Psychother Psychosom Med Psychol 2003; 53(12): 485-493
DOI: 10.1055/s-2003-45368
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Psychosomatische Beschwerden und Anforderung psychosomatischer Konsile in der Frauenheilkunde

Psychosomatic Complaints and Utilisation of Psychosomatic Consultation Services in Gynecology and ObstetricsVolker  Köllner1 , Franziska  Einsle1 , Kerstin  Haufe1 , Kerstin  Weidner1 , Wolfgang  Distler2 , Peter  Joraschky1
  • 1Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden
  • 2Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden
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Publikationsverlauf

Eingegangen: 15. Juli 2002

Angenommen: 2. Juni 2003

Publikationsdatum:
08. Dezember 2003 (online)

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Zusammenfassung

Ziel unserer Studie war es, Angst, Depression und Allgemeinbeschwerden bei Patientinnen einer Universitätsfrauenklinik mit Screeningfragebogen zu erfassen und mit der Inanspruchnahme des psychosomatischen Konsiliardienstes zu vergleichen. Hierzu wurden 517 wegen eines gynäkologischen Krankheitsbildes oder geburtshilflicher Komplikationen aufgenommene Patientinnen mit dem HADS-D auf Angst und Depression sowie mit dem GBB-24 auf Allgemeinbeschwerden untersucht. Parallel wurden Stations- und Konsiliarärzte befragt. 28,7 % der Patientinnen wiesen mindestens einen pathologischen und weitere 19,8 % einen grenzwertigen Fragebogenwert auf. Bei 2,9 % der Patientinnen war ein Konsil angefordert worden. Eine Nachbefragung der 87 Patientinnen mit den höchsten Scores einen Monat nach Entlassung zeigte einen signifikanten Rückgang aller Skalenmittelwerte dabei wiesen aber noch 23 % pathologische Angst- und 15 % pathologische Depressionswerte auf. Die ÄrztInnen der Frauenklinik schätzten Angst, Depression und die Bereitschaft, psychische Faktoren bei der Krankheitsentstehung zu berücksichtigen signifikant geringer ein als die Patientinnen selbst. Unsere Befunde zeigen, dass sich Angst und Depressivität bei Patientinnen in stationärer gynäkologischer Behandlung nur teilweise durch situative Effekte erklären lassen und dass der Bedarf an psychosomatischer Betreuung deutlich unterschätzt wird.

Abstract

The aim of this study was to identify symptoms of depression, anxiety and somatization disorder in gynecological and obstetrical inpatients by screening questionnaires and to compare this findings with utilisation of a psychosomatic consultation service. 517 patients were screened with HADS (anxiety and depression) and GBB-24 (somatic complaints). 28.7 % had pathological and, in addition, 19.8 % borderline scores in at least one scale. More than 40 % had pathological or borderline scores even in a 4-week follow-up and emphasised that they would have preferred having psychosomatic support in hospital. In only 2.9 % psychosomatic consultation service was requested. Physicians in the gynecology department rated anxiety depression and the patients' acceptance of psychological factors of their illness significantly lower than the patients themselves. Our results demonstrate that anxiety and depression in gynecological and obstetric patients are not only a momentary phenomenon. Physicians underestimate the need of psychosomatic consultation.

Literatur

1 Sowohl beim HADS als auch beim GBB fanden sich hinsichtlich der Stabilität große Unterschiede zwischen den einzelnen Items. Die Korrelationen lagen zwischen - 0,001 und 0,67. Eine genaue Darstellung geht über das Thema dieses Beitrages hinaus und kann bei den Verfassern angefordert werden.

Dr. med. Volker Köllner

Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik · Universitätsklinikum Carl Gustav Carus

Fetscherstraße 74

01307 Dresden

eMail: koellner@psychosoma.de