen- und Arzneimittelmissbrauchs mitwirken.” Zum Aufgabengebiet Sozialpharmazie: Puteanus U. Sozialpharmazie. In: 2. Jahrestagung des lögd für den ÖGD.  Wissenschaftliche Reihe Bd. 7, lögd, Bielefeld 2000.
  • 15 Hendrichs H, Hövel G, Lohbreier-Dörr J. et al . Arzneimittelversorgung in Alten- und Pflegeheimen. Chancen durch zukünftige Versorgungsverträge zwischen Heimen und Apotheken.  Gesundheitswesen (hier sind diese Zahlen allerdings nicht veröffentlicht, sie sind aber im Rahmen dieser Untersuchung ermittelt worden und liegen dem lögd vor.). 2001;  63 514-521
  • 16 Platt D, Mutschler E. Über die Gefahren durch die Verordnung einer Vielzahl unterschiedlicher Arzneimittel. Pharmakotherapie im Alter. Ein Lehrbuch für Praxis und Klinik Stuttgart; Wiss. Verlagsgesellschaft 1999 23
  • 17 Kieschnick H, Mybes U. Organisation der Medikamentenversorgung für Bewohner/-innen von Altenpflegeheimen. Standards und andere Arbeitshilfen.  Kuratorium Deutsche Altershilfe. 1999; 

1 Zur sprachlichen Vereinfachung wird im Weiteren nur die männliche Form verwendet; damit sind natürlich gleichzeitig auch die jeweiligen weiblichen Personen wie Apothekerinnen, Patientinnen oder Amtsapothekerinnen gemeint.

2 In Nordrhein-Westfalen überwachen 35 hauptamtlich bei den 54 Kreisen und kreisfreien Städten tätige Amtsapotheker den Arzneimittelverkehr auf örtlicher Ebene und inspizieren Einzelhandelsbetriebe (Apotheken, Drogerien etc.). Zusätzlich sind sie u.a. für die Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs, die Überwachung der Gefahrstoffe im Einzelhandel und die Überwachung der Ärzte im Bereich Klinische Prüfung zuständig [13]. Neben den Überwachungsaufgaben sollen die Amtsapotheker nach den Vorgaben des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen (ÖGDG) im Rahmen des sozialpharmazeutischen Aufgabengebietes den Arzneimittelkonsum der Bevölkerung beobachten, dokumentieren, analysieren und bewerten sowie sich daraus ergebende Informations- und Aufklärungsaktivitäten entwickeln [14].

3 Das Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen unterstützte das Projekt und regte die Amtsapotheker an, sich am Projekt zu beteiligen.

Dr. Udo Puteanus

Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen

Von-Stauffenberg-Straße 36

48151 Münster