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DOI: 10.1055/s-2003-812419
Nikolaus Konietzko zum 65. Geburtstag
Nikolaus Konietzko on the Occasion of his 65th BirthdayPublication History
Publication Date:
18 December 2003 (online)
Nikolaus Konietzko wurde am 6. Dezember 1938 in Kieferstädtel im Kreis Gleiwitz in Oberschlesien geboren, von wo dann nicht einmal ein Jahr später der Zweite Weltkrieg seinen Ausgang nahm. Als Folge des verlorenen Krieges gehört dieses Gebiet seit 1945 zu Polen, was zu Flucht und Vertreibung auch der Familie Konietzko führte.
Konietzko ist ein Name slawischen Ursprungs, und „Koniec” bedeutet „Ende”. Fährt man heute mit dem Auto durch Polen, so findet man jeweils am Ende einer kurvenreichen Strecke ein Schild mit der Aufschrift „Koniec”. Dies kann symbolisch für den Lebenslauf von Nikolaus Konietzko gelten, bedeutet doch „Koniec” auch den Beginn einer geraden Strecke, auf der rasches Vorankommen möglich wird. Ich möchte daher versuchen, Nikolaus Konietzkos Lebensetappen mit ihrem jeweiligen Ende und dem daraus resultierenden, meist so fruchtbaren Neubeginn darzustellen.
Zur Welt gekommen ist er am Nikolaustag als viertes von sechs Kindern. Der Vater war Landarzt, so wurde Nikolaus Konietzko bereits früh mit der praktischen Medizin konfrontiert und positiv geprägt: Arzt war und ist für ihn der Traumberuf.
Nach dem Krieg wurde der nicht einfache Neuanfang der Familie in Neumarkt in der Oberpfalz gemacht. Hier endete auch 1957 die Schulzeit mit dem Abitur am humanistischen Gymnasium. Anschließend begann Nikolaus Konietzko das Studium der Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und legte dort 1963 erfolgreich sein Staatsexamen ab. Gleichzeitig promovierte er mit dem nicht pneumologischen Thema „Der Einfluß ungesättigter Dicarbonsäuren auf den Fettstoffwechsel der Leber” zum Dr. med. (mit den dabei gewonnenen Erkenntnissen erklärt er seine auch heute noch bestehende Vorliebe für Butter).
Mit dem Ende des Studiums begann eine umtriebige Medizinalassistentenzeit mit sechs verschiedenen Stationen in Herford, Oldenburg, Berlin und Bremen. Diese kurvenreiche Strecke fand ihr Ende mit dem Kennenlernen seiner Frau Traute, die er als Krankenschwester in Oldenburg traf und die ihm eine überaus liebevolle und hilfreiche Lebensgefährtin wurde. Sie war auch der Grund dafür, dass Nikolaus Konietzko zunächst die Weiterbildung in der Chirurgie in Bremen bei dem Thoraxchirurgen Professor Wassner begann, der ihn 1967 dann nach Gießen an die Medizinische Klinik über den damaligen Ordinarius für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie, Professor Voßschulte, vermittelte. Von hier aus absolvierte Nikolaus Konietzko zunächst seine Grundausbildung in der Bundeswehr, die dann später 1978 mit der Ernennung zum Oberstabsarzt der Reserve endete.
Der eigentliche Start seiner pneumologisch-internistischen Karriere fand somit an der Medizinischen Universitätsklinik Gießen bei Professor Thure von Uexkuell statt, der ihn zunächst Ende 1967 für ein Jahr zu Professor Robert Carton als Fellow in das „Department of Pulmonary Diseases” in den Research and Educational Hospitals der University of Illinois in Chicago vermittelte. Hier befasste sich Nikolaus Konietzko tierexperimentell mit der Induktion des Lungenemphysems durch Proteasen, ein Thema, das ihn ja dann auch später wieder in der Klinik faszinierte. Er erlernte dort nicht nur die Technik der starren Bronchoskopie, sondern auch die Lungenfunktionsdiagnostik und den amerikanischen Stil der Medizin. Zusammen mit Bob Carton als Ko-Autor veröffentlichte er die später vielzitierte Arbeit „Causes of death in patients with bronchiectasis”, die in der damals und auch heute international führenden Zeitschrift der American Thoracic Society veröffentlicht wurde. Ich hatte das Glück, dort über ein halbes Jahr mit ihm zusammenzuarbeiten, woraus eine andauernde, bewährte Freundschaft entstand.
