Aktuelle Dermatologie 2003; 29(8/09): 311
DOI: 10.1055/s-2003-41991
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Gezielte Immunmodulation im Kommen

The Coming of On-Target ImmunomodulationS.  Goerdt
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Publication Date:
16 September 2003 (online)

Immunprozesse und Entzündungsreaktionen bestimmen in weiten Bereichen der Dermatologie die Pathomechanismen, die Schwere und den Verlauf von Hautkrankheiten; dieser Bereich reicht von den klassischen immun-mediierten, chronisch-entzündlichen Dermatosen wie der atopischen Dermatitis und der Psoriasis über die malignen Hauttumoren mit der tumorbedingten Herunterregulierung der Immunantwort bis zu Krankheitsbildern wie Vitiligo, Alopecia areata und Akne. Für viele dieser Dermatosen, einschließlich der schweren Autoimmunerkrankungen, brachte die Einführung der Glukokortikoide in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts erste durchgreifende therapeutische Erfolge sowohl bei systemischer als auch bei topischer Anwendung. Zugegebenermaßen ist jedoch die immunmodulatorische und entzündungshemmende Wirkung sowohl der Glukokortikoide als auch der in der Folge zum Einsatz gelangten systemischen Immunsuppressiva sehr breit, so dass diese Substanzen auch ein weites Spektrum an unerwünschten Wirkungen aufweisen. Die herausragenden Erfolge der Immunologie und Molekularbiologie in den letzten Jahrzehnten haben jedoch ein zunehmend tieferes Verständnis der den Immundermatosen und chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen zugrundeliegenden Pathomechanismen auf molekularer Ebene möglich gemacht. Damit wird am Horizont die Möglichkeit von gezielten immunmodulatorischen Eingriffen erkennbar, wobei die Auswahl der molekularen Targets eine erhöhte Spezifität der Therapie und ein geringeres Nebenwirkungsspektrum erhoffen lässt. Prototypisch für diese Entwicklung stehen die so genannten Biologicals, die in Form von spezifischen Antikörpern, therapeutisch eingesetzten Zytokinen oder löslichen Rezeptoren ein gezielteres und selektiveres therapeutisches Handeln bei unterschiedlichen Immundermatosen möglich machen.

Nicht alle Hoffnungen sind jedoch mit den derzeit vorhandenen Biologicals realisierbar, zumal auch hier unerwünschte Wirkungen auftreten können und die hohen Kosten derzeit noch einen breiten Einsatz verhindern. Parallel zur Entwicklung von Biologicals sind daher auch die mehr klassischen Verfahren der Medikamentenentwicklung zum Einsatz gekommen. Diese umfassen die Verbesserung bekannter Substanzklassen durch Derivatisierung (z. B. nichtatrophogene Steroide), die Entwicklung von nebenwirkungsärmeren Applikationsformen (topische Immunsuppressiva) und die gezielte Suche nach niedermolekularen Pharmaka mit spezifischer Wirkung auf immunologisch relevante Moleküle. Diese letzteren Entwicklungen mögen vielleicht weniger spektakulär sein, haben jedoch in der Verbesserung des therapeutischen Arsenals einen herausragenden Platz.

Die Entwicklung im Bereich der systemischen und topischen Immunmodulatoren sind keineswegs abgeschlossen. Daher haben die Herausgeber dieses Themenheft in zwei Teile untergliedert, von denen der erstere über den derzeitigen State of the Art der immunmodulatorischen Therapie von Hautkrankheiten berichtet, während der zweite noch nicht in der breiten klinischen Anwendung befindliche Verfahren und Perspektiven darstellt. Auch wenn die im zweiten Teil dargestellten therapeutischen Optionen derzeit noch nicht Eingang in die tägliche Praxis des niedergelassenen Dermatologen finden können, ist es doch wichtig, dass jeder Dermatologe mit den Möglichkeiten und Grenzen aktueller Therapiemodalitäten soweit vertraut ist, dass er seine Patienten, die über das Internet heute sehr viele Informationen häufig jedoch ungewichtet erhalten können, fundiert beraten kann. Um dies zu ermöglichen, haben die Herausgeber die wichtigsten Immunmodulatoren zur Besprechung ausgewählt und renommierte Autoren für entsprechende Übersichtsreferate gewinnen können. Nur so lässt sich sicherstellen, dass in der Dermatologie, die in Forschung und Krankenversorgung entscheidend zur Verbesserung der immunmodulatorischen Therapie beigetragen hat, die hohe Kompetenz auf diesem wichtigen Gebiet erhalten bleibt und gestärkt wird.

S. Goerdt, Mannheim

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