Sprache · Stimme · Gehör 2003; 27(2): 88-91
DOI: 10.1055/s-2003-40256
Schwerpunktthema
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Poltern und Stottern als Ausdruck der emotionalen Befindlichkeit: ein Erfahrungsbericht aus sprachtherapeutischer Sicht

Babbling and Stuttering as an Expression of the Emotional StateA. Scherer1
  • 1Großostheim
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Publication Date:
25 June 2003 (online)

Zusammenfassung

Die Redestörungen Poltern, Stottern und elektiver Mutismus treten nur im Dialog auf, und auch da sehr unterschiedlich, je nach Atmosphäre, Situation und Dialogpartner. In ihrem Erscheinungsbild zeigen sie sich mit auffallender und oft sehr ausgeprägter Personen- und Situationsvariabilität. Redeflussgestörte machen immer wieder und kontinuierlich die Erfahrung, dass sie in kommunikativen Situationen erfolglos sind. Dialoge misslingen, das Selbstbild rückt mehr und mehr ins Negative. Je nach Art der Konfliktverarbeitung können als Folge eines verunsicherten Dialogerlebens Symptome in Form von Redestörungen auftreten. Sie können als Ausdruck der emotionalen Befindlichkeit gesehen werden. Vom Poltern über klonische und tonische Formen des Stotterns bis hin zu mutistischen Verhaltensweisen ergeben sich häufig fließende Übergänge. Die Störungen der Rede Poltern, Stottern und Mutismus können als Produkt aus einem multifaktoriellen Bedingungsgefüge betrachtet werden. Aus dieser Sichtweise steht die Pathologisierung am Ende eines Prozesses, in dem sich mehrere Faktoren aus unterschiedlichen Bereichen gegenseitig beeinflussen. Von den verschiedenen verursachenden Faktoren lassen sich viele nicht verändern. Auf manche der ‚Bausteine’ lässt sich jedoch Einfluss nehmen. Diese liegen vorwiegend im pädagogisch-psychologischen Bereich, und genau dort kann therapeutisch wirkungsvoll angesetzt werden, indem die Selbstsicherheit erhöht, das Selbstwertgefühl und damit die gesamte Persönlichkeit gestärkt werden.

Abstract

Speech disorders such as ‘babbling’, stuttering and elective mutism typically occur in dialogue. There is a well known variation of symptoms depending on the person’s mood, the actual situation and on dialogue partners. Symptoms may change noticeably and often very dramatically, depending on the persons involved and the situation in question. People with speech fluency disorders notice again and again that they feel unsuccessful in communicative situations. Their dialogues fail and the self-perception turns more and more negative. As a result of unsuccessful dialogue experiences, symptoms in the form of speech disorders may occur. They depend on the type of strategy which is used to cope with conflicts. The symptoms can be considered as an expression of the emotional state. In many cases one can not clearly distinguish between ‘babbling’, different forms of stuttering, and different forms of mutistic behaviour patterns. The speech disorders such as ‘babbling’, stuttering, and mutism can be considered as multi-factorial. In this perception the pathology is at the end of a process of various factors from different areas influencing each other. A lot of these different casual factors cannot be changed. However, some of these ‘building-blocks’ can be influenced upon. These ‘building-blocks’ lie predominantly in the pedagogical-psychological area where therapeutically effective intervention can be provided by increasing the person’s self-assurance as well as his self-esteem and hereby strengthening the whole personality.

Literatur

  • 1 Westrich E. Zum personenzentrierten Verständnis der Redeauffälligkeiten. In: Grohnfeldt M. (Hrsg.) Störungen der Redefähigkeit. Handbuch der Sprachtherapie. Bd. 5 Berlin; Marhold 1992: 359-377
  • 2 Motsch H -J. Problemkreis Stottern: Theoretische und therapeutische Neuorientierung. Berlin; Marhold 1983
  • 3 Motsch H -J. Problemkreis Stottern: Theoretische und therapeutische Neuorientierung. Berlin; Marhold 1983: 36
  • 4 Schoor U. Schweigende Kinder im Kindergarten und in der Schule.  In: Die Sprachheilarbeit Jg.. 2002;  47(5) 219-224
  • 5 Scherer A. Partnerschaftliche Elternarbeit als Weg der Prävention und Therapie bei Kindern mit (beginnendem) Stottern. Fachbereich Erziehungswissenschaften phil. Diss. Marburg; 1994

Dr. Alois Scherer

Döpfnerstraße 32

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