Nikolaus Konietzko hat dann mit dem vielen neuen Wissen, welches er in Chicago erworben hatte, an der eben gegründeten Universität in Ulm begonnen, wohin inzwischen Professor von Uexkuell berufen worden war. Äußerst vorteilhaft war, dass dort in die gerade neu geschaffene Sektion Pulmologie Heinrich Matthys aus Basel berufen war. Dies war sehr befruchtend, nicht nur für die eigene wissenschaftliche Karriere, sondern auch für die deutsche Pneumologie insgesamt - kommen doch aus dieser Schule die meisten Habilitierten der deutschen Pneumologie. Nikolaus Konietzko habilitierte sich in Ulm mit dem Thema „Lungenfunktionsprüfung mit Radionukleiden”, wobei für dieses Thema ausschlaggebend waren die bei Ruy Lourenco in Chicago gesammelten Erfahrungen mit der Anwendung von Radio-Isotopen zur Bestimmung der mukoziliaren Clearance und das Zusammentreffen in Ulm mit dem interessierten und kompetenten Nuklearmediziner Professor Adam. Die Habilitation leitete dann auch Nikolaus Konietzkos Serie als 18-facher Herausgeber von Büchern zu den verschiedensten pneumologischen Themen (Funktionsdiagnostik, AIDS und Lunge, Lungenemphysem, interstitielle Lungenerkrankungen, Cor pulmonale, Schlafapnoe, Bronchitis, Pharmakotherapie bronchopulmonaler Erkrankungen und Tuberkulose) ein.
Dieses weite Spektrum der wissenschaftlichen und klinischen Interessen machte Professor Werner Maaßen, den damaligen Direktor der Ruhrlandklinik, schon früh auf Nikolaus Konietzko aufmerksam. Werner Maaßen hatte die Notwendigkeit erkannt, die Pneumologie in der Ruhrlandklinik zu etablieren, und holte mit einem klugen Schachzug Nikolaus Konietzko als Leiter der neu geschaffenen Abteilung für „Innere Medizin und Funktionsdiagnostik” zu sich nach Essen-Heidhausen, was den Beginn einer fruchtbaren Zusammenarbeit für die Fortentwicklung der Ruhrlandklinik und für die deutsche Pneumologie sein sollte.
Alle damals noch jungen Pneumologen hatten zusammen mit einigen älteren, wozu Werner Maaßen zählte, erkannt, dass die deutsche Pneumologie frischen Wind brauchte. Nikolaus Konietzko gehörte zu den Anführern. Unvergesslich, wie er auf dem Berliner Kongress 1980 in die heiße Debatte eingriff, ob die altehrwürdige Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Tuberkulose, die ja aus der Deutschen Gesellschaft für Tuberkulose entstanden war, endgültig die Tuberkulose aus ihrem Titel streichen sollte - wie sich das international in den westlichen Ländern bereits seit langem durchgesetzt hatte. Er bereicherte die Diskussion um das Argument, dass der Name dann ja eigentlich: „Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und gegen Tuberkulose” lauten müsse, womit er die endgültige Entscheidung für den heutigen Namen der Gesellschaft für viele erleichterte.
Nikolaus Konietzko regte auch schon früh die Bildung von Arbeitsgruppen an, die eine Reihe von Empfehlungen für die Deutsche Gesellschaft ausgearbeitet haben, das Profil der Pneumologie innerhalb der Inneren Medizin schärften und heute mit der Entwicklung zahlreicher Leitlinien für die wichtigsten pneumologischen Krankheiten fortgesetzt werden. 1990 stieß er auch den Plan für einen Neubeginn in der deutschen Pneumologie an und konnte aufgrund seines diplomatischen Geschicks hierfür viele Mitstreiter gewinnen, die sich im so genannten „Celler Kreis” regelmäßig trafen und versuchten, die vorhandenen Kräfte in der deutschen Pneumologie zu bündeln - was 1993 erfolgreich umgesetzt werden konnte. Er selbst übernahm erst 1995 das Amt des Präsidenten der DGP, da er noch eine Aufgabe bei den Rotariern zu beenden hatte. Mit einer auf dem Kongress in Berlin 1994 neu strukturierten Deutschen Gesellschaft für Pneumologie übernahm er 1995 erfolgreich die weitere Regie. Er war der letzte Präsident der DGP, der gleichzeitig Tagungspräsident war. An der Gründung der Deutschen Lungenstiftung war er ebenso maßgeblich beteiligt wie zusammen mit Helmut Fabel an der Herausgabe des „Weißbuch Lunge 1996”, welches der Öffentlichkeit, den Universitäten und den Politikern die Defizite der deutschen Pneumologie im Vergleich zum westlichen Ausland aufzeigte, gleichzeitig aber auf Lösungsmöglichkeiten hinwies.
