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DOI: 10.1055/s-2003-39216
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Allergologie
Publication History
Publication Date:
13 May 2003 (online)
Die Allergologie befasst sich mit etwas höchst Merkwürdigem: Auf der einen Seite sind die Betroffenen überwiegend beschwerdefrei und im klassischen organpathologischen Sinne auch tatsächlich gesund, andererseits versterben in Deutschland mehr Personen an einer allergischen Attacke als in einer Lawine und nach dem Angriff durch gefährliche Tiere. Welche Krankheit vermag sich zudem in höchst unterschiedlichem Milieu an beliebiger Stelle des Organismus zu manifestieren?
Damit befasst sich die Allergologie also eigentlich mit Erkrankungen, die für sich allein keine sind. Jede Funktionsstörung - sei es eine Störung der Schilddrüse, der Leber oder welches Organ auch immer betroffen ist - führt zwangsläufig zu Symptomen. Anders ist dies bei der Allergie, denn einem Eskimo wird in seiner Heimat sein Heuschnupfen nie auffallen. Und warum merkt ein Bettfedern-Allergiker nichts, wenn er Federvieh verzehrt?
Die Sache hat es offenbar in sich. Denn Allergien sind eben ein Ausdruck einer Fehleinschätzung des Körpers. Offensichtlich ist es für Organismus und Gesundheit weniger wichtig, fremd von eigen zu unterscheiden als harmlos von gefährlich zu differenzieren. Genau dies ist der springende Punkt: Wieso muss das Immunsystem ein Jod-Molekül beim Allergiker bekämpfen, wenn es doch im Organismus eigentlich unentbehrlich ist? Selbst die Erkenntnis, das Immunsystem schlage nur nach Aufforderung zu, hebt das Problem lediglich auf die Ebene der antigenpräsentierenden Zelle, die das Immunsystem als nützlichen Idioten kommandiert. Der Grundlagenforschung ist bislang nicht klar, wie es zu dieser Fehleinschätzung kommt - bei wem und unter welchen Voraussetzungen sich Allergien manifestieren.
Es wird sicherlich noch dauern, bis die Forschung diese Mysterien erhellen kann. Noch speist sich das Wissen der Allergologie mehrheitlich aus Beobachtungen - etwa der Epidemiologie. Wie ist das Geheimnis zu lüften? Es wird eine Gemeinschaftsleistung werden, wie eben auch Verschiedenes zusammenkommen muss, bis die Fehlleistung der Abwehr spürbar durchschlägt. Doch die Allergologie hat viel zu bieten: Vor allem funktionelles Denken hilft beim Verständnis der Hintergründe. Diese wiederum sind Grundlage der Diagnostik, Therapie und Prophylaxe. Das gesammelte Wissen hierzu finden Sie in diesem Heft.