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DOI: 10.1055/s-2003-39572
Drogenkonsum und Sucht: gestern - heute - morgen[*]
Drug Use and Addiction: Past - Present - Future Ein Beitrag zum Symposium zu Ehren von Ambros UchtenhagenPublication History
Publication Date:
28 May 2003 (online)
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Alkohol- und Drogenkonsum im 21. Jahrhundert
In den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wurde zunehmend deutlich, dass Alkohol- und Drogenkonsum (auch Heroin oder Kokain) nicht notwendigerweise zu Missbrauch oder Abhängigkeit führen und dass Cannabis keine Einstiegsdroge zu Kokain- oder Heroinabhängigkeit ist. Zudem ist inzwischen allgemein bekannt, dass viele (illegale) Drogen nur zeitweilig und fast ausschließlich in bestimmten Übergangsphasen im Leben konsumiert werden. Dies gilt eindeutig für Cannabis und Kokain und wahrscheinlich auch für XTC. Zudem fluktuiert der Gebrauch dieser Substanzen im Laufe der Zeit und passt sich den Trends der Jugendkulturen an.
Die Konsummuster der eher traditionellen Drogen wie Tabak und Alkohol (und Kaffee) weichen sehr hiervon ab. Alkohol- und Tabakkonsum war in der westlichen Welt eng mit dem steigenden Lebensstandard nach dem 2. Weltkrieg verbunden; seit den 90er-Jahren sind die Konsummuster stabil. Wer mit dem Konsum dieser Substanzen anfängt, tendiert dazu, weiter zu konsumieren, wobei eine beträchtliche Minderheit die Kontrolle verliert und süchtig wird. Der fortgesetzte Tabakkonsum hängt sicherlich mit seinem hohen Missbrauchspotenzial zusammen. Fortgesetzter Alkoholkonsum dagegen scheint mit der sozialen Rolle zusammenzuhängen, die der Alkohol in modernen westlichen Gesellschaften spielt, sowie mit dem Trinkritual, das für die meisten Konsumenten die Basis für langen kontrollierten Konsum bietet.
Insgesamt ist Drogenkonsum - als bewusster und beabsichtigter Weg, andere Bewusstseinszustände herbeizuführen - ein weitgehend akzeptiertes Element des modernen Lebens mit seinen liberalen Werten und hohem Toleranzniveau. Darüber hinaus spielt der sozial akzeptierte und oft stark ritualisierte Konsum neuer Drogen eine Rolle bei „cocooning events” und in neuerer Zeit bei Raves und in Discos. Angesichts der gegenwärtigen Entwicklungen in Europa scheint es nicht länger undenkbar, dass sich in den nächsten 30-50 Jahren eine weitere Liberalisierung und wahrscheinlich vollständige Legalisierung mit einem staatlich kontrollierten Markt aller Drogen in der westlichen Welt entwickeln wird.
Alles in allem scheint der Konsum von Alkohol und Drogen mit Verfügbarkeit und Wohlstand zusammenzuhängen, während die Sucht nach Alkohol und Drogen immer noch mit Armut und fehlenden Entfaltungsmöglichkeiten zusammenhängt. Dies trifft sowohl innerhalb der ethnischen Gruppen als auch zwischen den ethnischen Gruppen zu; höhere Suchtraten finden sich in den sozial unteren Klassen und bei ethnischen Minderheiten mit ihren sozialen Benachteiligungen.
1 * Prof. Ambros Uchtenhagen zu seinem 75. Geburtstag gewidmet.
1 * Prof. Ambros Uchtenhagen zu seinem 75. Geburtstag gewidmet.
Prof. Dr. Wim van den Brink
MD PhD
Academic Medical Center University of Amsterdam
Amsterdam Institute for Addiction Research
Jacob Obrechtsstraat 92
1071 KR Amsterdam
Niederlande
Email: w.vandenbrink@amc.uva.nl