Er erkannte aber auch die Notwendigkeit, dass die deutsche Pneumologie, um mehr an Gewicht zu gewinnen, international aktiver werden musste. Bereits in den 80er-Jahren war er Mitglied des wissenschaftlichen Komitees der SEP, der Societas Europaeae Pneumologica, einer der beiden Vorläuferinnen der European Respiratory Society (ERS). Anfang der 90er-Jahre wurde er Mitglied der European School of Respiratory Medicine in der ERS und führte die Umfrage zur universitären Repräsentanz der Pneumologie in den einzelnen europäischen Ländern durch, die das traurige Fazit erbrachte, dass sich die deutsche Pneumologie hier an vorletzter Stelle befand (woran sich trotz vielversprechender Ansätze bis heute wenig geändert hat).
Im Jahr 2001 veranstaltete er erfolgreich als Chairman den Kongress der European Respiratory Society in Berlin, der inzwischen einer der größten medizinischen Kongresse in Europa geworden war. Sowohl seine Herkunft aus dem heutigen Polen als auch seine Zeit in den USA. haben bewirkt, dass er sich stark für den Ausbau der Beziehungen sowohl mit unseren osteuropäischen Nachbarstaaten als auch mit den westlichen Ländern engagiert hat. Nicht zufällig hat er zusammen mit B. Wiesner und H. Wendel das erste gemeinsame „ost- und westdeutsche” Lehrbuch der Pneumologie („Erkrankungen der Lunge”, 1995) herausgegeben.
Seine berufliche Karriere setzte er als Nachfolger von Werner Maaßen als Ärztlicher Direktor der Ruhrlandklinik fort. Dort wurde er 1990 auch zum Universitätsprofessor der Abteilung Pneumologie-Universitätsklinik Essen und damit Pionier der Einbindung großer Lungenkliniken in die deutsche Universitätsmedizin. Rechtzeitig sorgte er für seine Nachfolge als Ärztlicher Direktor der Ruhrlandklinik (Professor G. Stamatis in Rotation mit Professor H. Teschler) und als universitärer Abteilungsleiter (Prof. Dr. H. Teschler).
Nikolaus Konietzko hat in seinem privaten und beruflichen Leben viele Umbrüche mitgemacht. Er hat die heutige deutsche Pneumologie wesentlich mitgestaltet, und es ist ihm zu wünschen, dass er die weitere Entwicklung positiv erleben wird. Er selbst wird als Vorsitzender der neu gegründeten „Akademie für pneumologische Fort- und Weiterbildung (APFW)” noch weiterhin seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Verfügung stellen. Ich bin sicher, dass all seine positiven Eigenschaften, wie aber auch seine Familie mit drei Kindern und inzwischen (fast) vier Enkelkindern, es ihm leicht machen werden, den nächsten Lebensabschnitt zu gestalten. Er selbst zitiert gerne Hermann Hesse: „ . . . jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns schützt und der uns hilft zu leben.”
Die deutsche und die internationale Pneumologie danken Nikolaus Konietzko für seine Leistungen und wünschen ihm für die Zukunft Freude, Glück und Schaffenskraft. Ich persönlich darf mich für eine lebenslange Freundschaft, auch unserer Familien, bedanken.
Prof. Dr. med. Robert Loddenkemper
Prof. Dr. med. Robert Loddenkemper
Lungenklinik Heckeshorn · Abt. Pneumologie II
Zum Heckeshorn 33
14109 Berlin