Sprache · Stimme · Gehör 2003; 27(4): 185-191
DOI: 10.1055/s-2003-45169
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Emotionen - Hörenlernen - Sprache erwerben

Emotions - Learning to Hear - Acquire SpeechU. Horsch1
  • 1Erziehungswissenschaftliche Fakultät, Pädagogik der Gehörlosen und Schwerhörigen, Pädagogische Hochschule Heidelberg
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
02. Januar 2004 (online)

Zusammenfassung

Gefühle bestimmen die Architektur des Gehirns. Das ist eine provokante These, die von Neurobiologen vertreten wird. Unbestritten ist, dass im Prozess des Hörenlernens und des Spracherwerbs emotionale und damit gefühlsmäßige Elemente in der Sprache der Mutter sichtbar werden, die Einfluss auf die Entwicklung dieser Prozesse nehmen. Sie gehen Hand in Hand mit Angeboten in der mütterlichen Sprache, die dem Kind helfen, seine Spracherwerbsprobleme zu lösen. Beide Aspekte sind konstituierend für die Sprache der Mutter, die Motherese. In der hier vorgestellten Langzeitstudie wird die frühe dialogische Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern unter dem Aspekt der Motherese vorgestellt. Es werden dabei sowohl emotionale Anteile, als auch die auf die Hörentwicklung und den Spracherwerb sich beziehenden Elemente der Motherese vorgestellt und diskutiert. Auf der Grundlage von Ratingskalen wird über den Zeitraum von 1,6 Jahren die spezifische Ausprägung der Motherese bei Müttern hörender Kinder ermittelt und mit der Motherese der Mutter eines cochlear-implantierten Kindes vergleichend diskutiert. Am Beispiel des dialogischen Echos wird die Notwendigkeit einer entwicklungsbezogenen Orientierung in der Früherziehung sichtbar gemacht

Abstract

‘Emotions are the leaders of our brain’s architecture’ is a provoking thesis that is proposed by neurobiologists. It is proved that during the process of learning to listen and of acquiring language, there are emotional, i. e., moving elements in the mother’s speech that influence the development of above mentioned processes. These elements appear parallel with the offers of the mother’s speech, the latter helping the child to solve his problems in the process of acquiring language. However, both aspects are constitutional in respect to the mother’s speech, Motherese. This longitudinal study is to show the early dialogical development of babies and small children, looking at the aspect of Motherese. Emotional aspects, as well as, elements that refer to the development of listening, and language acquisition will be shown and discussed. Based on rating scales, you can see the specific development of Motherese with mothers of hearing children compared with the Motherese of a child with a cochlear implant over a period of 1.6 years. Taking the dialogical response as an example, the necessity of an orientation that refers to child development in early intervention is demonstrated.

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Prof. Dr. U. Horsch

Erziehungswissenschaftliche Fakultät

Pädagogik der Gehörlosen und Schwerhörigen

Pädagogische Hochschule Heidelberg

Zeppelinstr. 3

69121 Heidelberg

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