RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-2003-45460
Stationäre psychosomatische Rehabilitation für türkische Migranten: Was ist realisierbar, was ist erreichbar?
Inpatient Psychosomatic Rehabilitation for Turkish Migrants: What Can Be Realized, What Are the Effects?Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
16. Dezember 2003 (online)
Zusammenfassung
Mittels einer retrospektiven differenzierten Aktenanalyse wurden 184 türkische Migranten untersucht, die ein stationäres psychosomatisches Heilverfahren absolviert hatten. Bei den Hauptdiagnosen überwiegen chronisch verlaufende somatoforme Störungen und Depressionen. Darüber hinaus finden sich häufig somatische Begleiterkrankungen und Risikofaktoren. Wegen der unzureichenden Vorbehandlungen wurden während der Rehabilitationsmaßnahme zahlreiche medizinische diagnostische Maßnahmen erforderlich, die bei 16 % der Patienten bisher unbekannte, behandlungsbedürftige Körpererkrankungen aufdeckten. Die den türkischen Migranten angebotenen Therapiemaßnahmen unterscheiden sich kaum von der Behandlung deutscher Patienten, jedoch zielt die Psychotherapie mehr auf Entlastung und enthält verstärkt psychoedukative Elemente. Somit konnte - wenn auch mit deutlich erhöhtem Aufwand - ein den Standards der psychosomatischen Rehabilitation entsprechendes Angebot für türkische Migranten realisiert werden. Ein wichtiger Effekt der Maßnahme dürfte in der Erarbeitung eines koordinierten Gesamtbehandlungsplanes liegen. Das in der Studie dokumentierte extrem schlechte sozialmedizinische Ergebnis konnte aufgrund zunehmender Erfahrungen inzwischen erheblich verbessert werden.
Abstract
A sample of 184 Turkish migrants who had been treated in a department for psychosomatic rehabilitation, were included in a study using retrospective analysis of their clinical documents. Somatoform disorders and depressions predominated among the main diagnoses but somatic diseases and risk factors were frequent as well. Because of insufficient outpatient treatment, diagnostic procedures concerning somatic state often became necessary during the rehabilitation measure, uncovering previously unknown somatic diseases in 16% of the patients. The main focus of the psychotherapy offered to the migrants had been slightly more on unburdening from suffering, also it included more psycho-educational elements, but apart from this the quality and quantity of treatment hardly differed from a sample of German patients. Hence, though based on higher efforts and costs, the psychosomatic rehabilitation offered to the Turkish migrants had been implemented according to current standards. An important effect of inpatient rehabilitation seems to have been the working out of an overall therapeutic concept comprising all psychic and somatic problems. The very poor results in social-medical respects found in the study have with increasing experience been considerably improved in the meantime.
Schlüsselwörter
Psychosomatische Rehabilitation - türkische Migranten - Psychotherapie - Therapieeffekte
Key words
Psychosomatic rehabilitation - Turkish migrants - psychotherapy - effects of treatment
Literatur
-
1 Broda M, Bürger W, Dinger-Broda A, Massing H.
Die Berus-Studie. Zur Ergebnisevaluation der Therapie psychosomatischer Störungen bei gewerblichen Arbeitnehmern. Berlin/Bonn; Westkreuz 1996 -
2 Bürger W.
Arbeit, Psychosomatik und medizinische Rehabilitation. Eine Längsschnittuntersuchung. Bern; Huber 1997 -
3 Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) .
Der ärztliche Reha-Entlassungsbericht. Berlin; BfA 1997a -
4 Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) .
Klassifikation therapeutischer Leistungen in der stationären medizinischen Rehabilitation. Berlin; BfA 1997b -
5 Collatz J.
Ethnomedizinische Grundlagen der Beurteilung von Arbeitsmigranten - verschiedene Aspekte der Lebensleistung. In: Collatz J, Koch E, Salman R, Machleidt W (Hrsg) Transkulturelle Begutachtung. Das transkulturelle Psychoforum, Band 1. Berlin; Verlag für Wissenschaft und Bildung 1997: 13-35 -
6 Collatz J.
Strukturelle und inhaltliche Aspekte zum Bedarf an Ausbildung und Forschung als Grundlage für eine bessere gesundheitliche Versorgung von Migranten. In: Die Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen (Hrsg) Gesundheit und Migration. Handlungsbedarf und Handlungsempfehlungen. Expertenworkshop. Juli 1999. Bonn; Dokumentation 1999: 19-21 -
7 Egle U T.
SBAS IV. Strukturierte Biographische Anamnese für Schmerzpatienten. In: Egle UT, Hoffmann SO (Hrsg) Der Schmerzkranke. Stuttgart; Schattauer 1993: 617-659 -
8 Koch E.
Anamneseleitfaden für türkische Patienten am Psychiatrischen Krankenhaus . Marburg; Persönliche Mitteilung 1997 -
9 Koch E.
Zur aktuellen psychiatrischen und psychosozialen Versorgung von Minoritäten in Deutschland - Ergebnisse einer Umfrage. In: Koch E, Schepker R, Taneli S (Hrsg) Psychosoziale Versorgung in der Migrationsgesellschaft. Deutsch-türkische Perspektiven. Freiburg; Lambertus 2000: 55-67 - 10 Rodewig K. Stationäre psychosomatische Rehabilitation von Migranten aus der Türkei: Sind monokulturelle Behandlungseinheiten sinnvoll?. Psychotherapeut. 2000; 350-355
- 11 Schepker R, Toker M, Eberding A. Inanspruchnahmebarrieren in der ambulanten psychosozialen Versorgung von türkischstämmigen Migrantenfamilien aus Sicht der Betroffenen. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie. 1999; 48 664-676
-
12 Schmeling-Kludas C, Boll-Klatt A, Fröschlin R.
Türkischsprachiges stationäres Psychosomatisches Heilverfahren. In: Koch E, Schepker R, Taneli S (Hrsg) Psychosoziale Versorgung in der Migrationsgesellschaft. Deutsch-türkische Perspektiven. Freiburg; Lambertus 2000: 80-92 -
13 Schmeling-Kludas C, Boll-Klatt A, Fröschlin R.
Was lässt türkische Migranten psychosomatisch erkranken? - Rückschlüsse aus eine retrospektiven Aktenanalyse. In: Dettmers C, Albrecht N-J, Weiller C (Hrsg) Gesundheit - Migration - Krankheit. Sozialmedizinische Prob-leme und Aufgaben in der Nervenheilkunde. Bad Honnef; Hippocampus 2002: 195-203 -
14 Schuler-Ocak M.
Kultursensibles Angebot für türkischstämmige Patienten in der Regelversorgungseinrichtung Institutsambulanz des NLKH Hildesheim. In: Koch E, Schepker R, Taneli S (Hrsg) Psychosoziale Versorgung in der Migrationsgesellschaft. Deutsch-türkische Perspektiven. Freiburg; Lambertus 2000: 68-79
Prof. Dr. med. Christoph Schmeling-Kludas
Segeberger Kliniken GmbH
Am Kurpark 1
23795 Bad Segeberg
eMail: info@segebergerkliniken.de